Daniel Ricciardo hat im Qualifying der Formel 1 zum Großen Preis zur Feier des 70. Geburtstags der Königsklasse die starke Form des Renault F1 Teams am Freitag bestätigt. Im Zeittraining auf dem ultraschnellen Silverstone Circuit qualifizierte sich der Australier auf Platz fünf. Für Teamkollege Esteban Ocon reichte es für weit weniger. Mit vier Zehntel Rückstand auf Ricciardo schied der Franzose als Elfter vorzeitig in Q2 aus - zuvor hatte sich Ocon bereits eine Strafversetzung in der Startaufstellung eingehandelt.

„Es war ziemlich mega, echt cool“, jubelte hingegen Ricciardo. „Nach dem Tag gestern gab es schon einen kleinen Hype. Nach dem Top-3-Ergebnis im zweiten Training waren uns allen schon etwas schwindelig. Heute aber ich die Top-3 nicht erwartet, dachte aber, dass wir nah herankommen können. Vielleicht Top-5 - und da sind wir jetzt auch.“

Ricciardo-Angst vor Wind verpufft

Zweifel, dass er die starke Freitagsform würde konservieren können, hegte Ricciardo vor allem wegen anderer Wetterverhältnisse am Samstag. „Der Wind hat heute einen 180er gemacht, das ändert die Balance komplett und es ist wie eine andere Strecke. Deshalb mussten die Dinge, die wir gestern gezeigt und gelernt haben, heute nicht mehr gelten“, schilderte Ricciardo.

Doch sie galten. „Es fühlte sich gut an. Ich habe heute auf jeder einzelnen Runde im Qualifying die Linie mit einem Gefühl der Befriedigung überquert“, schwärmte der Renault-Pilot. Ein Prozess, der sich im Lauf der Qualifikation, steigerte. Im Q1 fuhr Ricciardo noch mit Soft, danach setzte der Australier lieber auf den Medium - selbst bei beiden Runs Zeitenjagd im alles entscheidenden Q3.

Ricciardo erklärt Medium-Strategie sogar in Q3

„Der Plan war immer, im Q2 den Medium zu fahren, weil hier keiner auf Soft starten will. Und damit war ich im ersten Run dann gleich so acht Zehntel schneller als auf Soft in Q1, es fühlte sich sofort leichter an, das Auto war happy mit dem Medium und die Rundenzeit kam ohne Mühe zusammen - mit Soft musste ich da härter arbeiten“, erklärte Ricciardo, warum er auch danach weiter auf den gelb markierten Reifen setzte.

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„Ich war sicher, dass das Auto mit Medium besser funktioniert - und dann haben wir im ersten Q3-Versuch nochmal einen Batzen Zeit gefunden, da war es klar, dass das der beste Reifen für uns ist.“ Genau deshalb ist nun die Angst kleiner geworden, dass im Rennen ein Satz Hard fehlt. Als einziges Team verpulverte Renault bereits im Training am Freitag einer der beiden harten Sätze. Das hatte Red Bulls Dr. Helmut im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com bereits mit einer Spur Schadenfreude zur Kenntnis genommen.

Renault verballert Hard-Satz – Ricciardo: Hatte ein paar Fragen …

Ricciardo erging es am Freitagabend ähnlich. „Mir wurde das erst gestern Abend klar, dass wir das einzige Team waren, das den Hard aufgesteckt hatte und habe dann auch ein paar Fragen gestellt ...“, berichtete Ricciardo. „Auch wenn es zu spät war!“ Ein fataler Fehler? „Ich will nicht hier sitzen und sagen, dass wir es verbaselt haben. Hoffentlich nicht zumindest! Das würdest du nicht wollen, einfach so einen Satz zu verlieren“, sagte Ricciardo.

