1. - S wie Startaufstellung

Mit Lewis Hamilton, Valtteri Bottas und Max Verstappen starten beim Formel-1-Rennen in Spanien (Startzeit in Barcelona heute 15:10 Uhr, live im TV auf RTL, Sky und im Live-Stream F1 TV) die drei Topfavoriten auf den Sieg beim sechsten Saisonlauf 2020 von den vorderen Rängen der Startaufstellung.

Unmittelbar dahinter lauern die pinken Panther von Racing Point. Sergio Perez nimmt sein Comeback nach der Corona-Zwangspause von P4 vor Teamkollege Lance Stroll in Angriff. Näher dran an Verstappen im Grid, nicht in Sachen Gap, folgt auf Platz sechs der zweite Red Bull von Alex Albon.

Die McLaren von Carlos Sainz und Lando Norris bilden geschlossen die vierte Startreihe, Charles Leclerc im Ferrari und Pierre Gasly im AlphaTauri komplettieren die Top-10. Unmittelbar dahinter startet Sebastian Vettel. Im Qualifying hatte der vierfache Weltmeister das Q3 um 0,002 Sekunden verpasst.

2. - S wie Start

Vettel ist somit auch der erste Fahrer, der über freie Reifenwahl im Startstint verfügt. Doch nutzt der Ferrari-Pilot das überhaupt, um auf Medium oder gar Hard zu setzen? Einen großen Vorteil glaubt der Deutsche daraus nicht ziehen zu können. „Ich denke nicht, dass der Vorteil groß sein wird und man ähnlich wie vor zwei Wochen ein Wunder aus der Tüte ziehen kann. Der weiche Reifen sollte auch im Renntrimm ganz gut sein“, sagt Vettel [vgl. 3. - S wie Strategie].

Das zeigt schon allein, dass im Q2 niemand überhaupt nur versuchte, mit dem Medium ins Q3 zu gelangen. Die Top-10 starten somit geschlossen auf Soft, auch Silverstone-Reifentaktiker Red Bull mit Verstappen. Das heißt für den Start: Von einem Traktionsvorteil durch weichere Reifen kann in Barcelona somit niemand zehren. 612,5 Meter sind es bis zur ersten Bremszone. Ein enorm wichtiger Sprint, lässt sich in Barcelona im späteren Rennverlauf nur mühsam überholen [vgl. 4. - S wie Stau].

Entscheidender als in Barcelona ist der Start fast nirgends, umso mehr riskieren die Piloten, Foto: LAT Images
Entscheidender als in Barcelona ist der Start fast nirgends, umso mehr riskieren die Piloten, Foto: LAT Images

Hat Mercedes dank überlegener Motorleistung deshalb schon Startsprint wie Rennen gewonnen? Seit 1991 kam der Sieger nur dreimal von außerhalb der ersten Startreihe. Von dieser Statistik wissen offenbar auch die Fahrer. „Der lange Weg bis zur ersten Kurve wird meine beste Gelegenheit sein und ich werde alles geben, um dort als Erster anzukommen.“

3. - S wie Strategie

"Der ist hier gut genug, um das Rennen darauf zu starten. Er bricht nicht sofort ein“, sagt Verstappen über den Soft-Reifen im Start-Stint. Aber gut genug, um eine Einstoppstrategie umzusetzen? Daniel Ricciardo hegt große Zweifel. ‚Cruisy’ werde das Rennen dann jedenfalls sicher nicht, so der Australier. Pirelli stimmt. Der Verschleiß werde heftig, erwartet Pirelli angesichts der hohen Temperaturen im spanischen Hochsommer und des rauen katalonischen Asphalts samt zahlreicher schneller Kurven

Deshalb sei eine Zweistoppstrategie in jedem Fall zu empfehlen, um die 66 Rennrunden in Barcelona schnell hinter sich zu bringen. Idealerweise geschehe das mit zwei Stints von je 19 Runden auf dem Soft mit einem Finale von 28 Runden Medium. Der Medium sei allerdings auch im Mittelstint denkbar, sodass der Schlussspurt auf Soft erfolgen könne.

4. - S wie Stau

Was der Strategie in Barcelona umso größere Bedeutung verleiht, ist das geradezu überholfeindliche Layout des Circuit de Barcelona-Catalunya. „Wir müssen morgen eher auf die Strategie hoffen und vertrauen“, weiß Ricciardo. Eine Sekunde betrage der nötige Pace-Überschuss pro Runde, um ein Überholmanöver lancieren zu können. „Außer es passieren Fehler oder jemand hat einen schlechten Exit aus der letzten Schikane“, sagt der Renault-Pilot.

Formel 1: Ist Verstappen wirklich Favorit gegen Mercedes? (12:14 Min.)

