2022 kehrte die Königsklasse nach zwei Jahren Abstinenz zurück nach Kanada - auch 2023 steht der Circuit Gilles-Villeneuve wieder im Formel-1-Kalender. Grund genug, um sich an die Grands Prix in Montreal aus der Vergangenheit zu erinnern. An ein Rennen denken sicherlich vor allem Fans von V12-Motoren besonders gerne zurück. Die Rede ist vom Großen Preis von Kanada 1995, der heute vor exakt 28 Jahren über die Bühne ging.

Formel 1 heute vor 28 Jahren: Jean Alesi auf dem Höhepunkt

Der 11. Juni 1995 war mit dem ersten und einzigen Sieg für Geburtstagskind Jean Alesi ohnehin schon ein geschichtsträchtiger Tag für die Formel 1 - schließlich trägt sich nicht jeden Sonntag ein neuer Name in die Siegerlisten ein. Dass es sich dabei um den Publikumsliebling der Tifosi handelte, der wie einst ihr geliebter Gilles Villeneuve die Angewohnheit besaß den Ferrari mit der Startnummer 27 in wilden Drifts am Rande des Abgrunds zu bewegen, verlieh diesem Erfolg zusätzlichen Charme.

Das ewige Talent Jean Alesi musste 91 Grands Prix auf diesen Tag warten. Der Heißsporn hatte bei seinem spontanen Debüt für Tyrrell im Frankreich GP 1989 mit einem vierten Platz sofort auf sich aufmerksam gemacht. In seiner ersten vollen Saison für die Briten muckte er mehrfach bei Ayrton Senna und Co. auf. Mit zwei Podestplätzen in Phoenix und Monaco brachte er sich bei den Top-Teams ins Spiel.

Zunächst bahnte sich ein Wechsel zu Williams Renault an - dem Team, das 1992 und 1993 mit Nigel Mansell und Alain Prost Weltmeister wurde und den Sport bis auf Michael Schumachers kurze Benetton-Ära in den beiden darauffolgenden Saisons auf Jahre hinweg dominieren sollte. Ein Zerwürfnis mit Teamchef Frank Williams veranlasste den gefragten Alesi jedoch dazu, kurzerhand bei Ferrari zu unterzeichnen.

In den folgenden fünf Saisons fuhr der Franzose mit sizilianischen Wurzeln und dem Geburtsnamen Giovanni Alesi für den legendären Rennstall aus Maranello. In einer für Ferrari schwierigen Zeit erreichte er immer wieder Achtungserfolge, welche ihn gepaart mit seinem spektakulären Fahrstil und seinem unbändigen Kampfgeist zu einer wahren Ikone der Tifosi machten.

Jean Alesi gewann vor Rubens Barrichello und Eddie Irvine, Foto: LAT Images
Jean Alesi gewann vor Rubens Barrichello und Eddie Irvine, Foto: LAT Images

An seinem 31. Geburtstag ging der Knoten endlich auf. Von Startplatz fünf aus triumphierte Alesi im Ferrari 412T2. Oft genug war er am Sieg in Rot vorbeigeschrammt. So störte sich niemand daran, dass er in der 57. von 70 Runden von einem Getriebeproblem am Benetton Renault von Michael Schumacher profitierte. Unmittelbar nachdem Alesi vor dem Jordan-Duo Rubens Barrichello und Eddie Irvine die Ziellinie überquert hatte, stürmten die ekstatischen Fans den Circuit Gilles Villeneuve.

Alesi hatte dieses Rennen nicht nur für sich und Ferrari gewonnen, sondern auch für die kanadischen Fans, die ihn wie einst Nationalheld Gilles Villeneuve bei dessen Sieg mit der Scuderia 1978 in Montreal feierten. Auf seiner Ehrenrunde ging Alesi das Benzin aus, woraufhin er sich unter dem Jubel der Fans von Schumacher auf der Airbox in die Box chauffieren ließ.

Der einzige Sieg von Ferrari in der Saison 1995 ist heute ein historischer. Es war das letzte Mal, dass ein V12-Motor ein Rennen in der Formel 1 gewann. Sebastian Vettel würde diese Seite in den Geschichtsbüchern nach seinem Ausspruch beim Russland GP 2019 sicher auch gerne für sich beanspruchen: "Bring back the fucking V12s!"

Ferrari 412T2: Der letzte Zwölfzylinder der Formel 1 (05:10 Min.)

Was sonst noch geschah:

Vor 6 Jahren: Lewis Hamilton geht beim Grand Prix von Kanada zum 65. Mal von der Pole Position ins Rennen. Mit dieser geschichtsträchtigen Marke stellte er den 23 Jahre gültigen Bestwert von Ayrton Senna ein, dessen entfesselten Qualifying-Runden mitsamt des Rekordes einen nicht unerheblichen Beitrag zum Mythos des Brasilianers leisteten. Hamilton rundete diesen Meilenstein seiner Karriere stilsicher mit dem vierten Grand Slam (Pole, Start-Ziel-Sieg & schnellste Runde) seiner Laufbahn ab.

Vor 17 Jahren: Fernando Alonso holt in Silverstone seinen 13. Sieg in der Formel 1. Auf dem Weg zu seinem zweiten WM-Titel ließ der Spanier seinem Rivalen Michael Schumacher an diesem Tag keine Chance. Pole Position, Sieg und schnellste Runde für den Renault-Pilot sprechen eine deutliche Sprache. Dritter wurde Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes.

Vor 51 Jahren: Schwedens erster großer Formel-1-Held Joakim 'Jo' Bonnier verunglückt bei den 24 Stunden von Le Mans tödlich. Der am 31. Januar 1930 in Stockholm geborene Skandinavier trat zwischen 1956 und 1971 bei 104 Grands Prix an und feierte 1959 in Zandvoort seinen einzigen Sieg. Zumeist als Privatier unterwegs, blieb ihm der Angriff auf die Weltmeisterschaft zeitlebens verwehrt. Sein Talent als fähiger Allrounder stellte er dafür im Sportwagen unter Beweis. So gewann er 1960 sowie 1963 unter anderem die berüchtigte Targa Florio.

Vor 84 Jahren: Sir Jackie Stewart wird im kleinen Ort Milton im schottischen West Dunbartonshire geboren. Der dreimalige Weltmeister drückte der Formel 1 in den 1960er und frühen 1970er Jahren als erfolgreichster Fahrer seiner Generation seinen Stempel auf. In nur 99 Grands Prix stellte er mit 27 Siegen einen neuen Rekord auf, der erst 14 Jahre nach seinem Rücktritt Ende 1973 von Alain Prost gebrochen wurde. Neben seinen Erfolgen als Rennfahrer setzte Stewart sich als treibende Kraft für die Verbesserung der Sicherheit sowie als erfolgreicher Geschäftsmann mitsamt eigenem Formel-1-Team ein Denkmal. Mit 84 Jahren ist er der älteste lebende Formel-1-Weltmeister.