Lewis Hamilton dominiert die Formel 1 2020 einmal mehr nach Belieben. Mit seinem fünften Saisonsieg in Spa-Francorchamps kam der Weltmeister seinem siebten WM-Titel ein weiteres Stück näher. Der unangefochtene Triumph im Grand Prix von Belgien war nie in Gefahr. Hamilton kann die Kritik der Fans verstehen. Langeweile als Zuschauer kennt er aus der Ära Michael Schumachers. Entschuldigen kann er sich für seine Siege schlecht. Der Spaß kommt für ihn auch beim Alleingang nicht zu kurz.

"Wenn der Start oder der Restart durch ist, weißt du, dass ich in der Regel nicht allzu viele Fehler mache und dasselbe gilt für die anderen Fahrer. Wir sind alle sehr konstant und es ist auf dieser Rennstrecke sehr schwer, zu überholen. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht besonders spannend war", sagt der 89-fache Grand-Prix-Sieger. Nach dem Qualifying hatte er noch Zweifel geäußert, ob ihm seine Pole Position beim Run auf Les Combes zum Verhängnis werden könnte.

Auf eine Attacke von Valtteri Bottas und Max Verstappen aus dem Windschatten stützten sich auch die Hoffnungen vieler Fans, an diesem Sonntagnachmittag zur Abwechslung mal keine Mercedes-Parade zu erleben. Doch Hamilton erfüllte ihnen diesen Wunsch nicht: "Ich glaube, wir hatten heute Glück. In den vergangenen Jahren herrschte vor Kurve fünf immer ein Gegenwind. Damit hast du mehr Luftwiderstand und das Auto hinter dir einen stärkeren Windschatten. Diesmal war es ein Rückenwind, das hat geholfen Valtteri hinter mir zu halten."

Im Ziel hatte Hamilton fast zehn Sekunden Vorsprung auf den Teamkollegen. Der frühe Wechsel auf Hard-Reifen im Zuge der Safety-Car-Phase nach Antonio Giovinazzis Unfall machte das Rennen für die Fans noch zäher, denn für die restlichen etwa 30 Runden ging es fast beim gesamten Feld nur um das Reifenmanagement.

Hamilton hat mehr Spaß am Wettbewerb als am Fahren

"Das macht nicht besonders viel Spaß, immer zu verwalten um ihn [Reifen] über die Distanz zu bringen. Ich genieße das nicht. Ich will dort draußen richtig attackieren, dann einen Boxenstopp machen und weiter attackieren", erklärt Hamilton, dass auch er sich spannendere Nachmittage vorstellen könnte.

Auf der anderen Seite waren die strategischen Voraussetzungen für alle Piloten in der Spitzengruppe dieselben. Das Fahren könnte aufregender sein, doch der Wettkampf hat für ihn trotz allem seinen Reiz. "Ich habe im Auto wirklich Spaß. Wo ist der Sinn, wenn du das hier machst und den Moment nicht genießt", sagt der 35-Jährige.

Ein Rennen zu kontrollieren ist für ihn kein Grund für Langeweile: "Der Kampf macht mir Spaß. Jedes Mal wenn ich aus Kurve 15 kam, habe ich im Spiegel geschaut wo Valtteri ist, ob er näher gekommen oder weiter weg ist. Ich will seine Rundenzeiten wissen und wie der Abstand zwischen ihm und Max ist, während ich versuche in jeder einzelnen Runde die perfekte Balance zu haben. Das ist für mich immer noch eine enorme Herausforderung."

Hamilton fühlt mit Zuschauern: In Schumacher-Ära eingeschlafen

Dass Zuschauer davon nicht aus ihren Sitzen gerissen werden, versteht er. "Ich kann zwar nicht für die Fans sprechen, aber ich war als Kind auch ein Fan und habe unterschiedliche Epochen miterlebt. Ich habe die Schumacher-Ära gesehen und weiß, wie das ist", sagt er und fügt lachend an: "Ich habe mir den Start angeschaut, bin eingeschlafen und vor dem Ende wieder aufgewacht. Wenn ich heute Zuschauer wäre, würde ich es wahrscheinlich genauso machen und mir hinterher die Highlights anschauen."

Andererseits ist eine Formel 1 wie diese unter Fahrern nicht unbedingt beliebter als bei den Zuschauern. "Was die Fans hoffentlich verstehen, ist, dass das nicht unsere Schuld ist", so Hamilton, der vor nicht allzu langer Zeit einige seiner GP2-Rennen als die aufregendsten seiner Karriere bezeichnete. Auch nach 13 Jahren F1 ist pures Racing das, wonach er sich am meisten sehnt.

Mercedes gewann in der Formel-1-Saison 2020 sechs der bisher sieben ausgetragenen Rennen, Foto: LAT Images
Mercedes gewann in der Formel-1-Saison 2020 sechs der bisher sieben ausgetragenen Rennen, Foto: LAT Images

Hamilton hofft auf Formel 1 2022: Besseres Racing dank neuer Autos

"Wir Fahrer arbeiten uns durch die Nachwuchsserien hoch und verschreiben uns dieser Sache. Wir geben absolut alles wenn wir dort rausgehen um auf unserem höchsten Level zu performen. Aber letztendlich liegt es in den Händen derjenigen, die für das Design der Autos und die Regeln verantwortlich sind", sagt er.

Vor wenigen Wochen kündigte er an, noch mindestens drei weitere Jahre in der Formel 1 fahren zu wollen. Den großen Reglementumbruch, der aufgrund der Coronavirus-Krise von 2021 auf 2022 verschoben wurde, sah er von Anfang an als eine willkommene Herausforderung für sich und sein Mercedes-Team.

Er hofft, dass die neuen Formel-1-Autos sowohl Fahrern als auch Fans wieder mehr Spaß machen werden: "Wir können Druck machen, dass sie [die Verantwortlichen] für die Zukunft einen besseren Job machen, soweit das möglich ist. Hoffentlich werden sie das für 2022 tun und wir sehen mit diesem neuen Typ Auto vielleicht eine andere Art des Racings, wo du besser hinterherfahren kannst und wir engere Rennen haben."