2020 ist nicht das Jahr von Sebastian Vettel: Erst wurde der vierfache Formel-1-Weltmeister von seinem Herzensrennstall Ferrari ausgebootet, mit Saisonstart begann auch die sportliche Talfahrt. In der WM liegt Vettel nach fünf Rennen auf Rang 13 - nur einen Rang vor Nico Hülkenberg, der nur einen Grand Prix als Ersatzfahrer bei Racing Point fuhr.

Den sportlichen Tiefpunkt erlebte Vettel in Silverstone. Am ersten Wochenende holte er mit Rang zehn ein mageres Pünktchen, den Jubiläums GP beendete er auf Rang zwölf ohne zählbaren Erfolg. Besonders bitter: Teamkollege Charles Leclerc stand währenddessen sogar einmal auf dem Podium und holte im zweiten Anlauf aus eigener Kraft Platz vier.

An der Misere war Vettel zumindest nicht komplett alleine schuld: Am ersten Wochenende kam er aufgrund technischer Probleme kaum zum Fahren. Im 1. Freien Training gab es ein Problem am Ladeluftkühler, im 2. Freien Training musste die Pedalerie getauscht werden. Im Qualifying gab es anschließend die erwartete Klatsche gegen den Teamkollegen, die sich im Rennen fortsetzte.

Als es am zweiten Wochenende nicht besser wurde, mehrten sich die Fragen. "Das Gefühl war besser, die Pace hat das aber nicht gezeigt", berichtete Vettel. Im Rennen machte sich Vettel das Leben mit einem Dreher am Start selbst unnötig schwer, später klagte er auch noch über eine schlechte Strategie.

Wo verliert Vettel auf Leclerc?

Doch all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Vettel zu jeder Zeit deutlich Pace auf den Teamkollegen fehlte. Dabei machte er schon einen regelrecht verzweifelten Eindruck und passte seinen Fahrstil immer wieder an - ohne Erfolg.

Doch wo fehlte es genau? "Über eine Runde war das an diesem Wochenende etwas schwieriger zu beurteilen, weil wir etwas unterschiedliche Abtriebslevel am Auto hatten", sagte Vettel zu Motorsport-Magazin.com. "Die meisten Probleme hatte ich in langsamen und mittelschnellen Kurven. Das haben wir nicht hinbekommen. Aber der Zeitverlust auf eine Runde war ziemlich gleichmäßig."

Komplett schwarzsehen will der 33-Jährige aber nicht. "Es waren nur zwei Wochen", schränkt er ein. "Im ersten Rennen in Österreich gab es Probleme durch ein beschädigten Bremsensatz. Da hatte ich kein Gefühl im Rennen und im Qualifying. Das zweite Rennen dort war sehr kurz. Das Rennen in Ungarn war recht aufregend und dann sind wir schon hierhergekommen."

"Es waren nur zwei schlechte Wochen, aber an einem back-to-back Wochenende fühlt es sich lang an, wenn man keinen ordentlichen Fortschritt macht. Generell bin ich aber optimistisch", so Vettel.

Vettels Ratlosigkeit in Silverstone wirft aber Fragen auf: Ist der große Abstand zu Teamkollege Leclerc nur auf Fahrer-Seite zu suchen? Wenn ein vierfacher Weltmeister zwei Wochen lang alles versucht, aber schließlich noch immer eine halbe Sekunde langsamer fährt, scheint etwas nicht zu stimmen.

Ferrari Teamchef Binotto: Chassis-Wechsel für Vettel möglich

Ferrari baute den SF1000 mit der Startnummer fünf mehrmals um, tauschte aber nicht das Chassis. Das gesamte Auto ist rund um das Monocoque aufgebaut, wovon jeder Rennstall nur wenige Exemplare im Jahr baut. Ein Ersatz-Chassis ist in der Regel aber immer vor Ort.

Bekommt Vettel für den Spanien GP am kommenden Wochenende ein neues Chassis? "Das haben wir bislang nicht diskutiert, aber wir sind offen dafür", sagt Teamchef Mattia Binotto. "Wenn es etwas hilft, warum nicht? Was immer wir tun können ist wichtig. Ich überlasse es dem Fahrer und dem Team, darüber zu diskutieren."

Monocoques sind für viele Piloten eine sensible Angelegenheit. Auch wenn sie technisch identisch sind, können sie dem Fahrer ein anderes Gefühl vermitteln. Bei Karbon-Monocoques können schon kleinste Unregelmäßigkeiten beim Laminieren einen Unterschied machen.

Vettel genießt den Ruf, besonders sensibel beim Thema Chassis zu sein. Schon zu Red-Bull-Zeiten war das Monocoque oftmals Thema im Vettel-Lager.