1. - S wie Startaufstellung

Die erste Startreihe für den ersten Grand Prix der Toskana (Start in Mugello heute um 15:10 Uhr, live im TV auf RTL und Sky) zeigt ein altbekanntes Bild. Valtteri Bottas scheiterte einmal mehr haarscharf an Lewis Hamilton. Sechs Hundertstelsekunden trennten ihn diesmal von der Pole Position. Dahinter darf sich Max Verstappen zur Abwechslung über Rückendeckung von Red-Bull-Teamkollege Alexander Albon freuen. Hinter dem Formationsflug von Mercedes und Red Bull beginnt die Spannung im Grid.

Charles Leclerc qualifizierte seinen Ferrari inmitten der sportlichen Krise sensationell als Fünfter. Die Rennpace des SF1000 war in den Longruns nicht beeindruckend, doch im Zeittraining reichte es mit der richtigen Balance und etwas Glück zum Platz in der dritten Startreihe. Diese teilt sich Leclerc mit Lance Stroll, der aufgrund der Strafe für Racing-Point-Teamkollege Sergio Perez mit diesem die Plätze getauscht hat.

Auf Racing Point folgen Renault und McLaren in abwechselnder Reihenfolge. Daniel Ricciardo, Carlos Sainz, Esteban Ocon und Lando Norris belegen die Startplätze acht bis elf. Außerhalb der Top-10 ist mit Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in Reihe sieben ebenfalls für Action gesorgt. Monza-Sieger Pierre Gasly startet als 16. sogar noch weiter hinten und sollte für eine Aufholjagd im Auge behalten werden.

2. - S wie Start

Der Start in Mugello ist einmal mehr eine Einladung zur Windschattenschlacht. Von der Pole Position bis zur ersten Kurve müssen die Fahrer rund einen halben Kilometer der insgesamt 1.141 Meter langen Start- und Zielgerade zurücklegen. Die erste Kurve lädt zudem für späte Manöver ein, denn am Eingang ist ordentlich Platz. Zum Scheitelpunkt hin wird es jedoch enger, was das Kollisionspotential erhöht.

Hat sich das Feld einmal durch das Nadelöhr gefädelt, sieht es mit Positionsveränderungen allerdings mau aus. Der eine oder andere Rad-an-Rad-Kampf könnte sich noch durch die Kurven zwei und drei fortsetzen, danach dürften sich die 20 Piloten allerdings sortiert haben. Spätestens nach Kurve vier bietet das Layout den schnellen F1-Boliden keine Möglichkeit für Duelle mehr.

An der Spitze dürfte es eine klare Angelegenheit werden. Die Top-10 starten allesamt auf dem Soft-Reifen. Traktionsvorteile müssen sich die Fahrer also selbst verschaffen. Sofern Bottas den Start nicht wie in Budapest, Barcelona und Monza in den Sand setzt, dürfte die Mercedes-Doppelführung nicht in Gefahr sein. Dahinter ist das Red-Bull-Duo gut beraten, sich nicht ins Gehege zu kommen.

Das Hauen und Stechen beginnt ab der fünften Position, denn die Konkurrenz von Racing Point, Renault und McLaren wird möglichst schnell am Ferrari von Leclerc vorbeikommen wollen. Norris ist von P11 aus der erste Pilot, der seine Reifenmischung für den Start frei wählen darf. Ab dem Briten könnte es bei unterschiedlichen Strategien durchaus Verschiebungen geben.

Max Verstappen ist in Mugello einmal mehr der erste Mercedes-Verfolger, Foto: LAT Images
Max Verstappen ist in Mugello einmal mehr der erste Mercedes-Verfolger, Foto: LAT Images

3. - S wie Strategie

In Mugello wandelt die Formel 1 auf unbekanntem Terrain. Ohne Erfahrungswerte aus der Vergangenheit könnte es unterschiedliche strategische Ansätze geben. Dass unter den Teams nicht unbedingt Einigkeit herrscht, zeigte sich schon am Freitag. Hamilton war hinsichtlich einer Einstopp-Strategie optimistisch, Albon hingegen prophezeite schon mehrere Boxenstopps. Aufgrund der hohen Belastungen in den Highspeed-Kurven von Mugello warnt Pirelli davor, es auf eine Einstopp-Strategie anzulegen.

Im schlimmsten Fall könnte diese aggressive Taktik ein Reifensterben wie im ersten Silverstone-Rennen 2020 zur Folge haben. Die Verlockung zum Einstopper ist in Mugello allerdings groß, denn Überholen ist auf der Achterbahn wohl ausschließlich vor Turn 1 möglich. Die Reifendeltas versprechen außerdem keine allzu großen Unterschiede. Zwischen Soft und Medium liegen neun Zehntel, zwischen Medium und Hard sieben Zehntel.

Pirelli empfiehlt für die schnellste Strategie zwei Boxenstopps. Zwei Stints über 19 Runden auf dem Soft-Compound und einer über 21 Runden auf der Medium-Mischung sind laut den Berechnungen der Italiener die beste Wahl. Alternativ aber etwas langsamer wären ein Stint von 16 Runden auf Soft, gefolgt von zwei Stints auf Medium zu 21 beziehungsweise 22 Runden.

