Sebastian Vettel steht in der Formel 1 2020 am Scheideweg seiner Karriere. Das Duell gegen Ferrari-Teamkollege Charles Leclerc wird für seinen Vertrag 2021 entscheidend sein und unter Umständen auch dafür, ob der viermalige Weltmeister der Königsklasse überhaupt treu bleibt. Wenige Tage vor dem Start der Testfahrten in Barcelona stärkt nun Nico Rosberg seinem Landsmann den Rücken. Der Experte und YouTuber glaubt an ein Comeback Vettels, sieht ihn aber dennoch in einer schwierigen Situation.

"Sebastian ist einer der besten Fahrer da draußen, einer der besten aller Zeiten. Das wissen wir", so der Formel-1-Weltmeister von 2016 im Interview mit RTL. Dass Vettel gegen Leclerc in der ersten gemeinsamen Saison bei der Scuderia unterlag, ändert für ihn nichts am Standing des langjährigen Ferrari-Teamleaders.

"Mit etwas Abstand kann er seine Fehler gut analysieren und sich selbst hinterfragen. Er ist super fleißig und ehrgeizig. Das war schon immer seine Stärke", erklärt Rosberg. Für ihn hat Leclerc das Duell bei den Roten noch lange nicht für sich entschieden: "Deswegen traue ich ihm definitiv zu, dass er seinen Teamkollegen Leclerc dieses Jahr vielleicht sogar wegputzen kann."

Doch viel Zeit bleibt Vettel dafür offenbar nicht. Denn für Rosberg beginnt das Duell um die Vormachtstellung bei Ferrari schon vor dem Saisonauftakt in Melbourne. "Er muss jetzt schauen, dass er sich wieder neu etabliert als Leader im Team. Da muss er jetzt schon in den Testfahrten immer zeigen, wer der Herr im Haus ist und immer schneller sein", mahnt der 34-Jährige. "Besonders in den ersten Rennen ist es wichtig, dass er gute Leistung abliefert."

Rosberg: Leclerc-Niederlage für Vettel hart

2019 war Vettel zum zweiten Mal in seiner 13-jährigen F1-Karriere mit einem Teamkollegen konfrontiert, dem er nicht Herr werden konnte. 2014 war es Newcomer Daniel Ricciardo, der ihm bei Red Bull das Wasser abgrub. "Letztes Jahr war so eine sauschwierige Situation für ihn, dass er da so einen Jungspund ins Team bekommt, der ihn dann direkt auf Anhieb schlägt, über die Saison gesehen. Das ist hart", so Rosberg.

Hart ist es für Vettel besonders deshalb, weil er bei Ferrari in fünf Saisons bisher nicht erfolgreich war, was die Ambitionen seiner selbst und des Teams angeht. Dass Leclerc diesen Winter mit einem Vertrag bis einschließlich 2024 ausgestattet wurde, ist für Rosberg kein gutes Zeichen.

"Man sieht ja auch die ganzen Anzeichen, dass Ferrari auch so überzeugt von dem ist. Er hat einen langfristigen Vertrag und die fahren voll auf ihn ab, langfristig", sagt er. "Leicht ist das nicht für Sebastian, denn das stärkere Bekenntnis hat Leclerc vom Team bekommen."

Vettel muss sich Ferraris Vertrauen wieder erarbeiten

Etwas, wofür Vettel in seinen Augen selbst verantwortlich ist. "Das liegt daran, dass Sebastian die letzten Jahre keine optimalen Saisons hatte. Er muss sich das hundertprozentige Vertrauen von seinem Team wieder erarbeiten", mahnt Rosberg. Vor allem 2019 hätte Vettel seiner Ansicht nach eigentlich vor Leclerc sein müssen: "Das Auto war definitiv nicht auf Leclerc zugeschnitten, weil Sebastian der Nummer-eins-Fahrer war. Alles wurde für Sebastian angefertigt."

Die Begründung, dass das nervöse Heck des SF90 den Fahrstil Vettels benachteiligte, stützt der ehemalige Mercedes-Pilot jedoch: "Leclerc hat sich dann aber tatsächlich wohler gefühlt im Auto, weil das Heck vom Ferrari unstabil war. Mit solch einem Auto hat der Sebastian schon immer Probleme gehabt. Man kann das Problem innerhalb einer Saison nicht so schnell beheben."

Wegen Schumacher: Rosberg sieht Vettels Zukunft weiter bei Ferrari

Mit dem SF1000 werden die Karten zwischen Vettel und Leclerc neu gemischt. Sollte Vettel sich rehabilitieren können, glaubt Rosberg an die Fortsetzung seiner Laufbahn. "Er wird jetzt schauen, was dieses Jahr passiert. Wenn es gut läuft, wird er bestimmt auch 2021 in einem Top-Auto sitzen", sagt er.

Nachdem Red Bulls Berater Dr. Helmut Marko eine Rückkehr Vettels bereits mehrfach ausgeschlossen hat, sieht Rosberg für den Heppenheimer neben Ferrari nur eine realistische Option: "Mercedes wäre für ihn als Deutschen auch eine Option." Gleichzeitig glaubt er jedoch nicht daran, dass Vettel Maranello unverrichteter Dinge den Rücken kehren will.

"Allerdings kann ich mir vorstellen, dass der große Traum ist, mit Ferrari Weltmeister zu werden. Gerade mit Michael Schumacher als Idol. Ich denke schon, dass er diesen Traum noch eine Weile verfolgen wird."