1. - S wie Startaufstellung

Lewis Hamilton neben Valtteri Bottas. Die Startaufstellung für das Formel-1-Rennen in Italien (Start in Monza heute um 15:10 Uhr, live im TV auf RTL und Sky) beginnt auch in der Post-Partymode-Ära wie gewohnt mit zwei schwarzen Mercedes. Reihe zwei gestaltet sich nicht nur bunter, sondern auch origineller. Carlos Sainz und Sergio Perez lieferten herausragende Qualifying-Ergebnisse für McLaren und Racing Point.

Erst auf dem fünften Platz folgt mit Max Verstappen der erste Red Bull, neben dem Niederländer startet Lando Norris im zweiten McLaren. Die Top-10 komplettierten Daniel Ricciardo im Renault, Lance Stroll (Racing Point), der zweite Red Bull mit Alex Albon und Pierre Gasly im AlphaTauri.

Sebastian Vettel kam in der Qualifikation nach chaotischem Verkehr in Q1 nicht über Platz 17 hinaus, startet beim Italien GP der Formel 1 heute vier Ränge hinter dem beim Heimrennen in Monza ebenfalls alles andere als aussichtsreich qualifizierten zweiten Ferrari von Charles Leclerc.

2. - S wie Start

Nächste Chance für Valtteri Bottas: Nutzt der Finne nach einer inzwischen ganzen Serie vergeblicher Anläufe endlich den Start, um Lewis Hamilton ein Bein zu stellen? 453 Meter trennen in Monza die Pole vom ersten Bremspunkt für die Prima Variante. Die muss Bottas nutzen, will er die Hürde Hamilton überwinden. Dass das im weiteren Rennverlauf passieren wird, erscheint hochgradig unwahrscheinlich. Zumindest ist es Bottas zuletzt nie gelungen.

Dringend braucht der WM-Dritte deshalb einen seiner Wunderstarts, die Bottas hin und wieder aus dem Ärmel zu zaubern pflegt. „Es sollte klar sein, dass unsere Fahrer beide das Rennen gewinnen möchten und angesichts des langen Wegs bis zur ersten Kurve wird der Start sehr wichtig sein“, weiß Mercedes’ Chefingenieur Andrew Shovlin. Zu gut kann jedoch auch von Nachteil sein. Windschatten spielt in Monza schon am Start eine Rolle, Hamilton könnte kontern. In jedem Fall muss Bottas hohes Risiko gehen, nicht nur mit Blick auf den Sieg, sondern auch einen immer dringenderen Konter im WM-Rennen.

Auf dem langen Weg zur ersten Schikane kann in Monza viel passieren, Foto: LAT Images
Auf dem langen Weg zur ersten Schikane kann in Monza viel passieren, Foto: LAT Images

In Sachen Traktion besteht diesmal für niemanden in den Top-10 Vor- oder Nachteil. Selbst Mercedes qualifizierte sich mit den Soft-Reifen für Q3.

3. - S wie Strategie

Alle Zeichen auf Einstopp. „Das Rennen sollte eine Ein-Stopp-Strategie für alle sein“, meint Mercedes-Mann Shovlin. Das bestätigt auch Pirelli-Reifenpapst Mario Isola. „Aber es gibt verschiedene Variationen von Einstoppern, die angewendet werden können und diverse strategische Möglichkeiten eröffnen“, sagt der Italiener. Außerhalb der Top-10 könnten einige Piloten dank freier Reifenwahl versuchen, auf Medium oder Hard zu starten. „Die härteren Mischungen werden im Rennen eine wichtige Rolle spielen“, sagt Isola.

Als schnellste Strategien auf dem Papier empfiehlt Pirelli dennoch zwei Varianten mit weichen Reifen im ersten Stint der insgesamt 53 Runden im Autodromo Nazionale di Monza. Entweder mit 24 Runden Soft, gefolgt von Medium bis ins Ziel oder mit 22 Runden Soft gefolgt von Hard ins Ziel. Etwas langsamer sei ein Start auf dem Medium - dafür generiert das den großen Vorteil eines weiteren Boxenstoppfensters.

Zwei Stopps seien definitiv klar langsamer, so Pirelli - zu groß ist in Monza der Zeitverlust in der Boxengasse wenn die Konkurrenz auf Start/Ziel mit bis zu 350 km/h vorbeirauscht.

4. - S wie Safety Car

Der Grund, warum ein größeres Boxenstoppfenster helfen kann, heißt Bernd Mayländer. Wer länger fährt, verfügt über eine höhere Wahrscheinlichkeit, im Fall eines Safety Cars seinen Boxenstopps besonders zeitsparend absolvieren zu können. Tatsächlich rückte Mayländer in Monza in den vergangenen fünf Jahren allerdings nur ein einziges Mal aus. Dennoch: Gerade auf einem Highspeedkurs wie Monza kann immer etwas passieren - und wenn es sich nur um ein virtuelles Safety Car handelt. Auch das kann Medium- & Hard-Startern helfen.

5. - S wie Schneckeria

P13 & P17. Wahrlich alles andere als die gewünschte Ausgangslage bei einem Heimrennen. Schon gar nicht für Ferrari in Monza. Das Problem: Große Hoffnungen, dass es im Rennen allzu weit nach vorne geht, machen sich Sebastian Vettel und Charles Leclerc nicht. "Ich erwarte auch morgen keine Wunder. Vielleicht können wir im Rennen noch Punkte holen, ich werde mein Bestes geben", sagt der Monegasse mit dem Mut der Verzweiflung.

