In Monza jährt sich eines der Skandal-Qualifyings der Formel-1-Geschichte zum ersten Mal. 2019 hatten es nur zwei der zehn Fahrer bei ablaufender Uhr geschafft, eine schnelle Runde zu fahren. Die anderen acht waren sich auf einer ultra-langsamen Outlap durchgehend selbst im Weg gestanden.

Gleich mehrere Gründe gibt es für diese Bummeleien, die 2020 weiterhin an der Tagesordnung stehen. Die Fahrer und Teams beschweren sich an jedem Wochenende, und machen es dann trotzdem. Mangels Vernunft werden Rufe nach einem FIA-Eingriff laut. Bevor es zu spät ist, denn Bummeln kann nicht nur Zeit kosten, sondern auch gefährlich werden.

Formel 1 im Stau: Zwischen Windschatten und Reifenproblemen

Zwei Faktoren spielen bei den Staus im Qualifying eine Rolle: Zuerst einmal die Reifentemperaturen - die aktuellen Pirelli-Reifen sind sensibel, und jedes Team und jeder Fahrer haben eine genaue Vorstellung wie die Warmup-Runde gefahren werden muss, um die Reifen ins perfekte Arbeitsfenster zu bekommen. Wer zu schnell oder zu langsam fährt, setzt sich im ersten Sektor der schnellen Runde Querstehern und Verbremsern aus.

Hinzu kommt auf den Highspeed-Strecke wie Spa oder Monza der Windschatten. Besonders in Monza wird der wieder mächtig sein. "Du brauchst vier Sekunden für einen guten Windschatten ohne verwirbelte Luft", meint Haas-Pilot Romain Grosjean. Und ganz vorne fahren will natürlich niemand, da gibt es gar keinen Windschatten.

Formel 1 in Spa: Vorgeschmack auf Monza-Qualifying

Selbst auf dem sieben Kilometer langen Circuit de Spa-Francorchamps schafften es die Fahrer am vergangenen Wochenende nicht, sich im Qualifying zu sortieren. Nicht einmal in Q3, mit nur zehn Autos auf der Strecke. Lando Norris beklagte sich dort danach über die Renaults, vor allem Esteban Ocon: "Ich musste ihn auf der Strecke überholen, er fuhr einfach sehr langsam." Ocon erzwang das mit Schleichfahrt im Mittelsektor, und schnappte sich dann Norris' Windschatten auf der Hotlap.

Ocon erinnerte jedoch nach dem Qualifying wieder: Eine echte Regel gibt es nicht. Lediglich den Passus, dass Fahrer zu keinem Zeitpunkt "unnötig langsam, erratisch oder auf eine Art, die potentiell gefährlich für andere sein könnte", fahren dürfen.

FIA-Eingriff gefordert: Bevor der große Crash kommt

Wenn wie im Vorjahr in Monza aber niemand überholen will, artet die Situation aus. Auch das zweite Bahrain-Rennen, das auf der 55 Sekunden langen äußeren Highspeed-Schleife ausgetragen wird, sorgt bereits für Sorgen. "Wir haben nachgerechnet", meint Romain Grosjean. "Wenn du jedes Auto gleichmäßig über die Strecke verteilst, hast du 175 Meter zwischen jedem Auto. Das wird nicht funktionieren."

Monza 2019: Jeder wollte Windschatten haben, niemand wollte geben, Foto: LAT Images
Monza 2019: Jeder wollte Windschatten haben, niemand wollte geben, Foto: LAT Images

"Es ist auch nicht nur das Qualifying, auch die freien Trainings", erinnert McLaren-Teamchef Andreas Seidl nach Spa. "Besonders wenn die Autos unterschiedlich unterwegs sind und du eine Mischung aus langsamen Runden und Hotlaps hast, das ist einfach gefährlich. Da muss etwas getan werden, anstatt zu warten, bevor etwas Großes passiert."

Auch in den Trainings kam das Thema nämlich an die Oberfläche - gerade beim zweiten Silverstone-Rennen mit extra weichen Reifen. Die Fahrer schlichen am Freitag im Schritttempo um den Kurs und fuhren Runden jenseits der Zwei-Minuten-Marke, um die Reifen abzukühlen.

FIA plant Bummel-Meeting vor Monza

In Spa kam es im dritten Training dann wieder zum Stau vor der letzten Schikane - während sich die einen auf ihre schnelle Runde vorbereiteten, kamen andere von hinten angeflogen. "Schon nach dem Training waren ein paar Fahrer diesbezüglich sehr deutlich, dann gab es Diskussionen nach dem Qualifying", sagt Seidl. "Unabhängig von unserem Problem macht es Sinn, sich das anzuschauen, mit allen Teams und dem Rennleiter. Um dann eine Regelung zu finden, die diese Sache verhindert."

Ob eine Maximal-Rundenzeit für Monza kommt, weiß Seidl noch nicht. Die FIA-Rennleitung verspricht aber einen Eingriff. "Ich und die Teammanager werden zur Auffrischung am Donnerstag ein paar Diskussionen haben", kündigt Rennleiter Michael Masi an. "Wir hatten nach dem letztjährigen Event Diskussionen, und werden diese Woche welche haben."