Ferrari ist für viele Formel-1-Piloten das ultimative Ziel in ihrer Karriere als Rennfahrer. Verständlich - die italienische Marke ist wie kein anderes Team mit der Geschichte der Weltmeisterschaft verbunden, und die Liste der Piloten, die sich mit Ferrari zusammen unsterblich gemacht haben, ist lang. Schumacher, Ascari, Fangio, und mehr.

Doch die Träumer sollten sich vorsehen: Ganz schnell kann das Gegenteil eintreten. Ferrari-Fahrer stehen mehr als alle anderen im Fokus der Öffentlichkeit, der Druck ist immens. Wer an der 'Mission Ferrari' scheitert, dem hängt auch das auf ewig an. Für Sebastian Vettel scheint dieser Fall jetzt einzutreten, nachdem sein Abgang nach 2020 bereits fix ist und das Auto der aktuellen Saison nicht nach WM-Material aussieht.

Damit ist er aber nicht allein - nein, sogar andere Mehrfach-Weltmeister haben sich an Ferrari versucht und sind gescheitert. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf Ferraris Opfer.

Sebastian Vettel: Scheitert der Schumacher-Traum?

Während sich Sebastian Vettel in den frühen 2000ern durch die Nachwuchs-Klassen arbeitete, mutierte die Formel 1 teils zur Schumacher-Show. Michael Schumacher hatte sich für Ferrari als echter Heilsbringer erwiesen, und gemeinsam gewannen sie fünf WM-Titel in Folge, bevor Schumacher den Schlussstrich setzte.

Vettel begab sich seinerseits von 2010 bis 2013 auf eine Sieges- und Titelserie, mit Red Bull. Bis sich für 2015 die Tür bei Ferrari öffnete. Die Chance für Vettel, in die Fußstapfen des Idols Schumacher zu treten. Und ganz im Stile Schumachers Ferrari, die 2014 ins Mittelfeld abgesackt waren, wieder an die Spitze zu führen.

Danner spricht Klartext: Ist Vettel bei Ferrari gescheitert? (36:24 Min.)

Das Comeback schien märchenhaft anzulaufen, im zweiten Rennen führte Vettel die Scuderia zurück auf die Siegerstraße. 2016 folgte ein siegloser Dämpfer, bevor 2017 endlich das WM-Paket da war. Doch die WM-Challenge kollabierte in der zweiten Saisonhälfte, Startunfall und Technik-Defekte inklusive.

Noch dramatischer wurde es 2018. Als WM-Führender mit vier Siegen rutschte Vettel bei Nieselregen in Hockenheim in Führung liegend ins Aus. Danach häuften sich die Fehler, auch beim Ferrari-Heimrennen in Monza drehte sich Vettel aus dem Rennen um den Sieg. Die WM-Chancen waren lange vor dem Finale wieder dahin.

Hockenheim 2018 - Wendepunkt in Vettels Ferrari-Karriere?, Foto: Sutton
Hockenheim 2018 - Wendepunkt in Vettels Ferrari-Karriere?, Foto: Sutton

Die Rehabilitation blieb 2019 aus, als das Auto in der ersten Jahreshälfte der Konkurrenz unterlegen war, und Vettel auch noch das Stall-Duell gegen den neuen Teamkollegen Charles Leclerc verlor. Immerhin hat er noch die Chance, 2020 die Mission abzuschließen, wenngleich Ferrari in den Wintertests nicht nach Weltmeister aussah.

Fernando Alonso: Der gefrustete Retter

Vettel allerdings hatte schon einen gefallenen Ferrari-Heilsbringer beerbt. 2010 hatte die Scuderia den Zweifach-Weltmeister Fernando Alonso angeheuert, um einem Abwärts-Trend nach den vorangegangenen WM-Titeln von Michael Schumacher und Kimi Räikkönen beizukommen. Um Alonso ein Jahr früher zu bekommen, wurde Räikkönen sogar ausbezahlt.

Alonso bedankte sich mit einem Sieg bei seinem Ferrari-Debüt 2010 in Bahrain. In der WM zwischenzeitlich 47 Punkte zurück, übernahm Alonso drei Rennen vor Schluss die Führung. Doch beim Finale in Abu Dhabi verlor er den Titel nach einer strategischen Fehlentscheidung von Ferrari an Red Bull und Sebastian Vettel.

Fernando Alonsos Ferrari-Jahre waren von knappen Entscheidungen gezeichnet, Foto: Sutton
Fernando Alonsos Ferrari-Jahre waren von knappen Entscheidungen gezeichnet, Foto: Sutton

Nach einem mühsamen Jahr 2011 befand sich Alonso 2012 erneut im WM-Kampf. Wieder hieß der Gegner Vettel. Alonso zauberte mit unterlegenem Material und hielt die Weltmeisterschaft durch Konstanz bis zum Finale in Interlagos offen. Am Ende fehlten ihm drei Punkte auf den Titel.

Nach einem weiteren durchwachsenen Jahr holte Ferrari Räikkönen für 2014 zurück, um Alonso unter Druck zu setzen. Den Iceman ließ der Asturier zwar verblassen, doch seine Tage in Maranello waren gezählt. Ferrari hatte den Reglements-Wechsel auf V6-Hybrid-Motoren verbockt, und Alonso machte sich mit lauter Kritik beim Management unbeliebt. Der Vertrag wurde in beiderseitigem Einvernehmen vorzeitig aufgelöst, Sebastian Vettel füllte das Cockpit.

