Es ist die Sportnachricht dieser Woche: Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hat Russland wegen manipulierter Daten von Dopingtests für vier Jahre von internationalen Sportgroßereignissen ausgeschlossen. Russland als Nation darf somit mitunter nicht an den Olympischen Spielen in Tokio 2020 und Peking 2022 teilnehmen.

Gleichzeitig dürfen russische Sportler ohne Dopingvorbelastung nur als neutrale Athleten antreten, also ohne Nationalflagge und -hymne im Fall eines Medaillenerfolgs.

Russland darf keine internationalen Großereignisse ausrichten

Noch dazu ist Russland die Ausrichtung internationaler Sportgroßereignisse untersagt. Nicht darunter fallen Spiele der kommenden Fußball-Europameisterschaft in St. Petersburg, da es sich hier nur um einen kontinentalen Event handelt. Auch bereits vergebene Weltmeisterschaften sollen entzogen werden.

Genau hier wird es für die Formel 1 interessant. Immerhin handelt es sich bei der Königsklasse um eine Weltmeisterschaft, die FIA als 'Governing Body' der Formel 1 wird vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) registriert und von der Wada als Zeichner des Welt-Anti-Doping-Codes geführt. So sind auch in der Formel 1 Stichproben-artige Dopingtest nicht ausgeschlossen, zuletzt wurde etwa Nico Hülkenberg beim Saisonfinale im Abu Dhabi noch vor den TV-Interviews kurz beiseite genommen.

Russland GP in Gefahr? Ausnahme könnte greifen

Wie sieht es also mit dem Russland GP aus? 2020 ist für den 27. September das nächste F1-Rennen im Sochi Autodrom angesetzt, der Vertrag von Sotschi-Promotor Rosgonki mit der Formel 1 läuft noch bis 2025. Allerdings handelt es sich bei der Formel 1 um eine internationale Meisterschaft. Muss der Russland GP also abgesagt, ein Ersatzkandidat gesucht werden, wie es die Wada in solchen Fällen verlangt? Aktuell deutet es eher auf das Gegenteil hin.

Hintergrund sind Einschränkungen seitens der Wada. Eine gewisse Flexibilität müsse bestehen bleiben, hieß es. Etwa wegen zu kurzer Zeit, einen Ersatzausrichter zu finden. Das könnte etwa für die Rodel-WM im kommenden Februar gelten. Für den Russland GP im September? Wohl eher nicht.

Sotschi-Promoter sicher: Russland GP findet statt

Stattdessen könnte Sotschi etwas anderes retten: Wenn vertragliche und praktische Gründe den Wechsel zu einem Ersatzausrichter ausschließen, besteht ebenfalls die Möglichkeit einer Ausnahme. Genau das könnte im Fall der Formel 1 und des Russland GP zum Tragen kommen. "Wir werden die Situation überwachen, um zu sehen, ob es einen Rechtsbehelf gibt und wie das Ergebnis aussehen würde", zitiert die britische BBC einen F1-Sprecher.

Darauf beruft sich auch Promoter Rosgonki. Es sei rechtlich und technisch unmöglich das Rennen zu verschieben, heißt es in einem Statement. "Der Vertrag zur Ausrichtung des russischen Laufs der Formel 1-Weltmeisterschaft wurde 2010 unterzeichnet, lange vor den seitens der Wada untersuchten Ereignissen, und läuft bis 2025", so der Promoter. "Wir sind zuversichtlich, dass der Formel-1-Grand-Prix von Russland 2020 und in den nächsten Jahren stattfinden wird, und laden alle nach Sotschi ein. Der Ticketverkauf läuft auf Hochtouren."

FIA bei Wada registriert, Promoter-Verträge aber mit Formel 1 selbst

Noch dazu bestehen die vertraglichen Pflichten nicht zwischen FIA und Promoter, sondern zwischen kommerziellem Rechteinhaber und Promoter, also den F1-Bossen von Liberty Media selbst. Diese wiederum werden - anders als die FIA - jedoch nicht als Wada-Zeichner geführt.

Der Russland GP ist somit 'nur' Teil einer von einem Zeichner (FIA) geführten Meisterschaft. Eine komplizierte Situation. Aber eine Situation, bei der eben ein Gros darauf hindeutet, dass der Russland GP nicht von der Wada-Sperre betroffen sein könnte.

Russischer Automobilverband liefert Statement

So sieht es auch der russische Automobilverband (RAF). Man habe die Anforderungen der Wada stets einwandfrei erfüllt, um einen sauberen und Doping-freien Sport zu gewährleisten, teilt der RAF mit. "Die FIA ist kein Veranstalter eines Sportgroßereignisses, wie es der Welt-Anti-Doping-Code definiert." Deshalb habe die Wada-Entscheidung keinen Einfluss auf die Durchführung.

Auch der Automobilverband verweist zudem auf eine vertragliche und technische Undurchführbarkeit eines Ausrichterwechsels. Ferner heißt es in dem Statement, die Wada werde auch russischen Fahrern [wie Daniil Kvyat, Anm. d. Redaktion[, die nicht in Doping-Verstöße verstrickt gewesen sind, erlauben, weiterzufahren.

Moskau will Einspruch einlegen

Grundsätzlich will Moskau das Wada-Urteil ohnehin beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne anfechten. Regierungschef Dmitri Medwedjew sprach von einer antirussische Hysterie chronischen Ausmaßes. Die Sperre sei Teil einer gegen sein Land gerichteten Kampagne, wird Medwedjew von der Agentur Interfax zitiert. Große Aussichten räumt die Wada einem Einspruch jedoch nicht ein. "Der Beschluss ist für uns bindend", hatte IOC-Präsident Thomas Bach bereits vor dem Urteil betont.