Als Sebastian Vettel noch während der Corona-Pause von Teamchef Mattia Binotto darüber informiert wurde, dass sein Vertrag bei Ferrari nicht verlängert wird, staunte der Deutsche zunächst nicht schlecht. Eigentlich war Vettel davon ausgegangen, weiterhin die erste Wahl bei der Scuderia zu sein.

Doch nach den ersten Rennen der Saison 2020 dürfte sich die Enttäuschung gelegt haben. Der Ferrari SF1000 hat sich in Österreich und Ungarn als Mittelfeld-Auto erwiesen. Ferrari ist in der Krise, an schnelle Erfolge glaubt nicht einmal Präsident John Elkann, der erst kürzlich Geduld von den Tifosi forderte.

Vettel froh über Ferrari-Aus?

Ist Vettel angesichts dessen inzwischen vielleicht sogar froh über die zunächst unfreiwillige Trennung? Sichtlich amüsiert über die Frage antwortet Vettel am Donnerstag vor dem ersten Rennen in Silverstone leicht schmunzelnd: "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."

"Ich fühle mit dem Team, von dem ich noch Teil bin", fügte Vettel an. "Jeder arbeitet hier sehr hart, damit Ferrari gewinnt. Es ist ein echt hartes Jahr für das Team. Ich habe schon Erfahrung mit Jahren, die nicht so gut waren. Für Charles ist es etwas anderes, er kannte bislang nur die Höhen. Für ihn ist es das erste Tief. Ich wünsche dem Team alles Gute, aber nach diesem Jahr wird es für mich irrelevant sein - mal sehen, wo ich landen werde."

Nach einem untröstlichen Vettel hört sich das nicht an. "Ich war zunächst überrascht, aber ich bin erwachsen genug, dass ich nichts bereue und auch nicht zurückblicke", so der 33-Jährige. "Ich blicke nach vorne und sehe aufregende Zeiten, ich sehe es als Herausforderung. Wie auch immer die Aufgabe aussehen wird, ich werde sie annehmen."

Rücktritt? Vettel hat noch was zu bieten

Wie sehen die möglichen Aufgaben aus? Vettel will sich noch immer nicht in die Karten blicken lassen. Fahren will er aber offensichtlich weiterhin: "Ich kann noch viel zeigen. Physisch und fahrerisch bin ich nicht schlechter als in den Jahren zuvor in der Formel 1. Ich fühle mich gut und ich kann noch einiges geben. Es hängt davon ab, wie die Optionen sind."

Als wahrscheinlichste Option gilt noch immer Racing Point, das 2021 zu Aston Martin wird. Mit einer schnellen Entscheidung ist aber nicht zu rechnen. "Gut Ding braucht Weile", stellt Vettel klar. "Es bringt nichts, die Dinge zu übereilen. Ich will sicherstellen, dass ich die richtig Entscheidung für mich treffe."

Eile hat Vettel tatsächlich nicht: Die Cockpits, die für den Deutschen derzeit in Frage kämen, sind ohnehin vergeben. Lance Stroll und Sergio Perez haben beide Verträge bei Racing Point. Der Rennstall müsste einen der beiden aus dem Vertrag kaufen.

Wartet Vettel auf Red Bull?

Ralf Schumacher brachte zuletzt bei Sky auch Alpha Tauri ins Spiel. Dr. Helmut Marko hatte ein Vettel-Comeback bei Red Bull bereits mehrfach entschieden zurückgewiesen. Schumacher ist ein enger Vertrauter von Teamchef Franz Tost. Möglicherweise sind die Vermutungen nicht ganz aus der Luft gegriffen.

In Wahrheit schielt Vettel aber wohl auf das Cockpit bei Red Bull, das derzeit von Alexander Albon okkupiert wird. Der Thailänder erhielt von Red Bull schon so etwas wie eine Jobgarantie. Wie viel die wert sein kann, zeigte im vergangenen Jahr der Fall Pierre Gasly. Wenn Albon weiterhin so weit hinter Max Verstappen herhinkt, werden die Argumente irgendwann weniger. Möglicherweise spielt die Zeit Vettel hier in die Karten.

"Man muss realistischerweise geduldig sein und warten. Ein paar Wochen oder auch länger", so Vettel. "Die Zeit wird es zeigen. In den letzten Wochen hat sich nichts geändert. Ich habe keine Eile."