George Russell hat beim Steiermark GP in Spielberg trotz einer bislang mit Abstand besten Ausgangslage seine ersten Punkte in der Formel 1 deutlich verpasst. Beim zweiten Rennen in Österreich reichte es für den Williams-Piloten vom elften Startplatz nur zu Rang 16 und damit zum vorletzten Platz. Einzig Teamkollege Nicholas Latifi sah die Zielflagge später.

Wieso ging es derart weit nach hinten? Immerhin hatte Russell nach dem Qualifying sogar eher nach vorne geblickt und davon gesprochen, seine Position mindestens halten, sogar nach Punkten greifen zu wollen? Das ist relativ simpel erklärt: Abseits der internationalen TV-Bilder verwachste Russell beim Re-Start nach dem Safety Car durch den Ferrari-Crash zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc in Runde vier komplett.

Russell patzt beim Re-Start: Kiesbett statt Top-10

Genauer gesagt: In Kurve sechs rutschte Russell auf Platz zwölf liegend von der Strecke, rodelte durchs Kiesbett und fiel auf einen einsamen letzten Platz zurück. Ein äußerst seltener Fahrfehler des Briten - und ein Fahrfehler war es, wie Russell nach dem Rennen unumwunden gestand.

„Ich hatte Lando und Stroll vor mir und dann aus Kurve drei raus die Innenlinie. Außen kam dann aber Kevin und ist auf der Bremse in Kurve vier vorbeigezogen, dann aber weit gegangen. Ich bin dann innen geblieben [in Kurve fünf] und wollte ihn dann außen in Kurve sechs wieder kassieren. Aber da bin ich zu weit raus, von der Linie abgekommen und dort war dann kein Grip mehr“, berichtete Russell. „Kompletter Fahrfehler. Dafür muss ich voll und ganz die Hand heben. Ich kann mich nur beim Team entschuldigen. Das war nicht gut.“

Russell: Darum hat Williams bei der Rennpace Probleme

Zwar kämpfte sich Russell im Rennverlauf wieder vorbei an Teamkollege Latifi, mehr war für den Briten jedoch nicht mehr drin - jedoch nicht wegen nur des Rückstands, auch sein Bolide war durch den Ausritt nicht in Mitleidenschaft gezogen. Vielmehr habe Williams ein Problem mit der Rennpace, so Russell. „Es war ein sehr schwieriges Rennen, verglichen mit unserem Qualifying-Speed hat uns doch enorm viel Pace gefehlt“, sagte der Brite.

Das sei bereits in der Vorwoche der Fall gewesen. Den Grund dafür hat Williams bereits klar identifiziert - ‚nur’ die Lösung fehlt. „Wir haben großen Probleme, wenn wir hinter anderen Autos herfahren. Da reagiert das Auto sehr sensibel, was die Aero angeht“, erklärte Russell. „In sauberer Luft fühlt sich das Auto gut an, aber sobald wir eine oder zwei Sekunden hinter einem anderen Auto herfahren, haben wir heftig zu kämpfen.“

Russell adelt Mercedes-Power

Damit nicht genug. Die bessere Form im Qualifying sei auch auf einen enormen Fortschritt bei den Mercedes-Motoren zurückzuführen. „Mercedes hat gegenüber vergangenem Jahr eine große Verbesserung der Quali-Modi vorgenommen, was uns hilft“, sagte der Mercedes-Junior. „Besonders im Vergleich mit Haas und Alfa, die vonseiten der Ferrari-Power Unit einen Schritt zurück gemacht haben.“

Die Qualifying-Stärke und gleichzeitige Renn-Schwäche habe Williams überrascht. „Wir dachten, es sei andersherum“, sagte Russell. „Und heute habe ich dann auch noch Mist gebaut. Aber mit unserer heutigen Pace wären wir wohl auch ohne meinen Ausritt da gelandet, wo wir angekommen sind. Ich hoffe, dass unsere Aero-Abteilung es jetzt schafft, diese Probleme zu lösen, sodass wir beim Hinterherfahren eine stabilere Plattform haben.“

Dirty Air & Co: Russell muss Mittelfeld-Kampf neu lernen

Gleichzeitig müsse er auch an sich selbst arbeiten. Nach der dauerhaften Hinterherfahrerei im Vorjahr muss sich Russell im 2020 deutlich besseren Williams erst wieder an direkte Duelle und die Besonderheiten des Mittelfelds gewöhnen. „Ich hatte im vergangenen Jahr einen Mangel an Kämpfen, aber das ist alles andere als eine Entschuldigung“, sagte Russell, nun noch einmal über seine Fehleinschätzung bei seinem Ausritt.

„Aber ich war heute wieder mal im Mittelfeld unterwegs, das hatte ich letztes Jahr kein einziges Mal. Ich musst erst wieder lernen, wie es ist, wenn viele Autos vor dir fahren und du deshalb Abtrieb verlierst“, schilderte Russell. „Da muss ich Erfahrungen sammeln. Um dazu lernen, musst du eben Fehler machen.“