Vettel klingt kaum optimistischer. „Wir sind ein bisschen schneller als die Autos um uns herum, aber es wird schwer, Boden gutzumachen“, sagt der Deutsche. Warum, zeigt ein Blick auf die Topspeed-Tabellen des Trainings am Freitag, zumindest etwas weniger durch Windschatten verzerrt als das hier völlig chaotische Qualifying: Vettel belegte den letzten Platz, Leclerc den drittletzten. Der schwache Ferrari-Motor und mit gewaltigem Luftwiderstand erkaufte Abtrieb des SF1000 machen sich in Monza klar bemerkbar.

6. - S wie Streit um P3

Auch ohne Ferrari mischen im Kampf um Platz drei eine ganze Phalanx an Fahrern mit. Nahezu die gesamten Top-10 scheinen sich berechtigte Hoffnungen auf Platz drei hinter den Mercedes [s. 7. - S wie Sieger] machen zu dürfen. Am deutlichsten vor Augen führen das die Aussagen Verstappens nach dem Qualifying, der diesmal - schon wegen seines nur fünften Startplatzes - kein langweiliges Rennen im Niemandsland zwischen Mercedes und Mittelfeld zu fahren.

„Ich denke schon“, antwortete der Niederländer auf die Frage, ob ein Podium noch drin sei. Das klingt weit weniger überzeugt als sonst - weil Red Bull in Monza tatsächlich mit sich selbst zu kämpfen hat. Mit wenig Abtrieb reagiert der RB16 auf der Hinterachse extrem nervös. „Und es ist schwer, hier zu überholen“, mahnt Verstappen. „Aber unser Topspeed ist zumindest nicht allzu schlecht.“

Als ersten Gegner damit überwinden muss Verstappen Sergio Perez. Doch ist es ausgerechnet der Mexikaner, der von allen Mercedes-Jägern die größte Selbstsicherheit ausstrahlt. „Wir sind überrascht. Wir hatten diesen Schritt im Qualifying nicht erwartet. Wir haben alles auf das Rennen ausgerichtet, also sollten wir eine starke Rennpace haben“, sagt der Racing-Point-Pilot. „Wir befinden uns in jedem Fall im Kampf um das Podium.“

Diesen Kampf nicht aufgegeben hat selbst Daniel Ricciardo auf Platz sieben - vor allem, weil auch Verstappen sich in keiner Ausgangslage befinde, aus der er gleich enteilen könne. „Max startet nicht als Dritter und er ist sonst der Podest-Fahrer. Dass ihn ein paar Autos davon trennen, sollte für ein paar gute Kämpfe sorgen", sagt Ricciardo und verspricht Action: " Wir werden keine Prozession erleben, es wird vorwärts gehen. Normalerweise sind wir im Rennen immer etwas besser, wenn wir im Qualifying nicht sonderlich schnell waren."

Ausgerechnet der Mann mit der besten Ausgangslage gibt sich skeptischer als alle anderen. "Im Longrun sahen Red Bull und Renault schneller aus als wir. Im Rennen erwacht Red Bull immer zum Leben, deshalb wird es schwer werden, Verstappen hinter uns zu halten“, warnt Carlos Sainz. Auch Racing Point müsse er auf dem Zettel haben. "Ich werde natürlich versuchen, alle hinter mir zu halten. Aber es ist ein langes Rennen und Monza ist eine Strecke auf der man überholen kann, deshalb will ich mir keine zu großen Erwartungen machen."

7. - S wie Sieger

Dass jemand Mercedes in Monza ärgern kann, daran glauben bei der Konkurrenz nicht einmal die kühnsten Optimisten. „Ich erwarte einen Kampf um P3 - von den Mercedes wollen wir nicht sprechen, das ist ein anderes Level“, sagt Verstappen.

Einzig im Lager der Weltmeister hält zumindest Shovlin die Fahne des Understatements hoch. „Am Freitag sah es so aus, als ob Max uns bei der Pace auf Longruns am nächsten kam. Er startet einige Positionen hinter uns, aber wir wissen, wie gut er im Rennen ist“, mahnt der Brite. „Es wird also wahrscheinlich nicht lange dauern, bis er weiter nach vorne kommt.“

Selbst Toto Wolff denkt in Italien diesmal allerdings nicht daran, die Konkurrenz starkzureden. Zu groß war die Genugtuung, im Qualifying auch ohne Partymode dominiert zu haben. Bottas und Hamilton stichelten angesichts des schlechten Resultats Red Bulls im Qualifying sogar gegen die Bullen. "Ich bin mir nicht sicher, wie glücklich Red Bull nun mit der Änderung am Motor ist", spottete Bottas. Ich glaube nicht, dass es jemals einen Party-Mode gab", sagte Hamilton.

Was der Konkurrenz angesichts des schon weiter unverändert starken Qualifyings Angst machen muss: Mercedes legte ohnehin schon länger alles mehr auf die Motorleistung im Rennen als im Qualifying aus. Wolff: "Als klar war, dass die Lobby gegen unseren Qualifikationsmodus größer wird - das war weit bevor die Technische Direktive kam - haben wir unsere Entwicklungsarbeit daraufhin ausgerichtet. Wir wollen den Tag nicht vor dem Abend loben, aber wir haben unseren Fokus hin zum Rennen gelegt. Und wir hatten einen wirklich guten Samstag..."

Heißt: Selbst Mercedes erwartet kaum etwas anderes als einen teaminternen Zweikampf. Wenn überhaupt. Kann Bottas Hamilton wirklich herausfordern? Der Finne glaubt daran - selbst, sollte er den Start verlieren. Bottas: „Meine Rennpace war am Freitag auf dem Niveau von Lewis und auf dieser Strecke ergeben sich immer Chancen. Jetzt liegt es an mir, diese auch zu nutzen. Noch ist nichts verloren.“