Lewis Hamilton und Mercedes haben im Qualifying der Formel 1 zum Ungarn GP 2020 die Konkurrenz einmal mehr demoralisiert. Mit einem neuen Streckenrekord von 1:13.447 Minuten verbesserte Hamilton mit seiner Pole-Runde nicht nur die bisherige Bestmarke aus dem Vorjahr um mehr als eine Sekunde, sondern war auch fast eine Sekunde schneller als der erste Nicht-Mercedes - Lance Stroll auf P3 fehlten 0,930 Sekunden auf den Weltmeister.

Einzig Valtteri Bottas hielt mit seinem Teamkollegen Schritt. Am Ende kam der Finne Hamilton mit einem Abstand von nur 0,107 Sekunden sogar bedrohlich nahe. Doch die Hamilton Vorgabe hielt. Siebte Pole in Ungarn, so viele hatte zuvor nur Michael Schumacher geschafft. Noch dazu die insgesamt 90. Pole seiner Formel-1-Karriere. Am Sonntag kann Hamilton zudem Schumachers Rekord der meisten Siege auf einer Strecke (acht, in Magny-Cours) egalisieren.

Lewis Hamilton: 90 Formel-1-Poles sind surreal

Kurzum: eine irre Erfolgsbilanz - mit scheinbar nicht enden wollendem Potenzial nach oben. Da muss auch Hamilton erst einmal durchatmen. „Ich mich muss erstmal selbst kneifen, ich habe es noch gar nicht realisiert“, sagte Hamilton nach dem Qualifying. „90 Poles zu haben, wirkt sehr surreal. Als ich in die Boxengassen gefahren bin und die 90 gesehen habe, hatte ich schon vergessen, dass ich überhaupt die 89 hatte.“

Kein Wunder, bei derart vielen Pole Positions kann man eben schon einmal den Überblick verlieren. Deshalb will Hamilton die Qualität seiner Runde in Ungarn auch nicht mit seinen vorherigen 89 vergleichen. Nur zur neuerlichen Hammertime für sich äußerte sich der Brite. „Die Runde fühlte sich großartig an, wie generell das ganze Qualifying. Echt solide. Es hat heute echt gut gepasst, fast wie auf Schienen. Das Team hat einen unglaublichen Job gemacht“, schwärmte Hamilton und ließ, „ziemlich demütig“, so der Brite, eine weitere Jubelarie auf sein Mercedes-Team folgen.

Hamilton: Bottas verlangt mir Perfektion ab

Ein einfaches Unterfangen sei die Pole jedoch nicht gewesen. „Valtteri hat es mir überhaupt nicht leicht gemacht und viel Druck gemacht“, erinnerte Hamilton. „Es erfordert absolute Perfektion, diese Runden zu fahren und wenn ein Qualifying so ist, dann ist es einer dieser Dinge, die ich am meisten genieße.“ Nötig war die Perfektion angesichts des kleinen Vorsprungs auf Bottas tatsächlich.

Weniger Gegenwehr - oder besser gesagt keine Gegenwehr - kam dagegen von Red Bull. Die hatte Hamilton in Ungarn eigentlich ganz weit oben auf dem Zettel. Als er von seinem Vorsprung von 1,4 Sekunden auf Max Verstappen erfuhr, war Hamilton völlig baff. „Das wusste ich gar nicht. Das ist ein echt großer Rückstand, so weit weg habe ich sie dieses Wochenende auf keinen Fall erwartet“, sagte Hamilton voller Erstaunen.

Hamilton verblüfft von Red Bull: So weit weg?

„Denkt nur an ihre Pace hier im vergangenen Jahr. Und es ist keine Power-Strecke, es geht mehr um mechanischen Grip und das Aero-Paket. Da hätte ich gedacht, dass sie ein besseres Paket haben würden, als das Ergebnis heute zeigt. Vielleicht haben sie keine sauberen Runden erwischt, ich weiß es nicht.“

Für Alex Albon auf P13 mag das zutreffen, zumindest laut seiner Funksprüche war das offensichtlich. Für Max Verstappen nicht - Red Bull war trotz einer kompletten Setup-Änderung über Nacht ein Schatten seiner selbst, verlor auch gegen Ferrari. An einen Sieg über Mercedes war nicht im Ansatz zu denken. Für Red Bull nicht und für niemanden. Doch was genau macht den W11 so stark - auch so viel besser als seinen eigenen Vorgänger?

Wo der Mercedes W11 seinen Vorgänger erblassen lässt

„Der größte Unterschied ist bei Highspeed. Kurve vier, Kurve neun und besonders Kurve elf. Aber es ist überall ein bisschen, die Effizienz unseres Autos ist in den mittelschnellen und langsamen Kurven definitiv auch besser als vergangenes Jahr. Aber der Highspeed ist eben ganz besonders, da geht so viel mit Vollgas“, erklärte Hamilton.

Bottas war damit sein einziger Gegner. Ein Gegner, der Hamilton inzwischen fast zu reichen scheint. In den Vorjahren pochte der Brite immer darauf, gegen andere Teams zu kämpfen. Gegen Ferrari. Gegen Red Bull. Teaminterne Duelle seien nicht dasselbe. Auch, weil Valtteri Bottas ihm längst nicht alles abverlangte? Möglich. Inzwischen ist das aber zunehmend der Fall, meint Hamilton.

„Jedes Mal, wenn du ins Qualifying gehst, musst du die Latte höher legen. Valtteri wird von Jahr zu Jahr stärker, und macht mir die Herausforderung härter. Ich muss fokussiert bleiben und damit weiter machen, die besten Runden rauszuhauen, die ich abliefern kann, um vor ihm zu bleiben“, sagte Hamilton.

Das gelte nun auch für das Rennen. „Ungarn ist ein gutes Jagdgebiet für mich“, so Hamilton über seine bereits sieben Siege auf dem Hungaroring. „Aber mir ist aber auch klar, dass das Qualifying hier nicht alles ist. Es ist ein langer Weg bis Kurve eins.“