Der erste Medientag zum wahren Start der Formel-1-Saison 2020 in Österreich begann mit einem Knaller. In der offiziellen FIA-Pressekonferenz mit allen 20 Fahrern - wegen der Hygienemaßnahmen Team für Team durchgeführt - in Spielberg sprach Sebastian Vettel am Donnerstag Klartext zu den Hintergründen seiner Trennung von der Scuderia Ferrari nach Ende der laufenden Saison.

Klare Worte von Vettel: Von Ferrari vor die Tür gesetzt! (09:38 Min.)

Dabei widersprach der vierfache Formel-1-Weltmeister dem offiziellen Duktus der damaligen Pressemitteilung. Nichts da beidseitiges Einvernehmen. Teamchef Mattia Binotto habe ihm per Telefonat schlicht mitgeteilt, Ferrari habe kein Interesse mehr, mit Vettel zu verlängern. Vertragsgespräche soll es gar nicht erst gegeben haben. „Es lag nie ein Angebot auf dem Tisch“, sagte Vettel.

Mattia Binotto: Anfragen für Vettel-Cockpit schon im Winter

Grund genug, direkt beim genannten Binotto nachzufragen. Die Gelegenheit bot sich nur einen Tag später. Wieder Pressekonferenztag in der Formel 1, diesmal mit den Teamchefs. Immerhin das hat sich durch Corona nicht verändert. Zwischen dem ersten und zweiten Training müssen ausgewählte Teamrepräsentanten der Presse Rede und Antwort stehen. In Spielberg auch Mattia Binotto.

Also los. Motorsport-Magazin.com fragte direkt nach beim Ferrari-Anführer: Wie passen Pressemitteilung und die neuen Vettel-Aussagen zusammen? Binotto holte weit aus. Zunächst erinnerte der Italiener an den Winter und Jahresanfang: „Natürlich haben wir in der Winterzeit immer gesagt - zu ihm privat, aber auch öffentlich -, dass er unsere erste Wahl ist. Das kann ich bestätigen.“

Ferrari ließ Fahrer abblitzen, dann änderte sich alles

Bereits zu diesem Zeitpunkt sei Ferrari allerdings schon von anderen Fahrern kontaktiert worden. „Es ist normal, dass im Winter viele Fahrer und fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, für Ferrari zu fahren. Wir wurden natürlich kontaktiert“, berichtet Binotto. Doch zu diesem Zeitpunkt habe Ferrari noch alle Anfragen abblitzen lassen. „Das hat unsere Position nicht geändert, Seb war unsere erste Wahl“, versichert Binotto.

Formel 1 2020, Ferrari-Teamchef bestätigt: Vettel abgesägt! (09:34 Min.)

Dann habe sich allerdings sehr viel geändert. „Was ist dann passiert? Das Virus ist passiert und die ganze Situation mit der Pandemie, welche die ganze Welt verändert hat, nicht nur den Motorsport und die Formel 1“, sagt Binotto. „Die Budgetobergrenze wurde deutlich verändert, ist strikter geworden. Die Regeln wurden von 2021 auf 2022 verschoben. Die Autos für 2020 und 2021 wurde so gut wie eingefroren.“

Binotto: Vettel konnte wegen Shutdown Motivation für Ferrari nicht beweisen

Eine Entwicklung, die dann letztlich das ein unglückliches Aus für Sebastian Vettel eingeleitet habe. „Die ganze Situation hat sich verändert, noch dazu hatte die Saison nicht einmal angefangen. Zurück auf der Strecke zu sein wäre auch für Seb die Möglichkeit gewesen, zu beweisen, wie motiviert er wirklich war, für Ferrari zu fahren. Das lief unglücklich für ihn“, sagt Binotto. Heißt auch: Ferrari hegte offenbar gewisse Zweifel, ob Vettel sich noch voll und ganz mit dem gemeinsamen Projekt identifizierte.

Weil eine Klärung ohne Rennaction Ferrari offenbar nicht möglich erschien, kam es zum bekannten Ergebnis. Vettel musste gehen. „Im Shutdown mussten wir als Ferrari unsere Position irgendwie neu bewerten und wir haben dann eine Entscheidung getroffen. Das war unsere Verantwortung“, verteidigt Binotto die Entscheidung. „Das haben wir ihm dann mitgeteilt.“

Volles Verständnis für Vettel-Reaktion

Auch er habe gehört, dass Vettel sich überrascht darüber geäußert habe. „Daran erinnere ich mich auch selbst. Das war er, würde ich sagen. Ganz bestimmt“, berichtet Binotto. Für die Reaktion Vettels zeigt der Teamchef daher Verständnis. Binotto: „Ich verstehe das. Ich denke, dass es ziemlich normal ist, da überrascht zu sein. Ich denke, dass er - während er unsere Entscheidung akzeptiert hat - heute noch immer nicht völlig happy damit ist. Aber das ist nur normal und erwartbar.“