Mit dem guten Gefühl auf Medium macht sich Ricciardo nun allerdings weniger Sorgen um sein Rennen. „Für uns werden es dann eben zwei Medium-Sätze statt zwei Hard. Es sollte sowieso mit beiden Mischungen ein leichter Zweistopper sein“, sagte Ricciardo. Aber: „Es ist mehr die Frage, ob der Medium im Vergleich zum hier konkurrenzfähig ist. Denn wir haben letzte Woche gesehen, dass der Hard (vor einer Woche war das der Medium) hier gut funktioniert.“

Ricciardo nimmt Langhals Hülkenberg ins Visier

Den direkten Vergleich wird man gleich zu Rennbeginn sehen. Max Verstappen beginnt das Rennen neben Ricciardo auf P4 - mit harten Reifen. „Das sieht ganz gut für ihn aus, vielleicht könnte es aber auch nicht laufen“, hofft Ricciardo. Mit Verstappen mithalten zu können, erwartet der Australier allerdings nicht: „Der wird mehr Rennpace haben und ist vielleicht in einem eigenen Rennen.“

Stattdessen nimmt Ricciardo den Mann davor ins Visier: Qualifying-Sensation Nico Hülkenberg. „Der könnte das Ziel sein, weil er noch keine Renndistanz gefahren ist und auch das Auto noch kennenlernen muss. Und wenn Fans hier wären, könnte in Runde 20 oder so vielleicht einer seinen Kopf schnappen“, scherzte Ricciardo über Hülkenbergs arg strapazierten Nacken.

Formel 1 Silverstone: Esteban Ocon bestraft

Weit weniger gelöste Stimmung herrschte nach dem Qualifying bei Esteban Ocon. Nur P11, vier Zehntel und sechs Plätze hinter Ricciardo. Sechs Plätze, aus denen durch eine Strafe sogar neun Positionen in der Startaufstellung werden. Weil Ocon den Williams von George Russell im Q1 auf einer schnellen Runde aufgehalten hatte, muss der Franzose in der Startaufstellung drei Ränge zurück - und kassierte noch dazu einen Strafpunkt auf die Superlizenz.

„Das war nicht gut Mark, dafür könnten wir bestraft werden“, hatte Ocon bereits unmittelbar nach der Szene an seinen Renningenieur Mark Slade gefunkt. Renault hatte schlicht versäumt, Ocon über den schnellen Russell hinter ihm zu informieren, einzig vor dem davor befindlichen und langsamen Alfa Romeo von Antonio Giovinazzi gewarnt. „Die Strafe war einfach unglücklich, aber auch nicht gut gemanagt von unserer Seite“, haderte Ocon.

Ocon verteidigt Ricciardo-Rückstand: Auto war anders

Weit mehr als die Strafe trieb den Franzosen jedoch die Performance um. „Ich bin mit dem Ergebnis definitiv nicht zufrieden. Wir haben heute nicht die richtige Lösung für das Auto gefunden. Es besteht ein klarer Unterschied zwischen den Autos“, verteidigt Ocon die teaminterne Niederlage. „Es sind natürlich die gleichen Spezifikationen, aber wir müssen jetzt ansehen, was bei mir daneben ging und woher dieser Abstand kam.“

Generell sieht Ocon allerdings denselben Aufwärtstrend bei Renault wie Ricciardo, vor allem bei Highspeed. „Das fühlt sich echt klasse an. Es ist kein Mercedes, aber es ging Vollgas durch Kurve neun“, sagte Ricciardo. „Nur auf meiner Seite ging es eben nicht so schnell durch manche Kurven wir bei Daniel“, klagte Ocon.

„Ich habe auch nicht den Speed auf den Geraden und dann gibt es eben ein paar Dinge bei der Balance. Wir sind beim Setup sehr ähnlich, aber das Auto reagiert irgendwie anders. Wir müssen herausfinden warum, denn letzte Woche war es ja noch bei uns beiden gut.“ Im Rennen hofft der Franzose nun, sich noch in die Punkte zu retten. Ocon: „Wir sollten bessere Pace haben als die Autos um uns herum und ein paar Manöver setzen können.“