Noch immer ist das Thema Kopie-Prozess rund um den Racing Point RP20 der Formel-1-Saison 2020 nicht erledigt. Rennen für Rennen verwarnen die Stewards nach einer ersten Strafe von 15 WM-Punkten Abzug und 400.0000 Euro Strafzahlung das Team dafür, Bremsbelüftungen einzusetzen, die Racing Point illegal von dem Mercedes des Vorjahres abgekupfert haben soll.

Mit Renault, McLaren, Williams, Ferrari und Racing Point selbst legte das halbe Starterfeld Protest gegen dieses Urteil ein oder erklärte zumindest die Absicht, sich einen Einspruch vorzubehalten. Den vier erstgenannten Teams gingen die Sanktionen nicht weit genug, Racing Point selbst sieht sich vollständig unschuldig.

Bis vor den International Court of Appeal des Automobilweltverbands FIA gehen inzwischen allerdings maximal noch zwei Proteste. Williams, McLaren und Renault zogen ihren Einspruch bereits zurück oder hatten ihn erst gar nicht verfolgt. Alle zeigten sich mit einer Ankündigung der FIA zufrieden, wonach die Regelhüter in Zukunft strenge Regeln stricken wollen, die Wiederholungsfälle vermeiden sollen.

Ferrari gibt sich mit Versprechungen allerdings nicht zufrieden. So erklärt Teamchef Mattia Binotto im Rahmen des Italien GP, warum die Scuderia nach wie vor prozessieren will. „Der Grund dafür ist, dass wir völlig überzeugt sind, dass das, was Racing Point in dieser Saison getan hat, nicht richtig ist“, sagt der Italiener in Monza. „Wir glauben, dass es nicht dem Prinzip unseres Sports entspricht und wir glauben, dass es sich in Zukunft nicht wiederholen darf. Deshalb erbitten und ersuchen wir Klarheit bei der FIA.“

Dabei will Ferrari Fakten sehen, nicht nur Worte. Binotto: „Sofern Regularien geschaffen werden oder eine Technische Direktive für die Zukunft ab 2021, mit der wir ziemlich sicher sind, dass Kopieren nicht mehr möglich sein wird, dann sind wir bereit, unseren Einspruch zurückzuziehen.“

Peter Bayer, Generalsekretär der FIA, hatte in einem Brief an die Teamchefs schon angekündigt, Änderungen am Sportlichen Reglement für 2021 vornehmen zu wollen, die extremes Kopieren unterbinden sollen.

Den grundlegenden Ansatz, Ideen der Konkurrenz nachzuahmen, hält der Ferrari-Teamchef noch für in Ordnung. „Konkurrenten anzusehen, zu versuchen, zu verstehen, was sie tun, zu versuchen, ihr Auto zu untersuchen, das war immer Teil der F1-Geschichte. Daran kann ich nichts Schlechtes erkennen“, sagt Binotto. „Fotos wurden immer angefertigt, an dieser Tatsache an sich sehe ich nichts Falsches.“

Ein komplettes Auto nachzubilden, gehe jedoch zu weit. „Ein ganzes Design zu kopieren, ist für mich aber eine andere Erfahrung, denn das ist geistiges Eigentum“, erklärt Binotto - und nutzt die Gelegenheit für eine Spitze im bereits seit Monaten schwelenden Geplänk mit Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Binotto: „Wenn ich Mercedes gewesen wäre, hätte ich protestiert, wenn jemand mich kopiert ...“ Wolff gilt als guter Freund des Racing-Point-Besitzers Lawrence Stroll.