Etwas ganz Besonderes ist jeder erste Sieg eines Fahrers in der Formel 1. Im Fall Pierre Gaslys war die Premiere auf dem obersten Treppchen des Podests am vergangenen Wochenende in Monza noch mehr als speziell.

Sein Debütsieg war der erste Erfolg eines Franzosen seit 24 Jahren, der zweite überhaupt für AlphaTauri, ausgerechnet am selben Ort wie Sieg Nummer eins vor zwölf Jahren, noch als Toro Rosso und - allem voran - die abschließende Wiedergutmachung nach einer langen harten Zeit für Gasly. So drückte sich der Franzose jedenfalls selbst aus.

Gasly: Red-Bull-Aus 2019 war nicht fair

Damit zielte Gasly vor allem auf zwei Dinge. Einerseits den Tod seines langjährigen Weggefährten Anthoine Hubert im August vergangenen Jahres, andererseits sein unrühmliches Ausscheiden bei Red Bull. Mitte vergangenen Jahres ersetzte die Teamführung den Franzosen wegen mangelnder Performance durch Alex Albon, schickte Gasly zurück zu Toro Rosso.

Die negative Energie seiner Degradierung habe er nun bei AlphaTauri in etwas Positives verwandelt. „Tief in meinem Innern wusste ich, dass es mich verletzt hat, was geschehen ist. Ich habe es nicht als fair empfunden und das wollte ich deutlich machen“, erinnerte sich Gasly am Sonntag nach seinem Sieg.

Lewis Hamilton stichelt gegen Red Bull

Unterstützung erhielt der frischgebackene Rennsieger von Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton. „Ich denke nicht, dass er von Red Bull unbedingt so fair behandelt wurde als sie ihn beförderten und das ist für einen Fahrer nicht leicht“, kritisierte der Brite das Team.

„Es ist nicht leicht, dann in einem nicht so schnellen Team das Selbstvertrauen zurückzugewinnen und so großartige Leistungen abzuliefern wie dieses Jahr. Ich bin wirklich beeindruckt. Er hat einen fantastischen Job gemacht und verdient diesen Erfolg. Hoffentlich gibt ihm das eine Chance, die ihn weiterbringt“, lobte Hamilton - und stichelte gegen die Bullen: „Jenes Team zu schlagen, das ihn abgesägt hat, muss sie schmerzen.“

Hamilton forderte indirekt neuen Fahrerwechsel bei RBR

Erst wenige Tage zuvor, schon in Monza, hatte Hamilton selbst noch einen neuerlichen Fahrerwechsel bei Red Bull ins Spiel gebracht. „Red Bull hat ein sehr, sehr starkes Auto, und Max macht einen tollen Job. Leider haben sie nicht zwei Fahrer wie mich und Valtteri, das macht es für sie schwieriger“, sagte Hamilton vor dem Italien GP mit Blick auf den in den vergangenen Wochen von vielen Seiten kritisierten Alex Albon.

Das Red-Bull-Lager reagierte inzwischen auf diese Aussage. „Er [Hamilton] hat unseren Teamchef Christian Horner im Flieger angesprochen und empfohlen, Albon statt Pierre Gasly ins Auto zu setzen. Das war noch bevor der Tausch nach der Sommerpause [2019] von uns durchgezogen wurde“, konterte nun Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko bei Sport1 knallhart. Diese These lässt die Aussagen Hamiltons von vergangenem Sonntag in einem völlig anderen Licht erscheinen.

Dr. Helmut Marko feuert gegen Hamilton zurück

Für den jetzigen Sinneswandel Hamilton - einen neuerlichen Fahrertausch bei Red Bull - interessiert sich Marko nicht. „Der, den er vergangenen Sommer loswerden wollte, hat jetzt mit unserem Alpha Tauri-Team den Großen Preis von Italien gewonnen. So viel zu seiner Fachkenntnis. Ich habe null Ahnung, warum sich Hamilton immer wieder gemüßigt fühlt, sich einzumischen“, polterte der Grazer.

Wie realistisch wäre eine weitere Rochade bei den Bullen? Für Gasly auf jeden Fall realistisch. „Ich denke, dass ich bereit bin, aber es diese Entscheidung ist nicht die meine“, sagte der 55-malige GP-Starter am Sonntag. Eine Belohnung für seine generell starke Leistung seit des Comebacks bei AlphaTauri erwartet Gasly von Red Bull jedenfalls.

Gasly: Bin bereit für Red-Bull-Comeback

„Die einzige Sache, die ich getan habe, seit sie mich zurück zu Toro Rosso gesteckt haben, war, mich einfach auf mich selbst zu konzentrieren und zu zeigen, was ich kann. Wenn ich die richtigen Werkzeuge in die Hände bekomme, bin ich echt happy mit der Performance, die wir gezeigt haben. Ich denke, die starken Resultate sollte mit irgendetwas anerkannt werden, aber schauen wir einfach, was passiert. Ich will gerade nicht so sehr daran denken und einfach diesen Moment genießen. Es ist mein erster F1-Sieg. Später werde ich noch Zeit haben, darüber nachzudenken“, sagte Gasly.

Die Frage, ob eine zweite Chance bei Red Bull nahen kann, stellte sich in Monza dennoch - auch AlphaTauri-Teamchef Franz Tost sah sich damit konfrontiert. „Wenn wir ihn verlieren, würde das bedeutet, dass das Team einen guten Job gemacht hat, denn sonst würden sie ihn nicht nehmen“, sagte Tost Sky Sports F1. „Gegenwärtig bin ich aber ziemlich optimistisch, dass er bei uns bleiben wird.“

Gasly soll in Komfortzone AlphaTauri bleiben

Tatsache ist: Bei Red Bull funktionierte Gasly an der Seite des übermächtigen Verstappen, ähnlich wie gegenwärtig Albon, nicht. Bei AlphaTauri hingegen funktioniert der Fahrer Pierre Gasly, vor wie nach seiner halben Saison bei Red Bull, perfekt. „Er ist sehr motiviert“, lobte Tost. „Er war das schon vergangenes Jahr, als er von Red Bull zurückkam.“

Wegen dieses Zusammenhangs sieht Red Bull keinen schnellen Wechsel. "Das sind nicht unsere Pläne“, sagt Marko. „Wir wollen AlphaTauri in Zukunft noch stärker machen und dazu gehört auch, dass sie mit Gasly einen starken Teamleader brauchen." Noch dazu, so Marko bei Sport1, sei die Kritik an Albon überzogen: „Gegen Max fällt jeder ab. Aber die Kritik an Albon ist nicht ganz fair. Er hatte viel Pech in diesem Jahr und auch wir machten strategische Fehler, die seine Leistungen beeinträchtigt haben."