Für Ferrari-Fans war die Formel-1-Saison 2019 ein Albtraum, anders kann das Jahr der Roten eigentlich gar nicht beschrieben werden. WM-Träume aus den Wintertestfahrten stellten sich als Trugbilder heraus, und über weite Strecken fuhren Sebastian Vettel und Charles Leclerc Mercedes und auch Red Bull hinterher.

Probleme machte aber nicht nur das Chassis. Bei Ferrari hakte es 2019 auch anderswo gewaltig. Kein Team machte sich so gerne zum Gespött der Formel 1 wie die Scuderia. Mehr als einmal wurden ihre Strategieentscheidungen belächelt, und kleine Defekte mit großen Auswirkungen tauchten viel zu regelmäßig auf. Ergänzt wurde das auch noch durch die Fehlerbilanz von Vettel und Leclerc - zu Jahresende auch noch im Clinch mit dem jeweils anderen.

Ferrari sammelt 2019 Fehler wie Briefmarken

"Viele kleine Dinge führten zu einem am Ende vielleicht nicht großartigem Bild", kommentierte Sebastian Vettel die Ferrari-Saison am Schluss. Damit hat er wohl Recht: Die Fehlerliste beinhaltet viele kleine Fehltritte mit großen Konsequenzen.

RennenFahrerSessionFehler
WintertestVettel-Crash nach Felgenschaden
BahrainVettelRDreher im Duell mit Hamilton
LeclercRkaputtes Zündsystem
ChinaVettel & LeclercRverspätete Stallorder
AserbaidschanLeclercQ3Crash
Spanien--Update-Fehlschlag 1
Vettel & LeclercRverspätete Stallorder
MonacoVettelFP3Crash
LeclercQ1Aus nach Fehleinschätzung des Teams
LeclercRDreher und Schaden nach verschätzter Attacke
KanadaVettelRAusrutscher und Strafe
Frankreich--Update-Fehlschlag 2
ÖsterreichVettelQ3kaputte Druckluft-Leitung
GroßbritannienVettelRCrash mit Max Verstappen
DeutschlandVettelQ1kaputter Ladeluftkühler
LeclercQ3Defekt
UngarnLeclercQ2Dreher und Crash
ItalienVettel & LeclercQ1/2/3Streit um Windschatten
VettelRDreher und Stroll abgeschossen
RusslandVettelRTeamorder ignoriert
VettelRkaputtes Hybridsystem
JapanLeclercRStartcrash mit Max Verstappen, Strafe
USALeclercFP3Motorschaden
VettelRAufhängungsschaden
BrasilienVettel & LeclercRKollision
Abu DhabiLeclercRfalsche Benzinmenge angegeben

Jedenfalls ist sie divers. Da wären zum Beispiel Ferraris technische Defekte. Während die eigentlichen Power Units bis auf einen Schaden bei Leclerc hielten, sorgten kleine Defekte mit beunruhigender Regelmäßigkeit für Probleme. Ein kaputtes Zündsystem kostete Leclerc den Bahrain-Sieg, eine kaputte Druckluft-Leitung Vettel die Chance auf die Spielberg-Pole. Hockenheim bleibt das Lowlight: Mit aussichtsreichen Pole-Chancen strandeten beide Fahrer in der Garage.

War es nicht das Auto, so fand auch das Team gerne einen Weg. Zwei Update-Pakete waren Fehlschläge. Mehrmals verpassten sie es, rechtzeitig Stallorder auszusprechen und den Fahrer mit neuen Reifen am Fahrer mit alten Reifen vorbeizuwinken. Unvergessen auch die Qualifying-Glanzleistung in Monaco, als man die Streckenevolution unterschätzte und Charles Leclerc an der Box ließ, wodurch er schon in Q1 rausflog.

Und hielt das Team zusammen, gab es da immer noch die Fahrer. Vettels ungeschickte Dreher in Bahrain oder Monza endeten mit Karbon-Kleinteilen, während ein immer wieder zu stürmischer Leclerc im Qualifying von Baku eine Pole-Chance, in Hockenheim wohl sogar eine Sieg-Chance in die Reifenstapel setzte.

Vettel vs. Lance Stroll in Monza, Foto: LAT Images
Vettel vs. Lance Stroll in Monza, Foto: LAT Images

Und überhaupt schien die Teamordnung nicht klar zu sein. In Monza bemühten sich beide Fahrer, dem Teamkollegen ja keinen Windschatten zu geben. In Sotschi verweigerte Vettel Teamanweisungen und ließ sich partout nicht umstimmen. In Brasilien crashten sich die beiden dann auch noch ganz aus dem Rennen.

Binotto: Ferrari ist jung und wird aus Fehlern lernen

"Auf jeden Fall müssen wir uns jeden einzelnen Fehler anschauen", stimmt Teamchef Mattia Binotto in Abu Dhabi zu, als er auf die enorme Fehlerquote angesprochen wird. "Wir werden sie als gelernte Lektionen betrachten."

Binotto ist gleichzeitig aber auch der Meinung, dass Ferraris Fehlerquote zu rechtfertigen sei: "Ich glaube nicht, dass wir große Veränderungen brauchen. Das ist denke ich eine Frage der Erfahrung. Wir sind ein junges Team, und auf einer steilen Lernkurve." Für Binotto ist es das erste Jahr als Teamchef, und für Leclerc natürlich auch das erste Jahr bei Ferrari.

Ferraris wurden 2019 allzu oft abgeschleppt, Foto: LAT Images
Ferraris wurden 2019 allzu oft abgeschleppt, Foto: LAT Images

"Es geht hauptsächlich darum, dass wir sicherstellen, dass alles, was auch immer in dieser Saison passiert ist, behandelt wird", sagt Binotto. Änderungen, wie zum Beispiel im technischen Management, gab es bereits während der Saison. Im Winter sollte die Zeit ausreichen, um das Schiff für 2020 wieder auf Kurs zu bringen. Und wer gegen Mercedes um die WM kämpfen will, sollte das besser schaffen.