Motorsport-Magazin.com sucht die nächsten Formel-1-Superstars. Neun Talente unter 25 Jahren stellen sich unserem schonungslosen Check. Wer unter ihnen wurde bislang unterschätzt, wer wird gnadenlos überschätzt?

Esteban Ocon konnte nicht an gute Formel-3-Leistung anknüpfen

Viele Experten zählen Esteban Ocon zur goldenen neuen Generation und nennen seinen Namen dabei ganz selbstverständlich in einem Atemzug mit Verstappen und Leclerc. Und das, obwohl die Karriere des ehemaligen Mercedes-Zöglings längst nicht derart beeindruckend wie die seiner Counterparts verlief. Ocon machte sich zunächst mit Titeln in der Formel 3 und der GP3 einen Namen, bevor er 2016 nach einem kurzen Intermezzo in der DTM den Aufstieg in die Formel 1 schaffte. Dort bestätigte er den ihm vorauseilenden Ruf bisher nicht.

Schon sein erster Teamkollege machte ihm das Leben schwerer, als es bei einem Fahrer des Schlages Verstappen hätte der Fall sein dürfen. Zwar hatte Pascal Wehrlein 2016 bei Manor eine halbe Saison mehr F1-Erfahrung, doch für ein Wunderkind fehlte Ocon auf einen anderen Rookie einfach zu viel. In den zwei darauffolgenden Jahren mit Force India zeichnete sich ein Aufwärtstrend ab, aber auch dort überzeugte er gemessen an seinem Teamkollegen nicht.

Nach Punkten unterlag er Sergio Perez im über weite Strecken stärksten Team des Mittelfeldes zweimal. Zwar entschied er 2018 das Qualifying-Duell mit 16:5 für sich, mit im Durchschnitt nur acht Hundertstelsekunden Vorsprung fiel dieser Vergleich unter dem Strich allerdings denkbar knapp aus - zumal Perez selbst kein Spezialist für eine schnelle Runde ist. Im Rennen zeigte Ocon gegen den Mexikaner auch deutlich zu wenig, um als Herausforderer für Verstappen durchzugehen.

Bei Force India konnte Esteban Ocon gegen seinen Teamkollegen Sergio Perez nicht brillieren, Foto: Sutton
Bei Force India konnte Esteban Ocon gegen seinen Teamkollegen Sergio Perez nicht brillieren, Foto: Sutton

In der Formel 3 lieferte er sich mit dem Niederländer erbitterte Duelle. In der Formel 1 sind wenn überhaupt nur noch die Animositäten dieser Rivalität übrig, wie die kontroverse Kollision beim Brasilien GP 2018 zeigte. Die Rückkehr Ocons 2020 mit Renault wird den endgültigen Beweis über sein Potential liefern. Dort heißt seine Messlatte Daniel Ricciardo. Ein hoher Benchmark, der Verstappen 2017 und 2018 bei Red Bull trotz seines hohen Levels relativ deutlich unterlag.

Allgemeine Einschätzung: Verstappens Endgegner
Unsere Meinung: Falsch!
Unser Urteil: ÜBERSCHÄTZT

Formel 1 2020: Der ultimative Talent-Check (57:11 Min.)

Antonio Giovinazzi sitzt verdient im Alfa Romeo

Als Alfa Romeo seinem Rookie im Spätsommer 2019 den Rücken stärkte, reagierten viele mit Unverständnis. Die Fortsetzung seiner F1-Karriere wurde Antonio Giovinazzi nach einem schwierigen Start nicht gegönnt. Nico Hülkenberg habe das Cockpit mehr verdient, Giovinazzi sei nur wegen seines Vertrags mit Maranello in der Formel 1.

In seiner zweiten Formel-1-Saison zeigte Antonio Giovinazzi solide Leistungen, Foto: LAT Images
In seiner zweiten Formel-1-Saison zeigte Antonio Giovinazzi solide Leistungen, Foto: LAT Images

Dass er bereits nach wenigen Wochenenden die Pace von Kimi Räikkönen zeigte, wurde bei Aussagen dieser Art gerne konsequent ignoriert - genauso wie die Tatsache, dass Giovinazzi zwei Jahre lang keine Rennen gefahren war. Mit seiner Performance und seiner Lernkurve machte er sich um ein zweites Jahr in der Königsklasse mehr als verdient. Giovinazzi ist vielleicht kein Charles Leclerc, doch er ist sicher auch kein Lance Stroll. Mit mehr Routine kann er sich als feste Größe im Grid etablieren.

Allgemeine Einschätzung: Zweitklassiger Ferrari-Protegé
Unsere Meinung: Falsch!
Unser Urteil: UNTERSCHÄTZT

Daniil Kvyat ließ bei Red Bull auf Anhieb Daniel Ricciardo hinter sich

Überschätzt oder unterschätzt? Das lässt sich bei Daniil Kvyat nur schwer beurteilen. Geht es danach, wie der Russe einst in die Formel 1 einstieg, wurde er ganz klar überschätzt. Zum Supertalent hochgejubelt, bestätigte Kvyat diese Vorschusslorbeeren zwar zunächst. Nach einem Jahr der Lehre bei Toro Rosso schlug Kvyat, 2015 zu Red Bull befördert, an der Seite des frischen Vettel-Bezwingers Daniel Ricciardo ein, beendete die Saison in der WM sofort vor dem Australier.

Bei Toro Rosso erhielt Daniil Kvyat 2019 eine weitere Formel-1-Chance, Foto: Sutton
Bei Toro Rosso erhielt Daniil Kvyat 2019 eine weitere Formel-1-Chance, Foto: Sutton

Doch der Erfolg und der Druck durch den nachdrängenden Max Verstappen stiegen Kvyat zu Kopf. Red Bull wechselte den Russen aus. Davon erholte er sich nie mehr - bis zu seinem durchaus beachtlichen Comeback 2019. Eine gewisse Überambition und mangelnde Coolness in brenzligen Situationen werden Kvyat allerdings noch immer nachgesagt - und zwar berechtigt. Ein Superstar wird er als Red Bulls aktuelle Nummer vier nicht mehr.

Allgemeine Einschätzung: Verbranntes Talent
Unsere Meinung: Richtig!

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