Auf dem Papier sollte Silverstone dem pinken Mercedes eigentlich liegen. Der Großbritannien GP war in der Vergangenheit immer Mercedes-Land, also sollte auch die Kopie von Racing Point hier gut funktionieren. "Wir gingen selbst davon aus, dass wir hier so konkurrenzfähig wie in Ungarn sein würden", gesteht Technikchef Andrew Green schonungslos.

Auf dem langsamen Hungaroring qualifizierten sich Lance Stroll und Sergio Perez noch auf den Rängen drei und vier. In Silverstone kam Stroll nicht über Startplatz sechs hinaus, Perez-Ersatz Nico Hülkenberg qualifizierte sich auf Rang 13.

Dabei machte Racing Point am Freitag noch einen bärenstarken Eindruck, Stroll fuhr sogar Tagesbestzeit. "Im Debrief haben wir uns genau das gefragt: Warum haben wir über Nacht relativ Performance verloren?", so Green zu Motorsport-Magazin.com.

"Beide Fahrer dachten, dass sie die Pace im Auto hatten. Aber sobald sie damit begannen, zu pushen, war die Pace nicht da", wundert sich Green. Während am Freitag noch tropische Hitze in England herrschte, erlebte die Formel 1 am Samstag einen Temperatursturz um 15 Grad Celsius. "Das war wahrscheinlich ein großer Faktor", glaubt der Ingenieur.

Fragezeichen Mercedes-Motor: Leistung richtig abgegeben?

Gut für Racing Point: Im Rennen und am kommenden Wochenende sollte es reichlich Zeit geben, die Wahrheit herauszufinden. "Aber da werden wohl wieder andere Bedingungen sein, wir müssen das schon selbst aussortieren", mahnt Green.

Ein Faktor schien außerhalb Racing Points Kontrolle gelegen zu haben: Der Motor, wie Green verriet: "Die Leistungsabgabe der Power Unit ist ein Fragezeichen, wir wissen nicht, ob wir die Leistung richtig genutzt haben."

Mit Platz 13 für Hülkenberg kann der Technik-Chef noch gut leben. "Es war erst sein zweiter Tag und er ist nicht viele Runden gefahren. Er hat einen großartigen Job gemacht. Aber bei Lance hatten wir definitiv etwas mehr erwartet. Wir haben über Nacht relative Pace verloren und definitiv heute underperformt", wiederholt der Technik-Boss.

Racing Point wird zur Diva: Arbeitsfenster klein

Silverstone ist nicht das erste Wochenende, an dem Racing Point nicht das Maximum herausholt. Schon bei den ersten drei Rennen schien mehr Performance im RP20 zu stecken, als es die Ergebnisse am Ende zeigten. "Wir haben ein paar Fehler gemacht in diesen Rennen", gesteht Green.

Die Mercedes-Probleme der vergangenen Jahre sind nun auch bei Racing Point angekommen. Auch der pinke Mercedes gibt sich das ein oder andere Mal divenhaft: "Wir konnten das Potential des Autos immer wieder aufblitzen sehen, aber es ist schwierig, es auf dem Höhepunkt zu halten. Genau das ist unser Problem."

Für Green ist das aber keine Überraschung: "Wir haben ein ganz neues Autokonzept, bei dem wir in eine ganz andere Richtung gegangen sind als mit dem letztjährigen Auto. Dazu hatten wir nur diese paar Testtage im kalten Barcelona. Deshalb lernen wir noch immer."

Immerhin: Als einer von nur fünf Piloten konnte sich Stroll im Q2 auf den Medium-Reifen qualifizieren. Die Qualifikation hing am seidenen Faden: Der Kanadier war am Ende zeitgleich mit Pierre Gasly, der auf Rang elf ausschied.

Der Medium-Reifen sollte ihm im ersten Stint zumindest einen deutlich Vorteil gegenüber Lando Norris bringen, der direkt vor ihm auf Soft starten muss. Gegen Hamilton, Bottas, Verstappen und Leclerc auf den ersten vier Plätzen könnte es schwierig werden: Wie Stroll fahren auch sie auf Medium los.