Nun ist es offiziell: Die Formel 1 startet nicht wie geplant am 15. März in Melbourne in die Saison 2020. Der Australien GP wurde aufgrund eines Corona-Falls im McLaren-Team abgesagt. Über die Austragung der weiteren Grands Prix wird in den nächsten Tagen diskutiert, aber auch Bahrain und Vietnam gelten inzwischen als unwahrscheinlich.

Den gesamten Donnerstag über gab es im Fahrerlager in Melbourne nur ein Thema: Das Corona-Virus. Bereits am Mittwoch zeigten Teammitglieder von McLaren und Haas Coronavirus-typische Symptome.

Am Donnerstagabend das alarmierende Ergebnis: Während der Test bei den vier Teammitgliedern von Haas negativ ausfiel, wurde der McLaren-Mechaniker positiv auf das Virus getestet.

Formel 1 2020, Melbourne: Warum fiel die Entscheidung so spät? (11:39 Min.)

McLaren informierte die FIA noch am Abend darüber, sich vom Australien GP 2020 zurückzuziehen. Die Entscheidung fällte der britische Rennstall auch zum Schutz der gegnerischen Teams und allen anderen Beteiligten der Formel 1.

Anschließend liefen die Drähte bei FIA und Formel 1 heiß. FIA Präsident Jean Todt machte sich für eine Absage des Saisonstarts stark. Gegen 23:00 Uhr Ortszeit traf sich Rennleiter Michael Masi mit den Teamchefs und diskutierte das weitere Vorgehen.

Eine Entscheidung fiel erst am Freitagvormittag, rund zwei Stunden vor dem geplanten Start des 1. Freien Trainings. Das Problem: Die Formel 1 wollte den GP nicht absagen, um nicht vertragsbrüchig zu werden. Außerdem waren sich die Teams uneins darüber, ob gefahren werden soll oder nicht.

Mercedes ändert Meinung: Daimler überstimmt F1-Team

Während sich die Red-Bull-Teams für eine Durchführung starkmachten, wollten vor allem Ferrari und Mercedes nicht fahren. "Und damit hätten auch andere Teams keinen Motor gehabt", sagte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko zu Motorsport-Magazin.com.

Die endgültige Entscheidung dauerte besonders lange, "weil gewisse Leute ihre Meinung mehrfach geändert haben", so Marko. Damit meint der Grazer Mercedes. Ursprüngliche wollte der Rennstall von Toto Wolff wohl fahren, doch der Daimler-Konzern soll diese Entscheidung nicht mitgetragen haben.

Mercedes veröffentlichte schließlich kurz vor der offiziellen Bekanntgabe ein eigenes Statement. "Das Mercedes Formel 1 Team hat FIA und Formel 1 einen Brief geschrieben, in dem es die Absage des Australien GP forderte", hieß es darin.

Das Statement weiter: "In Anbetracht der höheren Gewalt, die wir gerade mit der Coronavirus-Pandemie erfahren, denken wir nicht mehr, dass die Sicherheit unserer Angestellten garantiert werden kann, wenn wir weiter an diesem Event teilnehmen."

Auch mit McLaren, das nach dem positiven Tests eines Mitarbeiters selbst den Stecker zog, solidarisiert sich Mercedes: "Wir denken, es wäre nicht richtig an einem Event teilzunehmen, an dem unsere Konkurrenten wie McLaren aus Gründen, die nicht in ihrer Macht liegen, nicht teilnehmen können."

Australien GP abgesagt oder verschoben?

Letztlich waren aber die Teams nicht ausschlaggebend für die Entscheidung. "Die Australian Grand Prix Corporation (AGPC der Promoter des Rennens) hat den Rat der örtlichen Gesundheitsbehörde heute Morgen befolgt", erklärte Andrew Westacott, Geschäftsführer der AGPC. "Gleichzeitig hatten wir die die Sache mit Formel 1 und FIA finalisiert."

"Es war eine gemeinsame Entscheidung", ließen die Verantwortlichen immer wieder verlautbaren. Weder die Formel 1, noch FIA, noch der lokale Veranstalter wollten die Absage schlussendlich auf ihre Kappe nehmen. Schließlich geht es auch um Millionen: Wer trägt am Ende die Kosten? Bekommt die Formel 1 eine Antrittsgebühr? Oder muss sie den Veranstalter sogar entschädigen?

"Eine Absage dieser Natur hat viele Konsequenzen und einige davon sind vertraglicher und finanzieller Natur", so Westacott. Liberty Media, der Kommerzielle Rechteinhaber will sich in den nächsten Tagen und Wochen mit dem Promoter zusammensetzen und eine Lösung finden.

Wichtig: Auch wenn zunächst offiziell eine Absage kommuniziert wurde, so handelt es sich vorerst um eine Verschiebung. Die Formulierung hat auch Auswirkungen auf die vertraglichen Details. "Wir wollten zunächst nur nicht von einer Verschiebung sprechen, damit die Fans nicht denken, es handelt sich nur um Stunden", verteidigt sich der Veranstalter.

Wie geht es weiter? Saisonstart erst in Baku?

Eine offizielle Ansage Richtung Bahrain gab es nicht. "Wir kümmern uns heute um die Probleme hier", verteidigte sich Formel-1-Boss Chase Carey. Allerdings sind Melbourne und Bahrain als back-to-back Rennen angesetzt, der Formel-1-Tross reist direkt von Australien nach Bahrain. An das Rennen in der Wüste denkt hinter den Kulissen niemand mehr.

Auch an das dritte geplante Saisonrennen in Vietnam mag niemand mehr glauben. Carey war noch am Donnerstag vor Ort, wollte aber auch dazu keine Stellung beziehen. Das machte Marko für ihn: "Ich glaube, dass wir frühestens in Baku ein Rennen haben werden." Der Aserbaidschan GP ist für den 7. Juni angesetzt.

Fakten zur Absage des Australien GP 2020

  • Der Große Preis von Australien 2020 ist offiziell auf unbestimmte Zeit verschoben, wie F1 und Veranstalter nun klar stellen. Wann er nachgeholt werden könnte, weiß aber niemand.
  • Am Donnerstag wurde ein Teammitglied von McLaren positiv auf den Coronavirus getestet.
  • McLaren zog daraufhin seine Teilnahme am Grand Prix sofort zurück.
  • Die verbleibenden Teams konnten sich nicht einstimmig auf eine Absage einigen.
  • Mercedes war zunächst für einen Start, entschied sich dann aber auf Geheiß von Mutterkonzern Daimler inklusive seiner Kundenteams für eine Absage.
  • Es ist weiterhin unklar, wie mit dem Bahrain GP am nächsten Wochenende verfahren wird. Wenn er gefahren wird, findet er ohne Zuschauer statt.
  • Zudem steht eine Entscheidung über den Vietnam GP bevor. Auch hier droht eine Absage.
  • Es ist noch offen, wann die Saison 2020 beginnt. Möglichkeiten sind Zandvoort (3. Mai), Barcelona (10. Mai), Monaco (24. Mai) und Baku (07. Juni). Europäische Rennen derzeit wegen gesetzlichen Einschränkungen fraglich.