Vor einer Woche unterschrieben auch die letzten Formel-1-Teams das neue Concorde Agreement. Jene Verträge, die das Kommerzielle zwischen den Teams und dem F1-Vermarkter Liberty Media sowie die politische Machtverteilung zwischen Teams, Liberty und der FIA regeln. Für die nächsten fünf Jahre sind diese Verträge nun neu aufgesetzt.

Den Verhandlungsführern von Liberty um F1-CEO Chase Carey war ein Drahtseilakt gelungen, an dessen Ende doch tatsächlich zehn hinlänglich zufriedene Teams standen. Auch Mercedes, die öffentlich lange protestiert hatten. Auch Ferrari, deren Sonderstellungen beschnitten werden sollten. Auch Haas, deren F1-Verbleib überhaupt fraglich war.

Mercedes spricht vom größten Formel-1-Umbruch

"Wir haben immer betont, dass wir in der Formel 1 bleiben möchten, entsprechend war es keine große Überraschung", stellt Mercedes-Teamchef Toto Wolff danach erneut klar. Gerüchte über Mercedes' Zukunft in der Königsklasse hatte es zuhauf gegeben, öffentlich wurden die aber sowohl von Wolff als auch von der Konzernleitung wiederholt zurückgewiesen.

Wolffs Stimmung in der Schlussphase der Verhandlungen war außerdem schlecht. Gegen eine gerechtere Verteilung von Preisgeld hatte er nichts - aber dass Mercedes unter dem Strich mehr verlieren dürfte als Ferrari, sorgte für Unmut. Hinzu kam Streit um die Verhandlungsführung. Wolff stieß sich an Konkurrenten, die öffentlich andere Meinungen vertraten. In Silverstone sah es danach aus, dass Mercedes von einer Unterschrift ein gutes Stück entfernt sei.

"Wir sind froh, dass wir die Gespräche positiv abschließen konnten", meint Wolff. "Wir haben uns dem Sport verschrieben und wir freuen uns auf die kommenden Jahre, in denen wir den größten Umbruch in der Geschichte der Formel 1 erleben werden. Dabei wird es auf agile, aufgeschlossene Teams ankommen, die sich erfolgreich an die Anforderungen der neuen Regeln anpassen können."

Ferraris Etappensieg: Veto bleibt

Damit weiter zu Ferrari. Deren bisher weitreichende Macht sollte durch eben diesen großen Umbruch deutlich eingeschränkt werden: Ferrari erhielt unter den alten Verträgen Millionen an garantierten Bonuszahlungen und ein garantiertes Veto-Recht im Entscheidungsprozess.

"Wir haben zumindest bekommen, was für uns essentiell war", erklärt Teamchef Mattia Binotto die Ferrari-Unterschrift bei 'Sky Sports'. "Wir haben das behalten, was wir das Protektionsrecht nennen, oder das Vetorecht, was für Ferrari wichtig ist, wegen dem, was Ferrari für die ganze Formel 1 und die Geschichte bedeutet."

"Also insgesamt, ja, sind wir zufrieden", so Binotto. Einschnitte, gerade auf finanzieller Seite, musste Ferrari hinnehmen, aber sie konnten sie abfedern. "Du kannst immer mehr bekommen, oder weniger. Aber was erreicht wurde, ist ein wichtiges Ergebnis."

Red Bull lobt Liberty für Fairness

Ruhig blieb es in der Schlussphase im Red-Bull-Lager. Deren Teamchef Christian Horner beschreibt die Verhandlungen rückblickend als lange, aber auch "in gewisser Weise bemerkenswert einfach, verglichen mit vorangegangenen Jahren." Horner hat nur lobende Worte für Libertys Fairness im Prozess übrig: "Wir waren tatsächlich das erste Team, das in Barcelona unterschrieben hat."

Red Bull hat mit AlphaTauri ein echtes B-Team in der Formel 1, Foto: LAT Images
Red Bull hat mit AlphaTauri ein echtes B-Team in der Formel 1, Foto: LAT Images

"Natürlich gab es bei ein paar Punkten ein Vor und Zurück, und es gibt Elemente, die manche Teams mehr freuen als andere, aber am Schluss konnten sich alle auf den besten Weg vorwärts verständigen", sagt Horner. Unter dem Strich steigt Red Bull gut aus. Zwar müssen sie mit dem Hauptteam bei der Preisgeldverteilung Federn lassen, aber das B-Team AlphaTauri zählt dort zu den Gewinnern.

Haas sieht Formel 1 weiter als sinnvoll an

Das gilt auch für den Rest des Mittelfeldes. Insgesamt wird die Verteilung der Preisgelder von Liberty an die Teams gleichmäßiger. Bei der Spitze wird beschnitten, das Geld wird ins Mittelfeld umgeleitet. Wie alle finanzielle Fragen war das immens wichtig für die Zukunft von Haas. Das Team galt vor der Unterschrift als wahrscheinlichster Kandidat für einen F1-Ausstieg. Fehlende Ergebnisse sorgten für eine angespannte Lage, die Teameigentümer Gene Haas tragen musste.

"Ich schätze, Gene hat es sich angesehen und die Formel 1 ist noch immer ein gutes Werkzeug um seinen Markennamen, Haas Automation, raus in die Welt zu bringen", meint Haas-Teamchef Günther Steiner. "Und er liebt den Sport. Auch wenn es ein großer finanzieller Einsatz ist, mit dem neuen Reglement, sollte es ausgeglichener werden und die kommerziellen Aspekte für die kleineren Teams sollen besser werden. Daher hat er sich entschlossen weiterzumachen."

Steiner warnt, dass sich die Auswirkungen erst in ein paar Jahren zeigen werden, hat aber Vertrauen: "Auch wenn wir momentan nicht wettbewerbsfähig sind, haben wir ein funktionierendes Formel-1-Team. Letzten Endes glaubt Gene an das Team. Jeder freut sich, weiterzumachen, jetzt wo das Agreement unterschrieben wurde."

Formel-1-Mittelfeld freut sich über bessere Verteilung

Die anderen Teams, die hinter den "großen Drei" Mercedes, Ferrari und Red Bull fahren, loben ebenfalls die angepasste Preisgeldverteilung mehr als alles andere. Tatsächlich glätten sich die politischen Wogen in der Formel 1 nach angespannten zwei Monaten wieder.

Renault zog kurz nach ihrer Unterschrift auch ihren Einspruch gegen das Racing-Point-Urteil zurück, nachdem die FIA sie mit Garantien für striktere Reglementierungen im Bereich des Kopierens anderer Fahrzeuge zufriedenstellte. Die Franzosen verweisen darauf: "Dieses strategische Ziel im Kontext des neuen Concorde Agreements zu erreichen war unsere Priorität."

Und auch bei Williams kehrt Ruhe ein. Wenige Tage nach der Unterzeichnung wurde der Verkauf des Teams an die amerikanische Investmentfirma Dorilton Capital vollzogen. Damit ist die Williams-Zukunft gesichert.