Überraschung am Dienstagabend: Wie Renault in einem kurzen Statement mitteilte, zieht der französische Rennstall seinen Einspruch gegen das Urteil im Kopie-Prozess gegen Racing Point zurück. Genauer gesagt bittet Renault um eine Rücknahme des Einspruchs, der bereits formal eingereicht wurde.

Racing Point wurde zu einer Strafe von 400.000 Euro und zum Abzug von 15 Punkten in der Konstrukteurswertung verdonnert, weil der Formel-1-Rennstall gegen das Sportliche Reglement verstoßen haben soll.

Konkret wurde dem Rennstall vorgeworfen, die Bremsbelüftungen des RP20 nicht selbst designt zu haben. Ebenjene Bauteile sind seit der Saison 2020 sogenannte 'Listed Parts', müssen also von jedem Team selbst entwickelt werden, um in der Formel 1 als Konstrukteur zu gelten.

Knackpunkt im Verfahren war, dass Bremsbelüftungen erst seit diesem Jahr auf der Liste stehen. Racing Point kaufte die Bauteile noch im vergangenen Jahr von Mercedes und adaptierte das Design nur minimal für den eigenen Boliden des Jahrgangs 2020.

Bleiben Ferrari und Racing Point beim Einspruch?

Vorbei ist der Fall damit aber noch nicht. Denn neben Renault hatten auch Racing Point selbst und Ferrari Einspruch gegen das Urteil der Stewards eingereicht. Von beiden Seiten gibt es bisher keine Anzeichen, den Fall ruhen zu lassen. Nach aktuellem Stand wird sich also weiterhin das internationale Berufungsgericht der FIA mit dem Fall befassen.

Die Rücknahme des Einspruchs von Renault kommt überraschend, weil Cyril Abiteboul, der Formel-1-Boss der Franzosen, recht ungehalten auf das Urteil reagierte. Er empfand den Punktabzug als zu milde, weil Racing Point die fraglichen Bremsbelüftungen weiterhin einsetzen darf.

"Das Problem war über die Entscheidung hinaus entscheidend für die Integrität der Formel 1, für die aktuelle Saison und für die Zukunft", heißt es im Statement von Renault. "Intensive und konstruktive Arbeit zwischen der FIA, Renault und allen Beteiligten der Formel 1 haben zu konkretem Fortschritt geführt, den Ursprung des Sports mit den geplanten Erweiterungen des Sportlichen Reglements für 2021 zu sichern."

In anderen Worten: Renault ging es nicht nur um den konkreten Fall der Bremsbelüftungen, sondern um die DNA der Formel 1. Mit dem Protest konnte man das Thema wieder auf den Tisch bringen.

FIA bringt Regeländerungen für Formel-1-Saison 2021 auf den Weg

Peter Bayer, der Generalsekretär der FIA, hatte in einem Brief an die Teamchefs schon angekündigt, Änderungen am Sportlichen Reglement für 2021 vornehmen zu wollen, die extremes Kopieren unterbinden sollen.

Die Bremsbelüftungen sind nur die Spitze des Eisbergs am Racing Point: Nahezu das gesamte Auto sieht dem Mercedes des Vorjahres zum Verwechseln ähnlich. Der Rennstall entwickelte den RP20 im Verfahren des Reverse Engineerings. Mittels Fotos wurde der Vorjahrssilberpfeil so nahezu perfekt kopiert.

Nikolas Tombazis, Technik-Chef der FIA, stellte bereits klar, dass man nicht daran interessiert sei, in den nächsten Jahren acht Mercedes-Kopien zu sehen. Racing Point trieb eine bislang legale Methode auf die Spitze, die man aber mit Änderungen am Reglement unterbinden will.