Die Formel-1-Saison 2020 sollte mit 22 Rennen die längste der Geschichte werden. Doch davon ist die Königklasse des Motorsports aufgrund der Corona-Krise weit entfernt. Frühester Saisonstart ist nun der 14. Juni. Realistisch gesehen wird sich aber auch in Montreal kein Rad drehen.

Sieben Rennen sind schon offiziell verschoben, der Monaco GP sogar ganz abgesagt. Für die Fans ist es schade, dass keine Rennen gefahren ist, für die Teams existenzbedrohend. "Natürlich spüren wir die Auswirkungen, das betrifft jedes Team", sagte AlphaTauris Teamchef Franz Tost im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com über die finanzielle Lage angesichts der Corona-Krise.

Auch wenn sich die Preisgeldausschüttung nach dem Konstrukteursrang des Vorjahres richtet, die zu verteilende Summe wird von den aktuellen Einnahmen bestimmt. Und da sieht mau aus. "Wir sind noch nicht einmal ein Rennen gefahren. Das heißt, uns fehlen die Einnahmen, die normalerweise von den Rennen in Australien, Bahrain, Vietnam und China gekommen wären. Das hat ganz gravierende Folgen seitens der Finanzen", so Tost. "Rennabsagen wirken sich gravierend aus, wir sprechen da von einigen Millionen, die wir nicht bekommen."

Der Österreicher warnt: "Ich will nicht als Pessimist gelten, aber ich fürchte, dass wir in eine riesengroße globale Wirtschaftskrise hineinlaufen. Die Formel 1 wird davon ganz heftig getroffen werden. Ich gehe davon aus, dass nach der Krise nichts mehr genauso ist, wie es bis dato war."

Wie viele Rennen schafft die Formel 1 2020?

Während Sportveranstaltung um Sportveranstaltung abgesagt oder verschoben wird, muss die Formel 1 alles daran setzen, sobald wie möglich wieder Rennen zu fahren - und so viele wie möglich. "Wenn wir diese Saison keine Rennen mehr fahren, dann denke ich, dass alle Teams riesengroße finanzielle Probleme bekommen werden. Da geht es ums Überleben", so Tost.

Um die Teams finanziell zu entlasten, wurden bereits erste Maßnahmen getroffen. Der Shutdown wurde von zwei auf drei Wochen verlängert und nach vorne gezogen. So können außerdem - sollte sich die Lage bis dahin wieder beruhigt haben - im August Rennen nachgeholt werden.

Außerdem wurde die Regel-Revolution von 2021 auf 2022 verschoben. "Es wäre absoluter Wahnsinn gewesen, dieses Jahr unter den gegebenen Umständen, eine Doppelentwicklung durchzuführen", sagt der AlphaTauri-Teamchef. "Gottseidank hat hier die Vernunft gesiegt."

Gleichzeitig wurden die Monocoques für die nächste Saison eingefroren. Heißt, die Teams dürfen die teuerste Komponente am Auto zur Saison 2021 nicht weiterentwickeln. Die Homologation weiterer Teile wird noch diskutiert.

Tost: Maßnahmen helfen nur bei 10-15 Rennen

Reichen die Maßnahmen? "Die helfen nur dann, wenn wir dieses Jahr noch mindestens 10 bis 15 Rennen fahren", glaubt Tost. "Falls wir weniger oder gar keine Rennen fahren, ist das viel zu wenig, um die angefallenen Kosten zu kompensieren."

Tost fordert: "Dann müssen sich die Teams zusammensetzen, um gravierende Maßnahmen zu besprechen. Da geht es dann nicht darum, dass ein paar Teile eingefroren werden: Dann muss man schauen, wie kann die Formel 1 überhaupt überleben? Es ist jetzt eine Hypothese, darüber zu diskutieren, aber das würde richtig einschneidende Maßnahmen erfordern."

Das gesamte Interview mit Franz Tost gibt es demnächst auf Motorsport-Magazin.com. Der Formel-1-Teamchef erzählt darin unter anderem von seinem Arbeitsalltag während der Corona-Krise und den Folgen der Pandemie für den Fahrermarkt.