Lando Norris und Carlos Sainz machen zum Start der Formel-1-Saison 2020 nicht nur neben der Strecke Spaß, sondern auch darauf. Verstecken musste sich das McLaren-Duo dort schon 2019 nicht, doch in dieser Saison geht sportlich bis dato erst so richtig die Post ab. Nach zwei dritten Startplätzen und einem Podium rangiert das Team in der WM-Wertung auf Platz zwei, sogar vor Red Bull. Norris liegt in der Fahrerwertung an dritter Stelle.

Für die beiden McLaren-Fahrer geht es jetzt also um Einiges. Sainz und Norris sind in einer Position angekommen, in der sie echte Highlights setzen können, nicht ‚nur’ um Ruhm und Ehre in der zweiten Liga der Formel 1, dem Mittelfeld, fahren. Damit einher geht natürlich die Frage: Wird das Konkurrenzdenken beim mit Abstand größten Gute-Laune-Duo der Formel 1 jetzt größer? Besteht sogar die Gefahr teaminterner Konflikte?

McLaren erlaubt Sainz & Norris Racing gegeneinander

Für diesen Fall wäre McLaren jedenfalls gewappnet. „Wir haben klare Verhaltensregeln. Es darf keinen Kontakt zwischen Autos von McLaren geben“, berichtete Teamchef Andreas Seidl am Freitag in Spielberg über die Basis allen Geschehens auf der Strecke. Unter dieser Prämisse lässt McLaren Norris und Sainz agieren, wie sie wollen.

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Seidl: „Wir lassen sie frei fahren und schreiten da als Team nicht ein. Es sei denn, es gibt einen klaren Anlass für einen Positionstausch, etwa verschiedene Strategien oder eine unterschiedliche Performance des Autos.“ Genau dazu kam es gleich im Rennen am Sonntag. Und es funktionierte. Sainz ließ Norris passieren, um seinem schnelleren Teamkollegen die Chance zu geben, vorne anzugreifen - mit Erfolg.

Norris & Sainz: Teamplay im zweiten Rennen in Österreich

„Das war großartiges Teamwork zwischen den beiden Fahrern. Sie haben auf der Strecke getauscht, als es nötig war“, lobte Seidl. Im ersten Rennen in Österreich lag die Sache noch etwas anders - da befanden sich beide McLaren in keiner so unterschiedlichen Rennsituation wie im zweiten Rennen. Hier ging es auch gegeneinander. Späne flogen jedoch nicht. Seidl konnte aufatmen.

Dass es teamintern früher oder später einmal knallen kann, damit müsse er allerdings rechnen. „Ich bin nicht naiv, es kann mal zu einer Berührung kommen. Wenn ich mich im Paddock umschaue, dann gab es in den vergangenen 30 Jahren irgendwann immer einen Crash, wenn du freies Racing erlaubt hast“, sagte Seidl. „Ich hoffe, wir können das vermeiden.“

Seidl: Fahrer müssen Fehler machen dürfen

Geschehen könne es allerdings - und in einem gewissen Maß müsse den Fahrern auch Raum für Fehler zugestanden werden, so der Teamchef. „Ich halte das für wichtig, gerade zu Saisonbeginn. Denn das stellt sicher, dass die Jungs ihr Maximum bringen. Du musst ihnen erlauben, dass auch mal Fehler passieren können, denn sonst können sie nicht an ihrem Limit abliefern“, erklärte Seidl. Fahrer seien eben sehr vom Konkurrenzdenken getrieben. Seidl: „Das müssen sie auch und es ist sehr klar, dass sie sehr große Egos haben.“

Doch an einem Punkt ist für den Bayern Schluss mit lustig. Wenn der Fehler kein Fehler bleibt - wie etwa bei Charles Leclercs Kollision mit Sebastian Vettel am Start des Steiermark GP -, sondern der mögliche Team-Clash nur durch eben jenes Ego ausgelöst wird - wie bei Leclerc und Vettel in Brasilien 2019 etwa [Vergleiche redaktionell gewählt, nicht von Seidl; Anm. d. Redaktion].

Fahrer-Ego McLaren im Weg? Für Seidl ein persönlicher Angriff

Hier wird Seidl deutlich: „Gleichzeitig muss immer klar sein, dass wir alle für McLaren und für das Team hier sind. Sobald das Ego eines Fahrers dem Interesse des Teams im Weg ist, würde ich es persönlich nehmen. Ich sehe das dann auch als persönliche Attacke auf mich! Dann müssten wir weiterschauen.“ Dass es soweit kommen wird, glaubt Seidl nicht: „Ich habe großes Vertrauen in diese beiden Jungs.“