Sebastian Vettels Zukunft in der Formel 1 ist derzeit das mit Abstand spannendste Thema auf dem Fahrermarkt der Königsklasse. Nachdem der Ferrari-Pilot am Donnerstag vor dem Saisonstart in Österreich verraten hatte, sein Aus bei der Scuderia nach der laufenden Saison sei mehr ein einseitiger Rauswurf als das ursprünglich verkündete beidseitige Einvernehmen gewesen, kochte das Thema nun umso mehr wieder hoch.

Wenig überraschend stand die Zukunft des vierfachen Formel-1-Weltmeisters somit auch ganz oben auf der Agenda der neuesten Ausgabe von ‚Sport & Talk’, einem Format des Red-Bull-eigenen TV-Senders ServusTV. Viel überraschender war dagegen die Auswahl der Gäste: Nicht nur Max Verstappen und Teamchef Christian Horner traten am Montagabend in dem Talkformat auf, sondern auch - genau - Sebastian Vettel selbst.

Der Traum von Vettel & Verstappen bei Red Bull

Damit war das für manch einen vermeintliche Dreamteam der Zukunft - die zwei „Vs“, Vettel und Verstappen bei Red Bull - vereint. Ein Indiz? Geht da doch was? Immerhin hatte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko genau diese Kombination schon vor Wochen bei Motorsport-Magazin.com ausgeschlossen.

Teamchef Christian Horner klingt da schon etwas offener, doch unter dem Strich bleibt die Priorität. Mit Verstappen und Alex Albon sieht der Brite sein Team gut aufgestellt. „Wenn er die Formel 1 verlassen würde, wäre es ein Verlust“, sagte Horner über Vettel. „Aber es ist schwierig, ihn unterzubringen. Wir haben nicht erwartet, dass er auf dem Markt ist und von Ferrari so rüde vor die Tür gesetzt wird.“

Red-Bull-Teamchef Horner: Albon entwickelt sich sehr gut

Gleichzeitig kann sich Horner, zumindest in der Theorie, Vettel/Verstappen gut vorstellen. „Mit beiden kann man fantastisch arbeiten, wir hatten eine ganz tolle Arbeitsbeziehung mit Seb und jetzt ist es mit Max genauso“, sagte Horner. Aber: „Bei Alex Albon muss man auch sagen, dass er sich sehr, sehr gut entwickelt.“

Max Verstappen hätte kein Problem mit Sebastian Vettel im Team, Foto: ServusTV / Daniel Götzhaber
Max Verstappen hätte kein Problem mit Sebastian Vettel im Team, Foto: ServusTV / Daniel Götzhaber

Verstappen sieht das ähnlich. „Ich hatte das auch mit Daniel im Team, auch das hat gut funktioniert. Aber am Ende ist es natürlich nicht meine Entscheidung“, sagte der Niederländer über ein mögliches Gespann mit zwei erwiesenen Top-Piloten. Genau sagen könne er allerdings nicht, wie gut er und Vettel harmonieren würden. Verstappen: „Ich habe niemals mit Sebastian zusammengearbeitet, ich habe keine Ahnung. Aber ich glaube, normalerweise würde es kein Problem geben. Natürlich will aber jeder Fahrer in der Formel 1 gewinnen.“

Mercedes-Cockpit? Sebastian Vettel glaubt nicht dran

Scheitert es also vor allem am ungewöhnlichen Zeitpunkt? So verkauft es Horner. „Das Timing ist unerwartet, für Sebastian mindestens genauso wie für den Rest der gesamten Formel 1. Und die Frage ist: Was macht Mercedes? Hört Lewis auf? Behalten die Bottas? Das muss man auch einkalkulieren“, sagte der Brite.

Vettel selbst gibt sich mit Blick auf dieses mit Abstand interessantes Cockpit für seine Formel-1-Zukunft skeptisch. „Ich glaube, dass das Team - so wie es aktuell läuft - sehr zufrieden ist und sehr gut zurechtkommt“, sagte Vettel. Kein Wunder, hatte Toto Wolff am vergangenen Wochenende - erneut - mehrfach betont, die Priorität liege auf seinen bestehenden Fahrern. Neben dem Motorsportchef erklärte das am Sonntag auch Daimler-Chef Ola Källenius selbst für Plan A.

