Sebastian Vettel und Ferrari gehen nach der Formel-1-Saison 2020 getrennter Wege. Das stand lang vor dem späten Saisonstart am vergangenen Wochenende in Österreich fest. Erst in Spielberg verriet Vettel ein bis dahin unbekanntes Detail: Anders als in der offizielle Pressemitteilung dargestellt, handelte es sich mitnichten um eine gemeinsame Entscheidung.

Tatsächlich hatte Ferrari Vettel einseitig mitgeteilt, nicht mehr mit dem vierfachen Weltmeister zu planen - noch bevor es überhaupt zu Verhandlungen gekommen war. Diese Darstellung bestätigte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto wenig später. Zudem sagte der Italiener, Vettel sei verständlicherweise überrascht und nicht zufrieden mit dieser Entscheidung.

Österreich: Vettel und Ferrari kritisieren sich gegenseitig

Offensichtlich ist spätestens seit dem Anruf Binottos bei Sebastian Vettel, dass die einstige Traumhochzeit Vettel/Ferrari nun mitten in einer ausgewachsenen Ehekrise steckt. Von Harmonie kann keine Rede mehr sein. Das zeigten erst zuletzt die Äußerungen nach dem Österreich GP. Vettel beklagte sich deutlich über seinen Ferrari, bemängelte noch dazu ein völlig anderes Handling des SF1000 als noch am Freitag. Binotto reagierte mit Kritik an Vettel - für Pace und Dreher - und gleichzeitigen Lobeshymnen auf Charles Leclerc.

Formel 1, Vettel im Ferrari-Frust: Der nächste Patzer! (09:39 Min.)

Schon zuvor, noch in derselben Pressekonferenz, in der Vettel am Donnerstag für Schlagzeilen gesorgt hatte, hatte Vettel ein insgesamt wenig rosiges Bild gezeichnet - mit Blick auf seine gesamte Karriere bei Ferrari seit 2015. „Zuerst einmal muss man sagen, dass wir seit dem Tag, an dem ich mich dem Team angeschlossen habe, wir zusammen alles versucht haben, um um die WM zu kämpfen. Das haben wir einige Male auch geschafft“, sagte Vettel.

Vettel blickt zurück auf fünf Jahre Ferrari: gescheitert

Doch das sei nicht genug gewesen. Vettel: „Wir haben die WM aber nicht gewonnen. Wenn man in der Hinsicht zurückblickt, dann bin ich gescheitert, dann sind wir gescheitert. Natürlich haben wir uns ein klares Ziel gesetzt, das wir erreichen wollten und bis zu diesem Punkt haben wir es nicht geschafft.“ 2020 habe man noch eine Chance. „Und mit dieser merkwürdigen Saison ist es zu früh, alles abzuschreiben“, sagte Vettel. Tatsächlich jedoch ist jedem klar: Ferrari wird 2020 ohne ein Wunder nicht um den WM-Titel kämpfen.

Zurück zum Rückblick auf fünf Jahre Ferrari. Dass Vettel das Scheitern auch auf sich selbst bezieht, führte er aus. Insgesamt scheint der Deutsche das Problem jedoch weniger bei sich zu sehen als bei Ferrari und der Arbeit als Team. Vettel weiter: „Es hat hier und da etwas gefehlt. Wir waren nie in der Lage, ein Paket zusammenzubekommen, das gut genug war, um bis Jahresende um die WM zu kämpfen. Wir sind bis zur Mitte mancher Jahre nah herangekommen, würde ich sagen. Aber dann ist die Lücke immer aufgegangen und wir wurden doch recht klar von Mercedes und Lewis geschlagen“, erinnerte Vettel.

Sebastian Vettel: Paket und Team bei Ferrari nie gut genug

„Unter dem Strich ist es ganz einfach: Wir waren nicht schnell genug, das Paket war nicht gut genug und als Team waren wir nicht so stark wie Mercedes.“ Gerade der letzte Teil ist spannend: Während Mercedes auch seinem Fahrer Lewis Hamilton den Rücken stets uneingeschränkt freihielt, gar stärkte, schien das bei Ferrari nicht unbedingt immer gegeben.

Hier tritt Vettel jedoch nicht nach. „Das Ziel war damals, das Team neu aufzubauen und mit Sicherheit glaube ich, dass beide Seiten alles versucht haben“, sagte Vettel nach dem Österreich GP bei ServusTV. „Unter dem Strich sind wir aber sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite gescheitert, weil der Titel ausgeblieben ist. Das war das große Ziel.“

Vettel akzeptiert Ferrari-Aus, versteht es aber nicht

Aufgeben wollte Vettel eine Fortsetzung dieser Mission nicht - doch Ferraris Entscheidung durchkreuzte diese Pläne. „Ich habe mit der Entscheidung kein Problem und akzeptiere sie“, sagte Vettel. Wirkliches Verständnis zeigt der 33-Jährige jedoch nicht. Vettel: „Die letzten fünf Jahre haben nicht das gebracht, was sich beide Seiten als Ziel gesetzt haben. Trotzdem wäre es eine Option gewesen, am Ziel weiterzuarbeiten.“