2019 hat Mattia Binotto in der ersten Saison als Ferrari-Teamchef viele Facetten seiner neuen Rolle kennengelernt: Nach den guten Zeiten bei den Formel-1-Testfahrten herrschte Euphorie, die Ergebnisse des ersten Rennens waren ernüchternd. In Monza feierte Neuling Charles Leclerc seinen ersten Sieg, kurz darauf legte Sebastian Vettel in Singapur nach. Als beide beim Rennen in Brasilien kollidierten, war der Schweizer als Mediator zwischen den beiden Fahrern gefragt.

Mit etwas Abstand blickte er nun noch einmal auf die Zeit nach dem Crash zurück. "Am Dienstag nach dem Unfall, in den sie beim Großen Preis von Brasilien verwickelt wurden, läutete bei mir das Telefon und auf dem Monitor sah ich Seb und Charles, und zwar zusammen", wird Binotto im Original Ferrari Magazine zitiert. "Sie hatten miteinander gesprochen und die Angelegenheit geklärt und riefen mich an, um ein Gespräch zu dritt zu führen. Eine solche Geste ist alles andere als banal, und zeigt einen bemerkenswerten Teamgeist", berichtet Binotto.

So kam es zur Kollision in Brasilien

Im vorletzten Saisonrennen durften Leclerc und Vettel frei gegeneinander fahren. Für beide ging es nicht nur darum, sich im Rennen vor dem anderen zu behaupten, sondern auch in der WM-Wertung. Schließlich lag Leclerc zu diesem Zeitpunkt mit 19 Zählern vor seinem Teamkollegen auf dem vierten Platz. Leclerc überholte Vettel in der Schlussphase des Rennens am Ende von Start-Ziel. Der Deutsche wollte sich nicht geschlagen geben. Er quetschte sich an Leclerc vorbei. Dabei berührten sich die beiden Autos.

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Schon wenige Stunden nach dem Unfall war Binotto bemüht, etwas Positives aus der Situation zu ziehen. Dies bekräftigt er bis heute: "Und nochmal zu Brasilien - es ist besser, dass sich so etwas jetzt ereignet. Es hilft uns, in Hinblick auf das kommende Jahr klarer zu sehen", sagt der 50-Jährige und meint wohl damit, dass die Regeln klarer abgesteckt werden müssen, um solche Zwischenfälle in Zukunft zu vermeiden.

Binotto lobt gute Stimmung bei Ferrari

Der Vorfall in Sao Paulo war der Höhepunkt der teaminternen Rivalität. Schon einige Wochenenden zuvor beim Rennen in Russland gab es Unstimmigkeiten, als Sebastian Vettel nach dem Start die Führung übernahm und diese auch behielt. Die Absprache im Team sah eigentlich einen Platztausch vor, nachdem Vettel vom Windschatten Leclercs profitiert und ihn überholt hatte. Es entstand in der Folge ein heftiger Funkverkehr, bei dem die Fahrer mit dem Team über einen Platztausch debattierten. Davon ließ sich Vettel nicht beirren. Er gab seinem Teamkollegen nicht den Vortritt.

Obwohl die Situation nach außen angespannt wirkt, schwärmt Binotto von einer guten Stimmung innerhalb der Mannschaft: "Ich freue mich sehr darüber, wie stark der Teamgeist gewachsen ist. Wir halten fest zusammen, einschließlich der Fahrer, trotz all dem, was da von gewisser Seite behauptet wurde."