Valtteri Bottas ist nach dem zweiten Formel-1-Rennen in Österreich 2020 unentschlossen: Soll sich der Auftaktsieger nach Startplatz vier und einem harten Duell mit Max Verstappen über seinen zweiten Platz beim Steiermark GP freuen? Oder eher ärgern, sieben Punkte auf Rennsieger und Mercedes-Kollege Lewis Hamilton eingebüßt zu haben?

"Wenn Lewis von der Pole einen guten Start hat und das Rennen kontrolliert, dann kann man nicht viel machen“, sagte der Finne nach dem Rennen in Spielberg. Mit seinem Sonntag war Bottas also weitgehend zufrieden. Der Ärger geht auf sein Qualifying am Samstag zurück. Bottas: „Für mich war es heute, vom vierten Startplatz, Schadenbegrenzung.“

Bottas hadert mit Qualifying: Muss selbst in den Spiegel schauen

Undankbar will der Finne nicht klingen. „Es sind noch immer gute Punkte, ich führe noch [mit sechs Punkten vor Hamilton in der WM-Tabelle], also ist es nicht allzu schlecht. Aber gestern war nicht ideal. Deshalb konnte ich heute keine 25 Punkte holen“, haderte Bottas. "Da haben ein paar Dinge die Performance beeinträchtigt. Aber auch meine Runde war nicht ganz sauber, zumindest Platz zwei hätte ich schon holen müssen. Da muss ich auch selbst in den Spiegel schauen."

„Es hätte besser sein können, aber für die ersten beiden Rennen nicht schlecht“, sagte der WM-Führende, am Ende doch versöhnt mit dem Doubleheader in Österreich zum Saisonstart. "Aber ich bin nicht 100 Prozent happy - weil ich nicht gewonnen habe. So ist das eben", ergänze Bottas jedoch. Auch - oder gerade - weil sein Mercedes im Rennen wieder großartig gewesen sei. "Es hätte ein guter Kampf mit Lewis werden können", klagte Bottas erneut über seinen Samstag. "Aber von P4 haben ich und das Team heute echt das Maximum herausgeholt."

Fünf Runden hinter Sainz kosten Bottas Zeit

Der zweite Grand Prix auf dem Red Bull Ring, das Qualifying beiseite gelassen, lief für Bottas tatsächlich erfolgreich. Den größten Makel gab es gleich zu Beginn. Bottas brauchte bis Runde sechs, um sich am McLaren von Carlos Sainz vorbeizuschieben. Da war Hamilton an der Spitze bereits sechs Sekunden davongezogen.

Danach begannen die strategischen Spielereien. Zunächst stoppte unmittelbar vor Bottas Verstappen - um einem Undercut des Finnen zuvorzukommen. Mercedes reagierte zwei Runden später mit Hamilton, während Bottas den ersten Stint strecken sollte. Erst acht Runden nach Verstappen kam der zweite Mercedes zum Reifenwechsel für frische Medium.

Mercedes dehnt Bottas' ersten Stint aus

Eine Strategie, deren Aussichten am seidenen Faden hingen - ein Überholmanöver gegen Verstappen ist auch mit einem am Ende derartigen Reifenvorteil ein regelrechtes Hexenwerk. „Wir haben versucht mit Valtteri lang zu fahren, was am Ende vielleicht nicht richtig war, aber es hat trotzdem gereicht“, sagte Toto Wolff im ORF. „Man hat gewusst, dass Max das mit dem Messer zwischen den Zähnen verteidigen würde. Aber Valtteri hat es clever gemacht.“

Auch, weil Bottas an diesem Sonntag bis zum Schluss unersättlich blieb – und mit dem Mercedes W11 über das eindeutig schnellere Auto verfügte. Zum ersten Mal griff er Verstappen in Runde 66 vor Kurve vier an, war im Grunde schon vorbei, ehe Verstappen beim Herausbeschleunigen stark konterte, die noch minimal geöffnete Tür nutze. Schon eine Runde später war der Niederländer allerdings reif. Diesmal warf Bottas die Tür in Kurve vier entschlossen zu, keine Chance mehr für Verstappen.

Bottas ringt Verstappen im Zweikampf nieder

„Es war ein guter Kampf mit ihm. Ich hatte am Ende etwas mehr Pace als er, weil wir den ersten Stint ausgedehnt haben. So enges Racing macht immer richtig Spaß“, sagte Bottas. „Ich war einfach etwas zu langsam“, sagte Verstappen. „Als Valtteri versucht hat, zu überholen, habe ich versucht, es ihm schwierig zu machen, aber ich wusste, dass er vorbeikommen würde. Immerhin hat es Spaß gemacht.“

Ein spaßiges Duell, aber auch ein sehr brenzliges. Wolff bei RTL: „Mit Valtteri war es am Ende schon knapp. Verstappen hat sich den Frontflügel beschädigt und ich dann nochmal reingekommen.“ Die in Bottas‘ Augen nur betriebene Schadenbegrenzung für den Finnen, sieht der Motorsportchef etwas anders. Wolff: „Die Punkte werden irgendwann wichtig sein, aber für eine Aussage über die Meisterschaft ist es noch viel zu früh.“

Bottas sieht WM-Chance: Kein Grund für Selbstzweifel

Bottas selbst fühlt sich für das WM-Duell mit Hamilton jedenfalls mehr als bereit. "Ich habe keinen Grund, an mir zu zweifeln. Ich habe über die Jahre die richtigen Mittel gefunden, um in mich selbst zu vertrauen. Ich habe keinen Grund, an meinen Fähigkeiten zu zweifeln", sagte Bottas. "Ich weiß - auch nach letztem Wochenende - was ich draufhabe. Ich habe mich fahrerisch nach letztem Jahr auch nochmal verbessert. Und ich lasse mich nicht mehr von einzelnen Wochenenden herunterziehen.“