In den letzten Jahren rutschten viele Fahrer in die Formel 1 nur um kurz darauf wieder zu verschwinden. Motorsport-Magazin.com nutzt die derzeitige Rennpause um immer mal wieder einen dieser vergessenen Formel-1-Piloten zu portraitieren. Heute: Rio Haryanto.

Mal Hand aufs Herz. Wenn die Frage nach Formel-1-Fahrern des letzten Jahrzehnts gestellt wird, würde euch sein Name überhaupt noch in den Sinn kommen? Rio Haryanto. Ein halbes Jahr im zweiten Cockpit bei Manor ist alles was der Indonesier vorzuweisen hat. Doch wie kam Haryanto überhaupt in die Königsklasse?

Formel-Einstieg in Asien

Die Karriere von Rio Haryanto begann, wie so häufig bei Rennfahrern, im Kartsport. Und das überaus erfolgreich. Neben zwei größeren Titeln 2006 war Haryanto immer vorne dabei und machte sich schnell unter Insidern des asiatischen Kartsports einen Namen.

2008 kam dann im Alter von 15 Jahren der Einstieg in den Formelsport. Haryanto war auch dort auf Anhieb erfolgreich, auch wenn ehrlicherweise die Konkurrenz in den asiatischen Serien nicht allzu stark war. In der Formula Asia 2.0 sicherte er sich einen Sieg und belegte hinter Champion Felix Rosenqvist und Mathias Beche die dritte Position. Auch in der asiatischen Formel Renault Challenge ging er bei zehn Rennen an den Start und sammelte zwei Rennsiege.

Foto: Sutton
Foto: Sutton

In der darauffolgenden Saison krönte er sich zum Meister in der Formel BMW-Pazifikserie mit insgesamt sechs Erfolgen und 12 Podien aus 15 Rennen. Nebenher machte er noch einzelne Starts in der asiatischen Formel Renault, der australischen Formel 3 und der europäischen Formel BMW.

Erfolge in der GP3 und GP2

2010 zog er dann vollends nach Europa um, wo er neben einzelnen Starts in anderen Serien die GP3-Meisterschaft in Angriff nahm. Und das ziemlich erfolgreich. Am zweiten Rennwochenende in Istanbul sicherte er sich den Sieg beim Sprintrennen. In der restlichen Saison folgten zwei weitere Podiumsplatzierungen bei Hauptrennen. Trotz seiner mangelnden Konstanz schaffte er es am Ende auf die fünfte Position. Doch 2010 war für ihn auch sonst ein bedeutendes Jahr, denn er wurde offizieller Testfahrer im Formel-1-Team von Manor, wofür allerdings eine ordentliche Mitgift seines Vaters nötig war, der in Indonesien als Chef eines Schreibwaren-Konzerns tätig ist.

In seiner zweiten GP3-Saison machte er kaum einen Schritt nach vorne. Das lag vor allem an einer Serie von sieben punktelosen Rennen zu Beginn des Jahres. In der zweiten Saisonhälfte kamen die Erfolge: Zwei Rennsiege und zwei weitere Podien ergaben in der Endabrechnung Rang 7.

2012 folgte der logische Schritt in die GP2-Serie. Doch dort versandete seine Karriere etwas. Die Erfolge wurden seltener. Trotz einer überraschenden Pole Position in Spa reichte es nur zur 14. Endposition mit 38 Zählern. Seine zweite Saison war ein weiterer Rückschritt. Haryanto klassifizierte sich auf Meisterschaftsrang 19 mit einem Podium.

Foto: GP2 Series
Foto: GP2 Series

Und auch 2014 verlief in einer ähnlichen Form. Ein Podium im Sprintrennen war das Highlight der Saison, darauf folgten allerdings 14 Rennen ohne einen einzigen Zähler. Da war sie mal wieder, die mangelnde Konstanz. 2015, in seiner vierten GP2-Saison rechnete eigentlich kaum noch jemand mit dem Indonesier. Doch Haryanto, der in diesem Jahr wieder als Testfahrer bei Manor unterwegs war, sollte seine Kritiker Lügen strafen. Denn das erste Rennwochenende in Bahrain dominierte er gemeinsam mit Stoffel Vandoorne. Mit einem Sieg im Sprintrennen und Platz 2 im Hauptrennen überraschte er das gesamte Fahrerlager. Ganz so erfolgreich ging es anschließend zwar nicht weiter, Haryanto kämpfte aber nun regelmäßig um Podien und Top-5-Resultate. In Spielberg und Silverstone sammelte er zwei weitere Sprintsiege. Am Ende des Jahres belegte er die vierte Position in der Meisterschaft.