Alain Prost: Von WM-Kandidat zum LKW-Ferrari

Kritik spielte auch bei einem anderen Mehrfach-Weltmeister eine kritische Rolle. Die Verpflichtung des damaligen Dreifach-Champions Alain Prost für die Saison 1990 war auf dem Papier die perfekte Win-Win-Situation. Ferrari suchte händeringend nach einem gestandenen Top-Fahrer, der das Potential der Autos entfesseln konnte. Prost wiederum hatte nach zwei nervenaufreibenden Jahren im teaminternen Duell gegen Ayrton Senna mit McLaren Honda abgeschlossen.

Schon im Rahmen des Grand Prix von Italien in Monza 1989 verkündete Prost seinen Wechsel zur Scuderia - lange bevor er sich ein letztes Mal gegen den Brasilianer durchsetzte und den WM-Titel sicherstellte. Und tatsächlich schien Prost die richtige Wahl gewesen zu sein: 1990 gewann er gleich fünf Rennen und kämpfte wieder mit seinem alten Rivalen Senna um die WM. Doch beim vorletzten GP in Suzuka entschied Senna das Duell mit einer Kollision für sich.

Keine Freunde mehr - Prosts Ferrari explodiert 1991 in Ungarn, Foto: Sutton
Keine Freunde mehr - Prosts Ferrari explodiert 1991 in Ungarn, Foto: Sutton

1991 ging es plötzlich rapide bergab. Ferrari war mit den Modellen 642 und 643 nicht mehr konkurrenzfähig. Prost fuhr lediglich fünfmal aufs Podium, dazu litten die Boliden unter massiven Zuverlässigkeitsproblemen. Vor dem Finale in Adelaide fiel er bei Ferrari in Ungnade, nachdem er das Handling des Autos mit einem LKW verglichen hatte. Mit seiner vorzeitigen Entlassung fand Prosts Zeit in Rot ein unrühmliches Ende.

Nigel Mansell: Aufsteiger im Defekt-Dilemma

Schon 1990 war Nigel Mansell nach zwei Jahren wieder aus Maranello abgereist. Im Sommer 1988 hatte Enzo Ferrari Mansell von Grove nach Maranello geholt - er war der letzte Fahrer, den "il Commendatore" persönlich auswählte. Nach zwei Vizeweltmeisterschaften mit Williams hoffte der Brite bei Ferrari auf den endgültigen Durchbruch, während die Italiener in ihm die Antwort auf die von Ayrton Senna und Alain Prost angeführte McLaren-Honda-Dominanz sahen.

Der Beginn der Zusammenarbeit war vielversprechend. Mansell siegte 1989 gleich im ersten Rennen in Rio de Janeiro. Durch seine furchtlose Art eroberte er schnell die Herzen der Tifosi, welche ihn "il leone" tauften.

Die Partnerschaft Mansell-Ferrari ging 1990 in die falsche Richtung, Foto: Sutton
Die Partnerschaft Mansell-Ferrari ging 1990 in die falsche Richtung, Foto: Sutton

Doch die Euphorie war nur von kurzer Dauer. Seine zwei Jahre bei Ferrari waren von Defekten geplagt. Zwar gewann Mansell drei Mal und beendete nur zwei Rennen nicht auf dem Podium - sofern es der Ferrari bis zum Ende schaffte, was oft nicht der Fall war. 1990 lief ihm außerdem Neuzugang Alain Prost als neuer Teamleader schnell den Rang ab, woraufhin Mansell unverrichteter Dinge zu Williams zurückkehrte.

Jacky Ickx: Junger Wilder ohne WM

Nicht immer ist es ein Weltmeister, der die Ferrari-Hoffnungen nicht erfüllen kann. 1968 investierte die Scuderia in die 23-jährige belgische Nachwuchshoffnung Jacky Ickx. Mit gerade einmal F1-Rennen Erfahrung ging der Belgier nach Maranello.

Das erste Jahr verlief mit einem Sieg, zwei dritten Plätzen und Rang vier in der WM vielversprechend. Ickx sah bei Brabham eine bessere Perspektive und verließ Ferrari nach der Saison wieder - nur um 1970 wieder bei den Italienern anzuheuern, nachdem diese von Jackie Stewart eine Absage erhalten hatten. Fast reichte es zum WM-Titel, doch ein schwacher Saison-Auftakt bedeutete einen zu großen Rückstand, Ickx wurde hinter Jochen Rindt Vize-Weltmeister.

Nicht mehr schnell genug: Jacky Ickx im 1973er-Ferrari 312, Foto: Sutton
Nicht mehr schnell genug: Jacky Ickx im 1973er-Ferrari 312, Foto: Sutton

Die beiden darauffolgenden Jahre beendete er jeweils auf Platz vier der Weltmeisterschaft, während Ferraris Autos immer schlechter wurden. Mitte 1973 gab Ickx auf, wechselte zu McLaren. Der WM-Titel blieb ihm auch bei anderen Teams verwehrt, seine größten Erfolge kamen in Sportwagen-Rennen für Porsche. Bei Ferrari folgte ihm Niki Lauda nach, der die Scuderia zurück auf die Siegesstraße führte.

Sebastian Vettel *Fernando AlonsoAlain ProstNigel MansellJacky Ickx
Rennen10196303155
Siege1411536
Poles124-311
Podien5444141116

* Sebastian Vettel verbleibt noch ein Jahr bei Ferrari.