Klare Erkenntnis beim Mittelfeldkönig der vergangenen Formel-1-Saison nach den ersten beiden Trainings zur neuen Saison 2020: die Krone in der zweiten Liga der Königsklasse hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull ist offenbar erst einmal weg. So fällt jedenfalls ganz eindeutig sowohl bei Carlos Sainz als auch Lando Norris das Fazit aus, wenn das Fahrer-Duo von McLaren die ersten Eindrücke aus Spielberg bewertet.

Im Training zum Österreich GP landeten die McLaren-Piloten zwar ordentlich auf den Rängen sechs (Norris) und zehn (Sainz), doch reichte das nicht für P1 im Mittelfeld. Nicht nur Daniel Ricciardo im Renault war schneller, dasselbe galt - noch mehr - für Racing Points Sergio Perez. Der Mexikaner schob sich tatsächlich auf P3, direkt hinter die dominanten Mercedes von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas.

Norris: Mercedes die Schnellsten, dann der 'andere' Mercedes ...

„Mercedes sieht natürlich am schnellsten aus. Dann hast du den anderen Mercedes von Racing Point, die waren auch sehr schnell“, stichelte Norris nach der Session deshalb gleich einmal. Da war sie wieder, die Kritik am pinken Mercedes. Racing Point hatte den RP20 für die Saison 2020 nach Vorbild des Mercedes aus dem Vorjahr konstruiert - gab diese Kopie auch immer offen zu.

Bei manch einem Konkurrenten, etwa McLaren, hatte sich deshalb schon bei den Testfahrten Argwohn geregt. Entweder packte man Racing Point bei der Konstrukteurs-Ehre oder hinterfragte zwischen den Zeilen, ob es wirklich nur ein Nachbau nach Bildvorlage war. Immerhin erschien der Racing Point bereits in Barcelona extrem schnell.

Carlos Sainz: Racing Point zu schnell für McLaren

Genau diese Furcht sieht die Konkurrenz im Mittelfeld in Österreich nun klar bestätigt. „Racing Point ist etwas vor uns. Ich denke nicht, dass wir allzu sehr auf die schielen können, wenn wir uns ansehen, wie unsere Pace sein dürfte“, fürchtet Norris. Sainz stimmt zu: „Racing Point war schon ziemlich schnell heute. Wir hatten sie ja schnell erwartet. Aber diesen Vorteil, den sie auf diesem kurzen Kurs hier gegenüber dem restlichen Mittelfeld heute hatten, war schon beeindruckend.“

Der Spanier hat im Duell mit Racing Point deshalb schon nach Tag eins praktisch aufgegeben. „Ich denke, sie sind viel zu weit weg, um mit ihnen zu kämpfen. Aber zumindest mit Renault sollte das gehen“, hofft Sainz. „Es gibt Teams im Mittelfeld, die signifikante Schritte nach vorne gemacht zu haben scheinen“, bestätigt auch McLaren-Renndirektor Andrea Stella die Beobachtungen seiner Fahrer.

Renault besiegt Spielberg-Angst: Ricciardo lobt Updates

Also auch Renault als Gegner, nicht nur Racing Point. Tatsächlich erschienen die Franzosen in Spielberg stärker denn je. Der Red Bull Ring zählte in den vergangenen Jahren immerhin zu den Angststrecken der Franzosen. Ohnehin meist der eigenen Vorstellung hinterher, lief es für Renault in Österreich stets besonders schlecht. Nicht so an diesem Freitag. Daniel Ricciardo schob sich mit Platz fünf im zweiten Training weit nach vorne.

Dementsprechend begeistert war der ohnehin stets gut gelaunte Australier. „Das Auto fühlte sich sofort gut an und wir haben den ganzen Tag über ein gutes Momentum gehabt“, schwärmt Ricciardo. „Die Pace im Shortrun war klasse, am Longrun müssen wir noch etwas arbeiten“, so der ‚Honeybadger’. „Das Auto fühlt sich nach einem Fortschritt an“, lobt Ricciardo die diversen Updates an Chassis und Power Unit des R.S.20.

Lando Norris: McLaren kann noch nachlegen

McLaren allerdings glaubt, zumindest Renault durchaus noch etwas entgegensetzen zu können. „Ich denke, das ganze Mittelfeld hat einfach einen Schritt nach vorne gemacht, wenn man nur schaut, wo Ferrari und Red Bull heute waren“, sagt Norris. „Aber warten wir mal morgen ab, bis alle den Motor aufdrehen und mit gleichem Sprit fahren. Wir haben auch noch etwas Pace in der Hinterhand! Wir sind ziemlich zuversichtlich, dass wir uns noch verbessern können. Im Groben war die Pace heute aber da, wo sie wohl auch ist.“

Also hinter Racing Point. Noch eine gute Ecke hinter Racing Point, McLaren und Renault rangierte im Training Haas. Doch auch das US-Team beäugt das erneut starke Racing Point ganz genau. „Ich würde sagen, das war so schnell wie wir gefürchtet haben“, sagt etwa Kevin Magnussen. Romain Grosjean ergänzt sogar noch erstaunlichere Beobachtungen: „Ich habe gehört, dass Sergio im Longrun mit Bottas auf Augenhöhe war“, staunt der Franzose.