Die Formel-1-Saison 2020 ist wohl eine der komischsten überhaupt. Nach einer langen Zwangspause kehrt die Königsklasse am 5. Juli beim Saison-Restart in Österreich wieder in den Rennbetrieb zurück. Doch bereits jetzt nahmen die Teams ihre Arbeit wieder auf.

In den Werken gelten strikte Eindämmungsmaßnahmen und auch bei den ersten privaten Testfahrten, die Mercedes in Silverstone durchführte, gab es für den Rennstall einige gewöhnungsbedürftige Neuerungen.

Wie war es für die Fahrer zurück im Cockpit?

Nach mehreren Monaten Pause testete Mercedes am Dienstag und Mittwoch mit einem 2018er Boliden in Silverstone. Neben dem Testen der Sicherheitsmaßnahmen bot das Team damit auch seinen beiden Piloten Valtteri Bottas und Lewis Hamilton eine Chance, wieder etwas Rhythmus zu finden. Das sagten Bottas und Hamilton über die ersten Testkilometer nach der Pause:

Valtteri Bottas: "Es war ein sehr hilfreicher Test für das Team, besonders, weil wir alle so lange kein Rennen mehr gefahren sind und nicht mehr in der Box waren. Natürlich gibt es viele neue Regeln und Vorschriften und wir müssen bei verschiedenen Dingen mit Blick auf die Gesundheit vorsichtig sein. Deshalb war es gut, alles zu üben und ich glaube, dass wir viel gelernt haben – wie man alles effizienter macht und sicherstellt, dass alle sicher sind, wenn wir wieder Rennen fahren. Selbstverständlich war es klasse, wieder im Auto zu sein und ich kann es kaum noch erwarten, dass es in Österreich wieder losgeht."

Lewis Hamilton: "Es hat sich ehrlich gesagt großartig angefühlt, wieder im Auto zu sitzen. Ein riesiger Spaß! Wenn man zum ersten Mal aus der Box fährt, ist das ein richtiger Rausch. Es spielt keine Rolle, wie viele Jahre man schon dabei ist, es ist immer wieder frisch und neu. Natürlich sind wir mit einem älteren Auto gefahren, aber es hat sich dennoch fantastisch angefühlt. Wir konnten ein ordentliches Programm absolvieren. Valtteri ist im Trockenen gefahren, aber bei mir war es am Anfang noch nass. Ich konnte ein gutes Gefühl für das Auto entwickeln und es hat sich nie so angefühlt, als ob ich weggewesen wäre. "

Was ändert sich für die Teams an der Strecke?

Der Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin erkärt die Verhaltensweisen an der Strecke folgendermaßen: "Wir müssen immer eine Maske tragen, wenn wir den Abstand von zwei Metern nicht einhalten können oder wir uns in geschlossenen Räumen aufhalten. Beim Arbeiten am Fahrzeug macht das natürlich etwas Schwierigkeiten, dort liegt das größte Risiko." Dementsprechen gilt, wenn es an das Zusammenbauen der Fahrzeuge geht selbstverständlich Mundschutzpflicht.

"Bevor wir zu den Testfahrten nach Silverstone gekommen sind wurden alle getestet, also wissen wir im Moment, dass niemand von uns infiziert ist und sind optimistisch, dass wir durch die Maßnahmen unser Team schützen können", sagt Shovlin weiter.

Die neuen Abläufe und Vorschriften bringen natürlich Veränderungen mit sich, dazu gehört auch, dass die Teams mit weniger Personal an der Rennstrecke agieren müssen. "Du musst die Prozesse verändern mit weniger Mitarbeitern vor Ort, vor allem im technischen Bereich, wird vielleicht der eine oder andere Handgriff anders zu erledigen sein", verrät Teamchef Toto Wolff. "Andererseits haben wir natürlich eine ganze Menge an Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen, die stark heruntergefahren sind, weil wir in der Hinsicht einfach niemanden im Fahrerlager haben. Also eine Anpassung rundum für uns als Team."

Was ändert sich für die Teams in der Fabrik?

In den Fabriken sind die Teams stark von den gesetzlichen Maßnahmen der staatlichen Behörden abhängig. Das sagt auch Toto Wolff: "Zu den Sicherheitsmaßnahmen muss man sich an die Linie halten, die auch die Politik vorgibt."

Konkret heißt das, dass viele Rennställe auch im Werk Abstandsregelungen einhalten müssen und sich an die Vorgaben bezüglich Mund- und Nasenschutz halten müssen. Social Distancing wird etwa bei Ferrari und Renault durch mehr Home-Office-Tätigkeiten durchgesetzt. Außerdem stellten etwa Ferrari und Alpha Tauri auf Schichtarbeit um. Mitarbeiter werden bei den meisten Rennställen schon beim Eintreten in die Fabrik auf ihre Körpertemperatur kontrolliert und in regelmäßigen Abständen Antikörper-Tests durchgeführt.

Wie sieht es mit den Sicherheitsvorkehrungen und Änderungen in Österreich aus?

Bei den Formel-1-Grand-Prix kommt noch eine Schutzmaßnahme dazu, die eine organisatorische Herausforderung mit sich bringt: Es dürfen nur noch weniger Teammitglieder als bisher an die Strecke. Welche konkreten Maßnahmen sonst noch umgesetzt werden ist noch nicht bis ins letzte Detail bekannt. Toto Wolff meinte dazu: "Das (Sicherheitskonzept) ist ein Moving Target. Was wir gehört haben, ist das vor allem Social Distancing und das Vermeiden von Clusterbildung. Ein Teil dessen wird auch sein, dass wir getestet werden und dass man die Anzahl an Personen mit denen man Kontakt hat, auch limitieren sollte. Aber das Sicherheitskonzept in Österreich ist Sache der FIA und von Red Bull."

Die Vorgaben der Viruseindämmung der FIA schauen folgendermaßen aus: Alle Teammitglieder und sonst an dem Grand Prix beteiligten Personen müssen vor der Anreise und in regelmäßigen Zeitabständen an der Strecke getestet werden. Strikte Gesundheitsprotokolle sind in Kraft, welche den Kontakt zwischen verschiedenen Gruppen unterbinden sollen, die Teams operieren isoliert voneinander und das Prinzip von Social Distancing wird zu allen Zeiten aufrechterhalten.

Die Anzahl der Personen im Fahrerlager ist stark beschränkt, so erhalten Journalisten zum Beispiel keinen Zugang. Stattdessen darf nur eine geringe Anzahl ausgewählter Medienvertreter und Fotografen aus dem Media Centre arbeiten - Kontakt zu den Fahrern und Teampersonal gibt es nicht. Im Fahrerlager wird es bauliche Veränderungen geben, sodass die Teams voneinander getrennt sind. Motorhomes oder Hospitalitys werden nicht zum Einsatz kommen.