Alfa Romeo hat ausgerechnet beim Heimrennen in Italien eine Großchance auf Big Points für das noch magere Punktekonto im WM-Stand der Formel 1 2020: Nach einer Rennunterbrechung durch einen Unfall von Ferrari-Pilot Charles Leclerc zur Mitte des Rennens in Monza, kommt Kimi Räikkönen beim zweiten stehenden Start des Tages gut weg, liegt sechs Runden lang sogar auf Podestkurs, nur hinter dem späteren Rennsieger Pierre Gasly im AlphaTauri. Teamkollege Antonio Giovinazzi liegt zunächst unmittelbar dahinter. Dann kommt alles anders.

Plötzlich wird Räikkönen Rang um Rang durchgereicht, im Endergebnis reicht es lediglich zum 13. Rang. Giovinazzi wird nach einer Stop&Go-Strafe von zehn Sekunden Sechzehnter. "Es war ein sehr enttäuschendes Ergebnis, aber wir konnten nicht wirklich etwas unternehmen“, hadert Räikkönen. Warum nicht? Wie konnte es dazu kommen?

Kimi Räikkönen auf Soft durchgereicht

Die Erklärung ist genauso einfach wie bitter. „Wir hatten bei der roten Flagge nur noch Soft-Reifen, nachdem wir beim Start die Mediums hatten. Das hat uns dann in eine sehr schwierige Lage manövriert“, berichtet der Finne. „Die Softs waren gut, um nach dem Restart zu kämpfen und zu verteidigen. Aber nur auf den ersten Runden. Als sie dann eingegangen sind, waren wir ausgeliefert.

Alfa Romeo hätte Räikkönen allerdings durchaus auch auf den harten Reifen weiterfahren lassen können. Auf die hatte das Team bereits vor dem Safety Car ab Runde 20 umgesteckt, nur sechs Runden alt waren die Hards bei Räikkönen und Giovinazzi zum Zeitpunkt der Unterbrechung.

Alfa Romeo zündet Soft-Strohfeuer

Das weiß auch Teamchef Frederic Vasseur. „Unter der roten Flagge mussten wir zwischen den einzigen Reifen, die wir noch übrig hatten, wählen - entweder, die gebrauchten harten Reifen, die schon drauf waren, oder neue Softs, da wir keine Mediums mehr übrig hatten“, berichtet der Franzose. Die Reifenliste von Pirelli bestätigt diese Aussage. Alfa entschied sich also für die Softs. „Das hat uns beim Restart geholfen, als Kimi bis auf P2 nach vorne gekommen ist“, verteidigt Vasseur die Entscheidung.

Dass sie wirklich richtig ausfiel, scheint der Teamchef allerdings zu bezweifeln, verbalisiert dies allerdings nur zwischen den Zeilen. Vasseur: „Leider haben wir durch den Reifenvorteil unserer Rivalen im Longrun an Boden verloren, je weiter das Rennen voranschritt. Wir waren nah dran an einem guten Ergebnis. Aber so ist es eben.“

Räikkönen: Mit anderer Mischung gutes Rennen

Räikkönen sprich ebenfalls nicht direkt von einem Fehler, trauert mehr einem fehlenden Satz Medium - dem goldenen Mittelweg, siehe Gasly - nach. „Wir hätten ein gutes Rennen fahren können, wenn wir noch eine andere Mischung zur Verfügung gehabt hätten“, sagt der Iceman.

Abgesehen davon zeigt sich Räikkönen mit der Performance in Italien hochzufrieden. „Bis zur roten Flagge lagen wir in einer guten Position: Das Auto fühlte sich gut an und die Dinge liefen ziemlich gut in unsere Richtung. Aber danach konnten wir dann nicht mehr wirklich kämpfen“, sagt der Routinier. „Es war ein sehr bizarres Rennen, das uns das gesamte Spektrum der Emotionen bereitet hat. Wir hatten einen guten Start und eine gute Rennpace im ersten Stint“, bestätigt Vasseur.

Giovinazzi wie Hamilton: Illegaler Stopp, Strafe

Zu den Emotionen zählte neben der offensichtlich nicht idealen Reifenwahl und der zwischenzeitlich starken Position beider Fahrer eine Strafe gegen Giovinazzi. Wie Mercedes Lewis Hamilton beorderte Alfa Romeo den Italiener an die Box, als die Boxengasse nicht freigegeben war. Grund dafür war der an der Boxeneinfahrt gestrandete Haas von Kevin Magnussen. Die Folge. Zehn Sekunden Stop&Go. Die Strafe saß Giovinazzi kurz nach dem Restart ab - noch bevor ihm ein ähnliches Schicksal wie Räikkönen blühte, war das Rennen des Italiener damit verloren.

„Es ist enttäuschend, wenn dich eine Strafe an Ende des Feldes wirft, wenn du gerade in den Spitzenrängen unterwegs bist. Wir müssen untersuchen, wie die Situation, die zu dem Stopp führte, sich entfaltet hat“, fordert Giovinazzi, zeigt aber Verständnis für den Call seines Teams. Giovinazzi: „In den Momenten, in denen das Safety Car ausgerufen wird, geschieht alles sehr schnell und du musst auf das reagieren, was um dich herum geschieht. Danach war ich dann einfach zu weit weg, um noch etwas auszurichten.“

Der verpassten Underdog-Sensation trauert der Ferrari-Junior gerade bei seinem Heimrennen hinterher. „Nach so einem verrückten Rennen ohne Punkte anzukommen, ist schade, da die Dinge am Anfang auch gut aussahen. Aber das ist Racing, ich muss es abhaken und mich auf das Rennen in der nächsten Woche konzentrieren“, sagt Giovinazzi. „Das nächste Heimrennen für mich!“