Aufstieg in die Königsklasse

Das reichte zum Aufstieg 2016 als ihn Manor, für die er in den Jahren zuvor immer mal wieder Testfahrten absolviert hatte, in die Formel 1 brachte. Wesentlich an seinem Engagement war das Geld, das er mitbrachte. Sowohl aus seiner wohlhabenden Familie, aber vor allem Unterstützung aus dem indonesischen Sportministerium, verlockten Manor dazu ihn zu verpflichten.

Foto: Sutton
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Als Teamkollege von Pascal Wehrlein wurde eigentlich nicht viel von Haryanto erwartet. Doch beim ersten Qualifying der Saison ließ er den Deutschen hinter sich. Im Rennen musste er allerdings den DTM-Champion ziehen lassen und schied vorzeitig mit einem technischen Problem aus. Ein Wochenende sinnbildlich für die kommenden Rennen. Haryanto konnte im Qualifying zwar mit Wehrlein mithalten und ihn immer wieder schlagen, wie etwa in Monaco. Doch im Rennen war er seinem Teamkollegen klar unterlegen. Auch auffällig waren seine sehr inkonstanten Leistungen, die ihn schon durch die Nachwuchsserien begleitet hatten. An einem Wochenende noch auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen fehlte ihm beispielsweise ein Rennen später plötzlich mehr als eine Sekunde auf Wehrlein.

Doch zur Saisonmitte hatte er plötzlich ein viel größeres Problem. Die Förderung des indonesischen Sportministeriums mit der er zu einem Großteil seinen Startplatz finanzierte, wurde zurückgenommen. Und so stand Haryanto zur Saisonmitte plötzlich ohne Sponsorengelder da.

Der Indonesier wurde im Stammcockpit durch Esteban Ocon ersetzt und erfüllte von da an nur mehr eine Rolle als Testfahrer. Doch mit der Pleite von Manor nach Saisonende währte auch das nicht lange. Während Ocon und Wehrlein bei anderen Teams unterkamen, verabschiedete sich Haryanto endgültig aus der Königsklasse.

Foto: Sutton
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Wo ist Rio Haryanto jetzt?

Die Motorsport-Karriere von Rio Haryanto wurde für die nächste Saison erst einmal pausiert, da er nirgendwo Startplatz ergattern konnte. Erst im Herbst 2018 nahm er wieder an einem Rennen teil. Allerdings nicht in einem Formelwagen sondern im Sportwagengeschäft bei einem Einladungsevent des Audi R8 LMS Cups.

2019 kam er erstmals seit seinem Formel-1-Aus wieder für eine volle Saison in einer Serie unter. Mit T2 Motorsports bestritt Haryanto die asiatische Blancpain GT-Serie in der Pro-Am-Kategorie. An der Seite eines indonesischen Privatiers schaute in Summe bei elf Rennen ein Podium heraus. Auch heute noch steht Haryanto bei T2 Motorsports unter Vertrag, mit denen er im Winter an der asiatischen Le Mans Serie teilnahm.

Tränen hat ihm die Formel-1-Welt keine nachgeweint. Rio Haryanto ist ein perfektes Beispiel für einen Paydriver, dessen Talent kaum ausreichte, um sich in der Königsklasse zu halten und der am Ende mit dem Ausbleiben seiner Sponsorengelder wieder aus der Formel 1 verschwand. Dennoch muss man festhalten, dass er in der GP2 durchaus seine glorreichen Momente hatte, auch wenn sie zu selten waren um ihm größere Aufgaben nach seiner geplatzten F1-Laufbhan einzubringen.