So hatte sich Renault das zweite Silverstone-Rennen nach dem Samstag eigentlich nicht ganz vorgestellt. Nachdem er von Startplatz fünf aus losgefahren war und sich auf dicke Punkte ganz im Stil der Vorwoche Hoffnung gemacht hatte, geriet sein Rennen schnell aus den Fugen.

Reifenprobleme nach dem ersten Stopp warfen ihn zurück in die Fänge eines zweikampf-gierigen Mittelfeldes - und dort erlaubte sich der Australier einen seltenen Fehltritt und drehte sich aus dem Punktekampf. Während er die Untiefen des Klassements erkundete und schließlich mit gar drei Stopps 14. wurde, schaffte es allerdings Teamkollege Esteban Ocon mit Top-Strategie und Top-Leistung wieder auf den achten Platz.

Ricciardos "Vettel-Dreher" raubt letzte Chance

Angefangen hatte es für Ricciardo noch nicht allzu schlecht. Seinen fünften Platz verlor er am Start zwar an Lance Stroll, konnte dann aber dranbleiben: "Wir waren nicht unglaublich schnell, aber gut genug, um an den Racing Points dranzubleiben."

Doch nachdem Ricciardo in Runde 14 seine Start-Mediums für einen weiteren Medium-Reifensatz eintauschte, ging nichts mehr: "Der Satz hat nicht funktioniert, und bald darauf waren wir in Kämpfe verstrickt. Dann hatte ich diesen Dreher beim Versuch, mich gegen Carlos [Sainz] zu verteidigen." Als Sainz und Ricciardo nebeneinander durch die Rechts-Haarnadel Village im ersten Sektor kamen, verlor Ricciardo auf der Innenbahn beim Beschleunigen nämlich das Heck.

Zurück kam er auf Rang 16. "Ich habe tatsächlich mit Seb [Sebastian Vettel] bei den Medien-Interviews gesprochen", meint Ricciardo hinsichtlich des Drehers. "Scheint mir, als ob das in den letzten Jahren leider ein bisschen ein Seb-Spin ist. Du bist das Auto innen, und wenn du ans Gas gehst, verlierst du es. Ihm ist das gegen mich in Austin 2018 passiert. Mir selbst ist das glaube ich noch nie passiert."

Daniel Ricciardo drehte sich im Rennen in der Village-Kurve, Foto: LAT Images
Daniel Ricciardo drehte sich im Rennen in der Village-Kurve, Foto: LAT Images

"Sobald ich die Lenkung öffnete und aufs Gas ging, hat es sich gedreht", rekapituliert Ricciardo. "Ich glaube, wenn du so nahe an der Seite eines anderen Autos bist, verlierst du viel Abtrieb, der normalerweise von der Seite kommt. Und dieser schnelle Abtriebsverlust kann dich kalt erwischen."

Ricciardo bedauert falsche Renn-Strategie

"Das war ein bisschen Salz in der Wunde, da waren wir schon im Hintertreffen", meint Ricciardo allerdings. Die Medium-Medium-Hard-Strategie, auf die er abgezielt hatte, ging überhaupt nicht auf. Renaults Entscheidung, am Freitag einen der zwei Hard-Sätze im Training zu verheizen, schien sich wie von vielen erwartet nun tatsächlich zu rächen, denn alle Zwei-Stopp-Fahrer starteten entweder auf Hard, oder wechselten zwei mal auf Hard.

"Das hat uns womöglich geschadet", räumt Ricciardo nach dem Rennen ein. "Rückblickend hätten wir einen längeren ersten Stint fahren sollen, um dann auf dem Hard eine Ein-Stopp-Strategie zu versuchen. Die Reifen waren im ersten Stint auch okay, den hätte ich wohl in die Länge ziehen können. Mit nur einem Satz Hard war eine Ein-Stopp wohl besser, aber das sagt sich jetzt leicht."

Ocon zieht Ein-Stopp-Strategie in Silverstone durch

Ricciardos Mutmaßungen werden vom Ergebnis seines Teamkollegen unterstützt. Esteban Ocon fuhr zum Start 22 Runden auf dem Medium, acht mehr als Ricciardo. Dann steckte er auf seinen einzigen Hard-Satz um und fuhr das Rennen damit zu Ende. So verwandelte er seinen 14. Startplatz in einen achten Platz und holte vier WM-Punkte.

"Alles hat funktioniert, der Start, der Stopp, das Reifen-Management, ich hatte alle Infos", freut sich Ocon danach. "Es war nicht leicht, die Ein-Stopp war harte Arbeit, aber wir haben es geschafft. Diese Richtung ist nie einfach, aber es war auf jeden Fall richtig und hat sich ausgezahlt. Eine gute Trendwende nach gestern."