Am Mittwoch fand in Abu Dhabi der letzte Testtag der Formel-1-Saison 2020 statt. Beim zweitätigen Test drehte sich alles sprichwörtlich um die Reifen. Beim Jahresabschluss geht es ausschließlich darum, die Pneus für die nächste Saison zu verstehen. Die Teams dürfen ihre Boliden deshalb nicht mit Entwicklungsteilen ausstatten.

Normalerweise ist der Test für neutrale Betrachter nicht übermäßig spannend. Diesmal allerdings hatte er es in sich: Weil die Kritik an den neuen Pneus nach dem ersten Test in Austin so groß war, forderten viele, auch in der kommenden Saison mit den Reifen aus 2019 zu fahren.

Weil die Bedingungen in Austin nicht repräsentativ waren und die Teams ihre Fahrzeuge in der Kürze der Zeit nicht auf die neuen Reifen einstellen konnte, wollte man den abschließenden Test in Abu Dhabi abwarten, um eine Entscheidung zu treffen.

Reifen-Entscheidung für 2020 fällt am 9. Dezember

Nächste Woche Montag, am 9. Dezember 2019 wird endgültig darüber entschieden, mit welchen Reifen in der Formel-1-Saison 2020 gefahren wird. An diesem Tag muss Pirelli nämlich die Mischungen für die ersten beiden Saisonrennen bekanntgeben.

Die FIA kündigte bereits an, das Votum zu gestatteten. Eigentlich hat Pirelli die 2020er Konstruktionen samt neuen Mischungen für die kommende Saison homologiert. Deshalb läuft der Prozess genauso wie während der Saison ab. Wollen 70 Prozent der Teams einen anderen als den homologierten Reifen, bringt Pirelli auch 2020 den 2019er Pneu.

Neue Reifen: Der wichtigste Formel-1-Test des Jahres 2019: (10:00 Min.)

Heißt im Klartext: Wollen sieben oder mehr Teams weiterhin auf den 2019er Reifen fahren, bleiben sie. Entscheiden sich maximal sechs Teams für die alte Generation, bleibt der 2020er Reifen die homologierte Variante.

Pirelli-Boss: Unterschiedliches Feedback von Formel-1-Fahrern

"Wir haben nicht von allen dasselbe Feedback erhalten", verrät Pirellis Mario Isola. "Das macht die Analyse schwieriger. Wir müssen uns jetzt die Programme der einzelnen Teams ansehen und ihr Feedback damit analysieren."

Nach der harschen Kritik in Austin hielten sich die Fahrer in Abu Dhabi in der Öffentlichkeit mit Äußerungen zurück. Wer sprach, sprach aber nicht besonders positiv über die neue Reifengeneration. Positive Kommentare gab es nicht.

"Auf die C5-Mischung gab es positive Rückmeldung", meint jedoch Isola. "Allerdings muss ich gestehen, dass ich mehr vom C4-Reifen erwartet hatte. Er hätte bei der Überhitzungsproblematik ein größerer Schritt sein sollen, nach dem, was wir bei den bisherigen Tests gesehen haben."

2019er Konstruktion nicht mit 2020er Mischung

Die neue Konstruktion kommt bei Fahrern und Teams offenbar nicht gut an. Einen Mix aus alter Konstruktion und zumindest der neuen C5-Mischung kann sich Isola aber nicht vorstellen: "Das haben wir nie getestet, das wird es nicht geben."

Dass das Feedback so negativ ausfällt, könnte daran liegen, dass die Performance der neuen Generation Pirelli-Pneus schlechter scheint. "Spitzenperformance war auch nicht unser Ziel", verteidigt Isola und fügt an: "Prämisse war, etwas gegen das Überhitzen zu machen."

2020er Reifen langsamer, aber besser?

Also sind die neuen Reifen möglicherweise langsamer, aber dafür besser? Isola mahnt jedenfalls, sollte man weiterhin auf die 2019er Reifen vertrauen. "Durch die schneller werdenden Autos müsste man die Drücke weiter anheben. Das wiederum führt zu mehr Überhitzen und entsprechend mehr Pace-Management."

Ein weiteres Problem sind die Komplexen Autos, glaubt der Italiener: "Sie sind so ausgeklügelt, dass eine geringfügig andere Form der Reifen oder minimale Gewichtsabweichungen sofort Probleme bereiten." Die 2020er Reifen sind um 4 Millimeter breiter, was einen Einfluss auf die Funktionsweise des Diffusors hat.

Sollten mindestens 70 Prozent der Teams für den alten Reifen stimmen und Pirellis Neukonstruktion durchfallen, wäre der Reifenchef nicht böse. "Wir müssen aber herausfinden, warum die Entwicklungstests in eine andere Richtung geführt haben", fordert er.

25 Tage testete Pirelli über das Jahr hinweg mit den Teams, nur um einen 2020er Reifen zu entwickeln. Isola befürchtet, dass die 'blinden' Tests dafür verantwortlich waren. Aus Fairnessgründen weiß das testende Team nie, was gerade getestet wird. Dadurch können sie auch die Richtung nicht einschätzen, die letztendlich eingeschlagen wird.