Ferrari liegt zurück. Zu dieser Erkenntnis sind die Italiener nach dem Vorsaison-Test der Formel 1 in Barcelona gekommen. Weder im Qualifying- noch im Renn-Trimm scheinen Sebastian Vettel und Charles Leclerc in der Lage, mit den Favoriten Mercedes und Red Bull mitzuhalten. Das neue Ferrari-Paket hinkt wieder hinterher, statt Siegesfeiern plant Maranello nur Upgradepakete.

Im Hintergrund lauert bereits die aerodynamische Revolution der Saison 2021, die das Bauen komplett neuer Autos verlangt. "Wenn du das verhaust und Monate zurückliegst, könnte dir gut eine halbe Sekunde fehlen", warnt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Wer 2020 mit Rückstand beginnt und überlange hinterherläuft, der ist prädestiniert dafür, den Wechsel auf 2021 zu verpassen. Genau deshalb hat Ferrari-Teamchef Mattia Binotto eine vorzeitige Aufgabe des 2020er-Ferraris auf dem Schirm.

Binotto schließt Aufgabe für 2020 nicht aus

Ferrari kennt das Dilemma aus dem Vorjahr. 2019 starteten sie als dritte Kraft in die Formel-1-Saison und investierten viele Ressourcen in eine Aufholjagd, die erst ab September Ergebnisse zeigte. Das schien 2019 Sinn zu machen, schließlich blieben die Regeln für 2020 fast ident. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten 2020 helfen, wobei Ferraris Wintertest-Form das nicht bestätigt.

Formel 1 2020: Tops & Flops der 2. Testwoche: (16:01 Min.)

Und 2021 ist dann noch einmal eine andere Nummer, da kann kaum etwas übertragen werden. "Wir müssen wohl eine Balance finden", ist Binotto trotzdem zurückhaltend. "Früh in der Saison kannst du nicht das ganze Jahr abschreiben, also werden wir auf jeden Fall weiter an 2020 arbeiten, um das Auto zu verstehen, die Schwächen, und die hoffentlich schnellstmöglich ausräumen."

Dennoch zeigt er sich für alle Eventualitäten offen: "Wenn wir nach ein paar Rennen sehen, dass die Lücke zu groß ist, dann muss diese Idee in Betracht gezogen werden. Aber es ist noch früh. Wir haben ein paar Dinge am Auto, die wir recht schnell behandeln können, also sollten wir uns momentan an unseren Plan für 2020 und 2021 halten."

Binotto: Ferrari 2020 funktioniert, nur nicht gut genug

Nach der zweiten Testwoche blieb Binotto weiter zuversichtlich, dass der neue Ferrari kein Fehlschlag ist. Wieder aufkeimende Gerüchte, dass ihr Windkanal falsche Daten liefert und es daher an der Zeit wäre, alles komplett umzukrempeln, weist er zurück: "Ich denke nicht, dass wir Probleme mit der Korrelation haben. Wenn wir uns selbst anschauen, wurden wir in den Kurven besser, und auf den Geraden schlechter."

"Alle Teile am Auto arbeiten wie beabsichtigt", so Binotto weiter. Probleme beim Zusammenspiel von Windkanal und Strecke will Ferrari schon 2019 bereinigt haben. Der neue Ferrari hat mehr Abtrieb und ist zuverlässiger, was sich die Designer mit viel Luftwiderstand und einem schwächeren Motor erkauft haben. Nur hat die Konkurrenz, so Binotto, einfach bessere Arbeit verrichtet und bessere Gesamtpakete abgeliefert.

Ferrari glaubt: Probleme 2020 lösbar

Ferrari sieht daher nach wie vor Chancen auf Besserung. "Luftwiderstand werden wir vermutlich etwas früher angehen, bei der Power Unit musst du bis zur zweiten Einheit warten", kündigt Binotto an. Traditionell bringen alle Teams zum Kanada-GP, dem gegenwärtig achten Saisonrennen, den zweiten von drei erlaubten Motoren und damit eine Ausbaustufe. Die ersten Aero-Upgrades kommen meist zum ersten Europarennen, 2020 wäre das Rennen vier in Zandvoort.

Nach der zweiten Testwoche wiederholt Binotto sein neues Mantra: Die Saison ist noch lang. "Wir werden, denke ich, Zeit haben, die Entwicklung der Bereiche anzugehen, in denen wir letztendlich zu schwach sind." 2019 verrannten sie sich bei den ersten Aero-Updates erneut. Ob das 2020 anders wird, bleibt abzuwarten.