Monate sind vergangen, seit die FIA in den letzten Minuten der Formel-1-Wintertests einen geheimen Deal mit Ferrari verkündet hatte. In zwei knappen Absätzen hatten die Regelhüter lediglich angegeben, dass man Ferraris Motoren nach den Verdächtigungen um Regelverstöße während der Saison 2019 untersucht habe. Hinter verschlossenen Türen war man dann zu einer Übereinkunft gekommen.

Keinerlei Details wurden geliefert, auch an die anderen F1-Teams nicht. Dass Ferrari die Unterstützung beim Entwickeln neuer Überwachungssysteme zusichern musste, erschien jedoch verdächtig. Forderungen nach mehr Transparenz wurden zurückgewiesen, woraufhin die sieben Nicht-Ferrari-Teams kurz vor Australien sogar mit rechtlichen Schritten drohten. Dann kam die Coronavirus-Pandemie, und das Thema verschwand.

Am Österreich-Wochenende kam es wieder hoch, erst recht nach den miserablen Qualifying-Leistungen der Ferrari-getriebenen Autos. Die Konkurrenz von Mercedes und Red Bull stellte jedenfalls klar, dass sie den Kampf um Offenlegung noch nicht aufgegeben hat.

Red Bull & Mercedes fordern Transparenz von Ferrari

"Schaut, es ist unkomfortabel, dass es eine Übereinkunft gibt bezüglich der Legalität und Korrektheit eines Autos", bemängelte Red-Bull-Teamchef Christian Horner schon am Freitag vor dem Rennen. "Das lässt einen sofort überlegen, was das beinhaltet. Weil in unseren Augen ist ein Auto entweder legal oder illegal."

"Diese Fragen wurden natürlich der FIA gestellt, und die FIA meinte, sie würden gerne das Dokument veröffentlichen, brauchen aber grünes Licht der anderen Beteiligten", erklärte Horner die Gespräche im Hintergrund. Die "anderen Beteiligten" sind Ferrari - und die weigern sich.

Toto Wolff und Christian Horner wollen immer noch Transparenz, Foto: LAT Images
Toto Wolff und Christian Horner wollen immer noch Transparenz, Foto: LAT Images

"Damit erreicht man nichts außer Verdächtigungen, wenn es private Vereinbarungen über Legalität und Korrektheit gibt", kritisierte Horner. "Das Gesündeste wäre, es auf den Tisch zu legen, damit es jeder sieht."

Mercedes stellt klar: Noch immer interessiert

Mercedes hatte sich an den Transparenz-Forderungen zuerst beteiligt, war dann um Australien kürzergetreten, und man schien Red Bull das Feld zu überlassen. Teamchef Toto Wolff stellte in Österreich jetzt wieder klar: "Wir hatten in Melbourne beschlossen, dass zum Saisonstart noch eine Kontroverse, plus die sich verschlimmernde Corona-Krise in Italien, dass das nicht der richtige Moment war."

Offenlegung will Wolff noch immer: "In diesen Zeiten ist Transparenz extrem wichtig, und gute Führung - das ist extrem wichtig. Und [der Ferrari-Deal] könnte gut gewesen sein, aber wenn du ihn nicht kennst, ist es schwierig, das einzuschätzen."

"Unsere Position ist, dass wir es beobachten", definiert Wolff. "Wir sind nicht glücklich über das letzte Jahr."

Ferrari mauert weiter: Kein klarer Verstoß, keine Freigabe

Die Argumente lassen Ferrari und Teamchef Mattia Binotto kalt: "Die Antwort ist ziemlich einfach. Zuerst einmal gab es keinen klaren Regelverstoß. Sonst wären wir disqualifiziert worden. Wir wollen es nicht öffentlich machen, weil das, was wir freigeben würden, ist unser geistiges Eigentum, unser Projekt, unsere Power Unit, und niemand im Fahrerlager wäre glücklich, Informationen zu seinen Designs oder Projekten zu veröffentlichen."

Mattia Binotto hat gute Gründe für Geheimnisse, Foto: LAT Images
Mattia Binotto hat gute Gründe für Geheimnisse, Foto: LAT Images

"Es ist geistiges Eigentum, es ist vertraulich, es geht um den Schutz von geistigem Eigentum, und deshalb wollen wir es nicht machen", bleibt Binotto hart. Solange sie nun nicht die Freigabe ermöglichen, sind der FIA die Hände gebunden - denn der Deal bewegte sich auf jeden Fall im Rahmen der Justiz- und Disziplinar-Regeln der FIA.

Ohne ein Einlenken von Ferrari bleibt dieser Streit weiter ungelöst. Außer die Konkurrenz ringt sich tatsächlich zu rechtlichen Schritten durch.