Das Coronavirus beherrscht aktuell nahezu weltweit unseren Alltag, auch den der Formel 1. Für gewöhnlich stets in ihrer eigenen Welt unterwegs, musste auch die Königsklasse drastische Maßnahmen gegen die Epidemie ergreifen. Der Saisonstart ist praktisch auf unbestimmte Zeit verschoben, Stand jetzt, und mit viel Glück, geht es frühestens am 14. Juni in Montreal los.

Um trotzdem nicht auf die F1 verzichten zu müssen, schwelgt Motorsport-Magazin.com ab sofort Tag für Tag in der Geschichte und blickt zurück, was an dem jeweiligen Datum bereits alles in der 70-jährigen Historie der Formel 1 geschehen ist. Heute: 29. März.

Ein neues Reglement führt in der Formel 1 leicht zu einem veränderten Kräfteverhältnis. Darauf lagen auch die Hoffnungen für die Saison 2009, die mehrere Regeländerungen bereithielt. Die Slicks kehrten zurück, mit dem KERS wurde ein System zur Rückgewinnung kinetischer Energie eingeführt und die Aerodynamik der Fahrzeuge wurde durch breitere Frontflügel und höhere Heckflügel verändert. Tatsächlich tauchte ein neuer Player im Konzert der Großen auf.

Dass Brawn GP in jenem Jahr wie Phönix aus der Asche kam und die ersten Rennen dominierte, hatte damit aber nicht viel zu tun, zumal das Team auf den Einsatz von KERS verzichtete. Vielmehr war der Gewinn von Fahrer- und Konstrukteurs-WM das Resultat konsequenter Arbeit des Vorgängerteams Honda. Der japanische Autohersteller hatte zuvor 15 Monate Entwicklungszeit in das neue Auto gesteckt, ehe er sein Werksengagement in der Formel 1 nach der Saison 2008 beendete. Dem großen Wurf der Honda-Designer drohte das Aus, ohne jemals im Rennbetrieb gefahren zu sein.

Späte Übernahme durch Ross Brawn

Doch soweit kam es nicht. Nach dem Rückzug gab es schnell mehrere Interessenten, die das Team von Honda übernehmen wollten. Ross Brawn, der zuvor der Teamchef des Rennstalls war, erhielt schließlich den Zuschlag. Der Kauf zog sich hin und wurde erst rund drei Wochen vor dem Saisonstart in Melbourne eingefädelt. Entsprechend spät kam der Motoren-Deal mit Mercedes zustande.

Der als BGP 001 bezeichnete Bolide erhielt dadurch nur wenig Testzeit auf der Strecke. Trotz des Erfahrungsrückstands ging das Team mit seinen Fahrern Jenson Button und Rubens Barrichello als Testsieger aus der gemeinsamen Testwoche aller Teams in Barcelona hervor.

Beobachter waren sich über den Wert dieser Bestzeit uneinig. In Australien ließen die Piloten von Brawn GP aber keine Zweifel an der Konkurrenzfähigkeit ihres Pakets aufkommen. In der Qualifikation war Pole-Setter Jenson Button sechs Zehntel schneller als Sebastian Vettel, der hinter Rubens Barrichello Dritter wurde. Unterstrichen wurde die Überlegenheit dadurch, dass die Brawn-Piloten mit mehr Benzin im Tank in die Qualifikation gegangen waren. Damals durfte in den Rennen noch nachgetankt werden. Im letzte Qualifying-Segment fuhren die Fahrer mit jener Benzinmenge, die für den ersten Stint im Rennen vorgesehen war.

Sonntags fuhr Button einen Start-Ziel-Sieg ein. Der Brite kontrollierte das Rennen und managte die Pace nach Belieben. Sein Teamkollege Barrichello fuhr nach einem verpatzten Start noch auf Platz zwei nach vorne. Der Brasilianer hatte allerdings Glück, von einer späten Kollision zu profitieren, die ihn zwei Plätze nach vorne brachte.

Doppeldiffusor war ein Schlüssel zum Erfolg

Der Doppelsieg am 29. März 2009 war der Start in eine überlegene erste Saisonhälfte. Die Brawn-Piloten profitierten in den ersten Rennen vor allem vom Doppeldiffusor, den die Honda-Ingenieure entwickelten und der für mehr Abtrieb sorgte. Anfänglich hoffte die Konkurrenz auf ein Verbot dieses Technikkniffs. Doch die FIA erklärte ihn für legal. Button fuhr in den ersten acht Rennen, sechs Siege ein. Der Vorsprung in der WM-Wertung auf den Drittplatzierten Sebastian Vettel betrug nach dem Rennen in Silverstone 25 Punkte. Für einen Sieg gab es damals zehn WM-Punkte.

In der zweiten Saisonhälfte drehte sich das Kräfteverhältnis. Die Brawn-Verfolger hatten größere Ressourcen, um ihre Fahrzeuge weiterzuentwickeln. Vettels Aufholjagd wurde durch zwei Ausfälle in Budapest und Valencia erschwert. Währenddessen lautete die Devise bei Brawn GP: Vorsprung verwalten. Die Fahrer des Teams mussten sich in den verbleibenden Rennen allerdings mit schlechteren Resultaten als in der ersten Saisonhälfte zufriedengeben: Button fuhr in den letzten neun Rennen nur noch zweimal auf das Podest. Einen weiteren Sieg konnte er nicht mehr feiern.

Brawn-Team existierte nur eine Saison

Dennoch sicherte er sich beim vorletzten Rennen des Jahres in Brasilien den WM-Titel. Auch den Konstrukteurs-Titel brachte das Team vorzeitig unter Dach und Fach. Getrübt wurde das Ergebnis des Teams einzig dadurch, dass Barrichello auf der Zielgeraden der Saison durch Vettel vom zweiten Platz in der Gesamtwertung verdrängt wurde.

Jenson Button und Ross Brawn erlebten 2009 eine Bilderbuch-Saison, Foto: FIA
Jenson Button und Ross Brawn erlebten 2009 eine Bilderbuch-Saison, Foto: FIA

So schnell wie Brawn GP entstanden ist, so schnell war das Team nach der Saison auch schon wieder Geschichte. Nur zwei Wochen nach dem Finale in Abu Dhabi gab Mercedes bekannt, die Mehrheitsanteile zu übernehmen und aus dem Rennastall sein Werksteam zu formen. Namensgeber Ross Brawn blieb dem Team auch in den ersten Jahren nach der Übernahme als Teamchef erhalten.

Was sonst noch geschah:

Vor 5 Jahren: Lewis Hamilton bestreitet in Malaysia seinen 150. Grand Prix.
Vor 11 Jahren: Jarno Trulli bestreitet in Australien seinen 200. Grand Prix.
Vor 46 Jahren: Der langjährige Ferrari-Testfahrer Marc Gene wird geboren.