Mit anderen Worten heißt das: Der Spanien GP läuft einmal mehr Gefahr, ein Langweiler zu werden. „Ich denke, es wird eine ziemliche Prozession“, fürchtet Alex Albon. „Die meisten werden versuchen, ihre Stints auszudehnen.“ Heißt erstens: Nicht einmal über allzu frühe Stopps käme groß Bewegung ins Klassement. Zweitens reitet ein Fahrer erst recht keine Attacke wenn ihm sein Renningenieur mit dem Thema Reifenmanagement von Runde eins an in den Hörkanal kriecht. „Die meisten Manöver werden über Boxenstopps passieren“, prognostiziert Albon.

Einflussnahme durch ein Safety Car ist in Barcelona verhältnismäßig unwahrscheinlich. Die Fahrer kennen die Strecke durch unzählige Testfahrten wie ihre Westentasche. In den vergangenen fünf Jahren rückte Bernd Mayländer in Barcelona nur dreimal aus.

5. - S wie Silberpfeil-Sorgen

Die ganz große Langeweile könnte ein Faktor, auf den nach Silverstone II alle besonders gebannt starren, jedoch verhindern: Bekommt Mercedes wieder Probleme mit den Reifen? Bislang gab es in Barcelona dafür allerdings keine Anzeichen. "Wir hatten keine Probleme mit Blasenbildung", bekräftigte Bottas nach dem Qualifying nochmals die Aussagen nach den Trainings am Freitag.

Halten die Reifen bei Mercedes diesmal?, Foto: LAT Images
Halten die Reifen bei Mercedes diesmal?, Foto: LAT Images

Die wieder deutlich niedrigeren Reifendrücke samt der härteren Reifenmischungen reichen offenbar, um Mercedes zu retten, Hitze [vgl. 6. - S wie Sommerhitze] hin oder her.

6. - S wie Sommerhitze

Das hält Toto Wolff dennoch nicht von seinen berühmten mahnenden Worten ab. „Es soll hier genauso heiß werden wie am vergangenen Wochenende in Silverstone und wir haben ja gesehen, was dort passiert ist: der Red Bull war im Renntrimm klar das schnellste Auto“, erinnert der Mercedes-Motorsportchef. Mit der aktuellen Prognose von 27 Grad Celsius sieht es derzeit allerdings plötzlich nach einer zumindest leichten Abkühlung aus, gegenüber Silverstone als auch den ersten beiden Tagen in Spanien.

Viel Entspannung bringt das allerdings auch nicht, zumal es ohnehin mehr um die Streckentemperatur geht. „Beide Fahrer waren mit der Balance auf den Longruns zufrieden, aber bei rund 50°C Streckentemperatur ist es immer noch schwierig, die Reifentemperaturen in einem guten Fenster zu behalten“, weiß Mercedes Chefingenieur Andrew Shovlin. „Uns ist klar, dass es ein langes und heißes Rennen wird, aber wir werden heute Abend hart an der Strategie arbeiten, um zu verstehen, wie wir am meisten aus den Reifen herausholen und uns in die bestmögliche Ausgangsposition für das Rennen bringen können.“

7. - S wie Sieger

Nicht nur deshalb geht Toto Wolff davon aus, im Rennen erneut nicht über das schnellste Auto zu verfügen. „Angesichts der LongRuns am Freitag ist zu erwarten, dass sie [Red Bull] morgen die Messlatte legen werden. Deshalb müssen wir ein cleveres Rennen fahren und es von der Spitze kontrollieren, alles in dem Wissen, dass wir mit Verstappen wahrscheinlich das schnellste Auto hinter uns haben werden“, glaubt Wolff.

Mit Blick auf die Daten des Freitags lässt sich das zumindest im Ansatz bestätigen. Auf Augenhöhe sollte Red Bull im Renntrimm tatsächlich liegen. „Auf einer Runde sind wir besser als Red Bull, doch im Rennen sind sie auf Augenhöhe mit uns", bestätigt Hamilton. "Es wird ein harter Kampf mit Max."

Aber sogar schneller? Und falls ja, deutlich schneller? Zur Erinnerung: Ricciardo sprach von einem nötigen Delta von einer Sekunde, um überholen zu können. So sieht es auch Verstappen. „Die Balance im Longrun war gut, die Pace auch. Ich hoffe, ich kann Druck machen, aber Überholen ist hier schwierig. Ich gebe alles, um ihnen das Leben schwer zu machen“, sagt der Niederländer.

Immerhin: Von einem klaren Mercedes-Spaziergang geht inzwischen so gut wie niemand mehr aus. Nach dem dominanten Saisonstart schon Grund zur Vorfreude genug. Auch im für Perlenschnur-Prozessionen berühmten Barcelona.