Für Valtteri Bottas hätte der chaotische Italien-GP die große Chance geboten, in der Formel-1-WM 2020 endlich wieder Boden gut zu machen. Erst recht, als sein von der Pole gestarteter Mercedes-Kollege Lewis Hamilton von einer Strafe ans Ende des Feldes zurückgeworfen wurde.

Bottas konnte aber ganz und gar nicht daraus Kapital schlagen. Sein Rennen geriet schon beim Start aus den Fugen, und wurde danach gewissermaßen zum Desaster: Bis zum Ende steckte Bottas im Mittelfeld fest und sah nur die Heckflügel von Daniel Ricciardo und Lando Norris. Ein enttäuschender fünfter Platz sprang heraus, während Hamilton sich sogar noch auf Platz sieben zurückkämpfte.

Bottas-Rennen fällt am Monza-Start auseinander

Bottas' Probleme begannen in Monza wieder beim Start, wo er von seinem zweiten Platz gleich mehrere Fahrer ziehen lassen musste. Erneut verschätzte er sich bei der Startampel - ein Fehler, der in Ungarn ihn schon fast in einen Fehlstart trieb. Er beklagt erneut ein Problem mit seinem Start-Protokoll, das sich geändert habe: "Dann war ich für den eigentlichen Start ein bisschen spät. Der Start, nachdem ich die Kupplung loslasse, passt, da mache ich Fortschritte. Nur bei der Konstanz mit den Startlichtern gibt es Arbeit."

Vor der Variante Della Roggia drückte sich Lando Norris an Bottas vorbei, Foto: LAT Images
Vor der Variante Della Roggia drückte sich Lando Norris an Bottas vorbei, Foto: LAT Images

Der McLaren von Carlos Sainz verdrängte Bottas sofort auf Platz zwei. Lando Norris drückte sich in der Variante Della Roggia vorbei, mit Rad-an-Rad-Berührung. Dann ging es Schlag auf Schlag, Sergio Perez und Daniel Ricciardo zogen vor der Variante Ascari auch noch vorbei.

"In Kurve sechs hatte ich außen Untersteuern, dann in Kurve sieben ziemlich massives Untersteuern, wie bei einem Reifenschaden", berichtet Bottas. "Aus Kurve sieben heraus begann das Auto ein bisschen nach rechts zu ziehen, fühlte sich nicht richtig an. In Kurve acht war ich von einem Reifenschaden überzeugt, dann hat es sich erholt und war okay. Keine Ahnung, ob ich etwas auf dem Reifen hatte oder so nach dem Kontakt, aber es fühlte sich richtig komisch an."

Bottas-Desaster: Auto überhitzt & untersteuert

Gut verhielt sich Bottas' W11 danach aber nicht. In Rechtskurven wollte der Mercedes nicht so wirklich einlenken, berichtet der Finne: "Ich konnte einfach den Autos nicht folgen, und es gibt hier fast nur Rechtskurven." Sobald er auf sieben Zehntel an die Gegner vor ihm herankam, begann das Auto zu rutschen.

Die Probleme multiplizierten sich bald. Im Verkehr begann Bottas' W11 zu überhitzen. Er musste immer wieder ausscheren, um zu kühlen. Das erhitzte Bottas' Gemüt. Er funkte frustriert an die Box, dass er mit diesem Motormodus keine Rennen fahren könne. "Valtteri war frustriert, weil wir mit der Kühlung zu hart an der Grenze waren", sagt Teamchef Toto Wolff. "Es war keine Kritik an der Power Unit. Eher, dass wir das Auto weiter öffnen hätten sollen, um ihm die Chance zu geben, ohne Lift-and-Coast zu fahren und ohne eine Lücke zum Vordermann auffahren zu müssen."

Das Problem-Paket machte sämtliche Chancen von Bottas zunichte, sich zurück an die Spitze zu kämpfen. 22 Runden steckte er hinter Daniel Ricciardos Renault, danach hinter Lando Norris' McLaren. Und immer das gleiche Spiel: Kaum kam er ins DRS-Fenster, war Schluss. Untersteuern und Temperatur-Probleme machten es ihm unmöglich bis in Schlagdistanz zu kommen.

Bottas trauert Monza-Chance nach

Toto Wolff folgert daher: "Ich bin überzeugt, dass da was gewesen sein muss. Ein Fahrer würde nicht sofort nach dem Start von einem Reifenschaden sprechen, wenn nicht etwas wäre." Als Bottas nach den ersten Debriefings mit den Medien spricht, kann er jedoch nur mit den Schultern zucken: "Nichts Offensichtliches vom Auto, das wir jetzt sehen können." Weitere Untersuchungen sollen folgen.

Dass er auf dem Papier gegenüber Lewis Hamilton Punkte gutmachte und in der WM den zweiten Rang übernahm, freut nicht besonders - denn es handelt sich um magere drei Punkte, die er dem WM-Leader Hamilton abnahm. An einem Tag, bei dem der ein noch viel größeres Desaster erlebte.

"Als Team haben wir auf jeden Fall eine Chance verpasst", meint Bottas. "Wir sind auf eins und zwei losgefahren und hätten auf eins und zwei ankommen sollen, aber es war ein verrücktes Rennen. Ich hatte Pech, manche Leute haben vor der roten Flagge gestoppt, andere hatten mehr Pech als ich." In der Rennunterbrechung schob sich Pierre Gasly mit Glück etwa an Bottas vorbei.

"Es hätte schlimmer kommen können", bilanziert Bottas. "Wäre ich der WM-Führende vor diesem Rennen gewesen, wäre ich zufrieden. Aber ich bin der Verfolger, ich muss größere Gewinne machen, um meine Titelhoffnungen zu halten. Ich denke, wir haben eine Chance verpasst."