Den großen Formel-1-Teams steht in den nächsten Monaten eine radikale Abspeckungskur bevor. Mit dem Beginn des Jahres 2021 tritt das neu geschaffene Finanzielle Reglement in Kraft, welches eine Kostenobergrenze beinhaltet. Die Tage der schier unbeschränkten Ausgabenexzesse sind vorbei.

Ursprünglich noch mit 175 Millionen US-Dollar verabschiedet, setzte die FIA mit Zustimmung der Teams in der Coronavirus-Krise die Grenze noch einmal deutlich nach unten. 145 Millionen US-Dollar sind es jetzt, bis 2023 werden es 135. In Wahrheit für die 300-Millionen-Monster an der Spitze ein brutaler Schnitt. Ferrari, das weit mehr als nur halbieren muss, setzte deshalb einen kleinen Aufschub durch.

Immerhin gilt es bei Ferrari, Mercedes und Red Bull radikal zu kürzen. Letztere veröffentlichten erst vor kurzem ihre Zahlen für 2019. Mercedes führte 432 Millionen US-Dollar an Kosten an, Red Bull 307 Millionen. Ferrari bewegt sich im Mercedes-Bereich. Der Absturz auf 145 wird ihnen schmerzen und massive Einschnitte nach sich ziehen, inklusive Kündigungen.

Formel-1-Kostengrenze: 6 Millionen Aufschub für 2021

Die Ausnahmenliste in den Finanziellen Regeln war daher schon in der Urfassung lang. Die Kostenobergrenze ist nämlich kein fixer Wert, beispielsweise werden Fahrergehälter nicht inkludiert. Mit der krisenbedingten Verschärfung auf 145 Millionen wuchs die Ausnahmenliste auf 20 Unterpunkte an.

Hervor sticht ausgerechnet der letzte, Unterpunkt (y). Ein Team hat sechs Millionen US-Dollar an Gehaltskosten frei. Mit Bedingung natürlich: Die Angestellten, um deren Gehälter es hierbei geht, dürfen längstens bis zum 30. Juni 2021 im F1-Team beschäftigt sein. Danach müssen sie zu "Neu zugeordneten Angestellten" werden. Heißt Kündigung, oder Wechsel in einen Unternehmensteil, der mit der Formel 1 nichts zu schaffen hat.

Übergangsregel als Zugeständnis für Ferrari

Für die großen Teams mit ihren großen Belegschaften durchaus ein Vorteil. Erst recht, da in diesem Zeitraum die Entwicklung des neuen 2022er-Autos in die heiße Phase geht. Treibende Kraft hinter dieser Ausnahme ist Ferrari. Red Bull und Mercedes kann es noch betreffen - die meisten anderen Teams müssen im Gegenzug kaum personelle Kürzungen vornehmen, können aus dieser Regelung also keinen Vorteil ziehen.

Ferrari will aber nicht die möglichen personellen Vorteile in den Fokus rücken. "Wir waren sehr deutlich, was die Tatsache angeht, dass die neue Zahl, die neue Kostengrenze, eine starke Reduktion bei Team-Organisation und Mitgliedern bedeutet", sagt Teamchef Mattia Binotto. Diese Kündigungen beschäftigen das Management in Maranello seit dem Frühjahr. Teils wegen arbeitsrechtlicher Fragen in Italien, teils wegen sozialem Verantwortungsgefühl.

"Und wir dachten, dass es eine falsche Aktion den Leuten gegenüber wäre", sagt Binotto. "Dass in diesem Zeitraum - Pandemie, COVID - die Leute ihren Job verlieren, wäre falsch. Also haben wir einfach um eine sanfte Landung gebeten - wir haben das erbeten und erhalten. Ein Soft-Landing-Mechanismus, durch den wir als Unternehmen Zeit haben, um die Leute auf andere Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens umzuschichten."

"Ehrlich gesagt haben wir ein bisschen mehr erbeten, aber das war der Kompromiss", sagt Binotto. In den letzten Monaten hatte er gelegentlich vage Andeutungen gemacht, Ferrari für ein Indycar- oder WEC-Programm ins Spiel zu bringen und das F1-Know-How dort zu nutzen. Konkrete Pläne gibt es hierzu aber gegenwärtig keine.

Rest der Formel 1 von "Soft Landing" unbeeindruckt

Mercedes und Red Bull müssen personell ebenfalls kürzen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner sieht diese Ausnahme aber eher als Ferrari-Frage: "Wir haben natürlich [den Aston Martin] Valkyrie in den letzten vier Jahren designt, und wir schauen uns nach anderen Optionen um, wo wir das Können und Talent, das wir in der Formel 1 erworben haben, anbringen können."

Für das Verfolgerfeld spielt das alles keine Rolle. "Ich kann ganz klar sagen, dass wir diese sechs Millionen nicht brauchen werden", sagt Renault-Teamchef Cyril Abiteboul. "Auf der einfachen Basis, dass wir unter der Kostengrenze operieren. Wir haben keine Leute im Überfluss."

"Natürlich ist es ein kleiner Vorteil für die Top-Teams, weil sie die Leute länger halten können", meint AlphaTauri-Teamchef Franz Tost. "Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Top drei in den letzten Jahren eine fantastische Infrastruktur aufgebaut haben, und jetzt müssen sie wegen der Kostengrenze viele Prozesse dort ändern. Daher denke ich, dass es ein fairer Kompromiss ist."