Kurven waren im vergangenen Jahr nicht gerade Ferraris Stärke. Auf langsamen Kursen hatte die Scuderia deshalb oftmals ihre Probleme, während Sebastian Vettel und Charles Leclerc auf Highspeed-Strecken wie Spa und Monza unschlagbar waren. Genau deshalb wollten die Ingenieure in Maranello den Formel-1-Boliden der Saison 2020 zum Alleskönner umfunktionieren.

Doch spätestens seit dem Ungarn GP steht fest: Der SF1000 kann weder Geraden, noch Kurven. Dass der neue Ferrari auf den Geraden verlor, weil der Motor schwächer wurde, war ein offenes Geheimnis. In Ungarn bestätigte Teamchef Mattia Binotto das sogar öffentlich.

Doch auch auf dem Hungaroring, der langsamsten Strecke im diesjährigen Formel-1-Kalender, war Ferrari chancenlos. Im Qualifying retteten sich Vettel und Leclerc noch auf die Ränge fünf und sechs, im Rennen ging es für beide nach hinten. Als Höchststrafe gab es die Überrundung von Rennsieger Lewis Hamilton.

Binotto gibt zu: Noch schlechter als erwartet

"Nach den drei Rennen ist klar, dass wir schlechter als erwartet sind", gesteht Binotto schonungslos. Dabei waren schon die Erwartungen nach den Testfahrten nicht besonders hoch. Deshalb fordert er jetzt: "Wir müssen unverzüglich darauf reagieren! Das gesamte Projekt muss überdacht werden."

Allerdings ist das nicht so einfach: Bei der Aerodynamik dürfen die Ingenieure jederzeit nachlegen, fast das gesamte restliche Auto aber ist eingefroren. Selbst beim Motor, der neuen Schwachstelle, darf Ferrari nur an der Batterie und der MGU-K nachlegen.

"Das macht es sicherlich schwieriger, als hätten wir komplette Freiheit", weiß auch Binotto. Aber der Italiener mit Schweizer Wurzeln hat noch ein anderes Problem: "Wir müssen erst einmal vollständig verstehen, warum wir so langsam sind."

Die Schonfrist für seine Mannschaft ist nun vorbei. Nahm Binotto seine Ingenieure bislang immer in Schutz und erklärte, man müsse mit einem jungen Team Geduld haben, schlägt er nun andere Töne an: "Ich weiß, dass es in der Formel 1 keine Wunder gibt, aber wir müssen jetzt einen Gang höherschalten, um die Dinge zu ändern - kurz und langfristig."

Ferrari strukturiert um: Entlassungen nötig?

"Dabei kann es auch notwendig sein, sich unsere Organisation anzusehen, um unsere Arbeitsmethoden zu verbessern und zu stärken, wo es am dringendsten nötig ist", so Binotto weiter. "Aber zuerst müssen wir - als Team - die Dynamiken verstehen, die uns in diese Situation gebracht haben."

Deutet der Ferrari Teamchef damit Rauswürfe an? "Man macht das Auto nicht schneller, indem man Leute rausschmeißt", stellt Binotto klar, der für sein Unterfangen Geduld fordert: "Wir befinden uns auf einem langen Weg, um wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren. Es wird eine Weile dauern, aber das ganze Unternehmen versteht das und unterstützt diese Vision."

Aber wie lange müssen die Tifosi warten, bis Ferrari wieder aus eigener Kraft zumindest um Podium kämpft? "Das wird lange dauern", wirbt Binotto erneut um Geduld. "Es ist nicht etwas, das du in wenigen Wochen lösen kannst. Ich glaube, dass Geduld nötig ist. Da gibt es keinen einfachen Trick, wir müssen alle Bereiche verbessern. Es wird Zeit brauchen. Wie lange genau, das kann ich nicht sagen."

Die kompakte Formel-1-Saison 2020 kommt Ferrari dabei nicht entgegen: Die ersten zehn Rennen finden binnen 13 Wochen statt. Auch danach wird es aller Voraussicht nach mit Tiple-Headern sportlich kompakt weitergehen.