Vettel und die Telefonate mit Dr. Marko

Für Vettel keine Überraschung. „Die letzten Jahre geben dem ja auch Recht. Ich kann natürlich verstehen, dass man daran festhalten will“, sagte Vettel. „Die Entscheidung ist noch nicht getroffen, theoretisch sind beide Plätze noch frei, aber ich glaube es ist klar, dass wenn der Lewis weitermachen will, er weitermachen kann. Und beim Valtteri ist es ähnlich nach so einem Wochenende wie dem letzten.“

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Und Red Bull? Was hat es auf sich mit den unzähligen Telefonaten mit Dr. Helmut Marko, von denen der Grazer selbst berichtet hatte? Was steckte dahinter? Vettel klärt auf: „Der Helmut hat ja gesagt, ich habe öfter angerufen als normal. Ganz offen: Ich habe ihn eigentlich auch direkt nach der Entscheidung [von Ferrari] angerufen, aber zunächst nicht, um zu fragen ‚Helmut; hast du einen Platz?’, sondern weil ich mich mit ihm sehr gut verstehe, er seit Jahren ja schon ein sehr Vertrauter ist und da habe ich ihn um Rat gebeten.“

Sebastian Vettel verhandelt selbst

Vettel habe Marko schlicht seine Situation geschildert. „Was letzten Endes rauskommt, wird sich zeigen.“ Sollte es doch zu Verhandlungen kommen - ob nun mit Red Bull oder einem anderen Team - steht nur eins fest. Das macht Vettel selbst. „Die Gespräche führe ich selbst, ich habe natürlich auch ein Umfeld, aber nach so vielen Jahren kennt man die Leute. Ich muss jetzt nicht über jemand anderen den Christian [Horner] anrufen. Es läuft dann schon direkt“, so Vettel mit einem Grinsen in Richtung seines ehemaligen Teamchefs bei Red Bull.

Wenn Vettel selbst sein eigener Chefverhandler ist, was ist ihm dann wichtig? Worauf kommt es bei einem Formel-1-Cockpit für 2021 an? „Was natürlich wichtig ist, ist, auch ein Umfeld zu finden, das irgendwo passt“, sagte Vettel. Bei Ferrari war das letztlich offenbar nicht mehr der Fall. Vettel: „Ich habe die die letzten fünf Jahre in vielerlei Hinsicht sehr genossen, aber die letzten fünf Jahre haben vielleicht auch viel Kraft gekostet.“

Sebastian Vettel will weiter Formel 1 fahren

Jetzt sei die Situation auch für ihn selbst völlig neu. „Wichtig wird für mich sein, etwas zu finden, was mir taugt, was mir Spaß macht. Ich glaube das ist eine ganz wichtige Sache“, sagte Vettel. Die Finanzen seien zweitrangig, so Vettel erneut. Das sei schon bei Ferrari kein Thema gewesen, betonte Vettel erneut. Schon am Donnerstag hatte er sich gegen die dahingehenden Gerüchte in der italienischen Presse gewehrt. Vettel: „Wie schon erwähnt - das Finanzielle ist überhaupt nicht im Vordergrund.“

Stattdessen geht es Vettel mehr darum, ein Team zu finden, das seinem eigenen Anspruch gerecht wird. „Natürlich bin ich nach wie vor sehr ehrgeizig, Motorsport ist mein Leben. Ich kenne es nicht anders, außer die letzten drei Monate. Die waren natürlich ein bisschen anders“, sagte Vettel. Das habe ihm zuhause in der Schweiz schon auch sehr gut gefallen. Also Karriereende? Oder ein Jahr Pause? Vorhanden seien auch diese Optionen, so Vettel.

Was Vettel für seine Formel-1-Zukunft wichtig ist

„Aber ich möchte es [die Formel 1] eigentlich nicht missen. Ich glaube mit der richtigen Aufgabe und dem richtigen Platz würde ich mich nach wie vor sehr zuhause fühlen in einem Formel-1-Auto. Ich denke die nächsten Wochen und Monate werden auch für mich selber Aufschluss geben, was möglich ist und was ich machen will“, sagte Vettel.

Nicht in Frage kommt für Vettel unterdessen die Option Sabbatjahr ohne klare Perspektive wie etwa bei Fernando Alonso. „Wenn man die Entscheidung trifft, die Tür zuzumachen, dann sollte man sie nicht so treffen, dass man dann die Hoffnung hat, sie wieder aufzumachen. Es sei denn, es ist von vornherein klar“, sagte Vettel. Heißt im Klartext: er hätte vor der Pause bereits einen Vertrag für 2022 unterschrieben.

Sebastian Vettel: Alle Optionen denkbar

„Ich glaube, man muss dann schon auch für sich selbst so weit sein, dass man bereit ist, eine geschlossene Tür auch geschlossen zu halten. Wenn sie - warum auch immer - geschlossen ist, dann sollte man die Entscheidung auch nicht bedauern.“ Gefallen sei diese Entscheidung jedoch längst noch nicht. Vettel: „Ganz ehrlich, ich habe noch keine Entscheidung getroffen und ich weiß es auch noch nicht für mich selbst.“