Darüber hinaus hat der Reifenhersteller zwei Einstopp-Strategien im Angebot. Die erste ist auf die Top-10 zugeschnitten, die nach einem Stint über 22 Runden auf dem Soft-Reifen für den Rest der Renndistanz von 59 Runden auf Hard setzen kann. Für die Piloten außerhalb der Top-10 kommt ein erster Stint über 26 Runden auf Medium, gefolgt von 33 Runden auf Hard in Frage.

4. - S wie Sommerwetter

Bella Italia ist auch am Sonntag in der Toskana Programm. Der italienische Spätsommer bereitet der Formel 1 schon das gesamte Wochenende über einen sonnigen Empfang in Mugello. Für den Renntag sind Höchsttemperaturen von bis zu 30 Grad Celsius vorhergesagt. Eine Regenwahrscheinlichkeit besteht nicht. Stattdessen gibt es wolkenlosen Himmel und pralle Sonne.

Die Asphalttemperaturen dürften die 40-Grad-Marke locker überschreiten. Für die Reifen und die Piloten wird es in jedem Fall eines der anstrengendsten Rennen der Saison. Das ultraschnelle Layout mit Fliehkräften von bis zu 5 g fordert das schwarze Gold sowie die Nackenmuskulatur und die Konzentration der Fahrer gleichermaßen.

5. - S wie Safety Car

Im Hauptrennen der Formel 2 gab es am Samstagnachmittag gleich zwei Safety-Car-Phasen, die den Rennausgang entschieden. Ein Fehltritt wird auf dem nach wie vor mit üppigen Kiesbetten ausgestatteten Autodromo Internazionale del Mugello hart bestraft. Wer es übertreibt, muss nicht einmal in der Wand landen, um Bernd Mayländer auf den Plan zu rufen. Ein im Kiesbett steckengebliebenes Auto reicht aus, um das Rennen zu neutralisieren.

Der langjährige Safety-Car-Fahrer der Formel 1 wird das Feld im Falle dessen übrigens nicht mit einem traditionell in Silber gehaltenen Mercedes-AMG GT R anführen. Zu Ehren des 1000. GP von Ferrari wurde das Führungsfahrzeug rot lackiert.

Fehler werden in Mugello hart bestraft, Foto: LAT Images
Fehler werden in Mugello hart bestraft, Foto: LAT Images

6. - S wie Strecke

In der MotoGP schon seit 1976 im Programm, taucht das Autodromo Internazionale del Mugello erst 46 Jahre nach seiner Eröffnung am 23. Juni 1974 erstmals im Kalender der Formel 1 auf. Die 5,245 km lange Traditionsrennstrecke liegt etwa 30 km nördlich von Florenz. Das Layout umfasst in seiner nie veränderten Urform insgesamt 15 Kurven, darunter sechs Links- und neun Rechtskurven. Die schnellsten Passagen sind die Arrabiata-Kurven acht und neun, die mit rund 280 km/h durchfahren werden.

Der 2004 bei Formel-1-Testfahrten aufgestellte Streckenrekord wurde schon in den Trainings am Freitag mühelos unterboten. Dieser lag ursprünglich bei einer Rundenzeit von 1:18.704 Minuten, aufgestellt durch Rubens Barrichello im Ferrari F2004. Lewis Hamiltons Pole-Zeit war mit 1:15.144 Minuten deutlich schneller.

Der Vollgasanteil in Mugello beträgt etwa 66 Prozent der Rundenzeit beziehungsweise 72 Prozent der Distanz. Pro Runde werden 40 Gangwechsel vollzogen. Der härteste Anbremspunkt ist vor Turn 1, wo mit über 4 g verzögert wird. Die einzige DRS-Zone befindet sich auf der Start- und Zielgeraden.

7. - S wie Sieger

In Monza sagte eine fehlerhafte Einblendung der Formel 1 nach dem Qualifying bereits den 90. Sieg von Lewis Hamilton voraus. Wer hätte schon damit rechnen können, dass ausgerechnet dann der eine Sonntag im Jahr folgt, an dem Mercedes oder Hamilton (oder beide) einen Fehler machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Weltmeister-Team zwei Böcke hintereinander schießt, ist relativ gering.

Bei normalem Rennverlauf ist es wahrscheinlich, dass Hamilton und Bottas vorne wegfahren. Ein durch unvorhersehbare Ereignisse entstandener Positionsverlust wäre in Mugello allerdings noch schmerzhafter als vor einer Woche. In Monza hatten beide Mercedes-Piloten Probleme, sich den Weg zurück durchs Feld zu bahnen. Ist die Führung in Mugello einmal weg, dürften selbst deutlich langsamere Autos große Schwierigkeiten bereiten.

Mit Red Bull in Topform hätte Verstappen diesmal auf jeden Fall bessere Karten, von einem derartigen Rennverlauf zu profitieren. Doch wer weiß, vielleicht führt nach einem kuriosen Safety-Car auch plötzlich ein Kimi Räikkönen oder Sebastian Vettel. Das würde zumindest den Reverse-Grid-Traum von Liberty Media wahr machen. Nach Monza kann man nichts mehr ausschließen.