In Runde 66 des Brasilien GP eskalierte das Stallduell bei Ferrari endgültig. Schon mehrfach kam es in der Formel-1-Saison 2019 zu strittigen Situationen zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc, ein Unfall zwischen den beiden hatte noch gefehlt. In Sao Paulo war es schließlich soweit.

Während die Experten - und auch die Motorsport-Magazin.com-User - die Schuld eher bei Vettel sehen, wollte sich Ferrari Teamchef Mattia Binotto nach dem Rennen nicht festlegen. "Ich will das heute noch nicht analysieren. Wenn du Dinge in der Hitze des Gefechts machst, ziehst du die falschen Schlüsse", begründete er seine Zurückhaltung.

Während Ferrari die Medientermine von Vettel und Leclerc absagte - eigentlich hätte es nach den verpflichtenden TV-Interviews auch noch eine gemeinsame Pressekonferenz für schreibende Medien geben sollen -, stellte sich der Teamchef noch den Fragen. Dabei kündigte er eine vollständige Analyse der strittigen Situation in Maranello an.

Binotto: Vettel und Leclerc müssen es verstehen

Einen Satz heiße Ohren brauchen die beiden in Maranello nicht fürchten. "Es geht nicht um Strafen", stellt Binotto klar. "Man muss erkennen, was die Fehler waren. Ob man Fahrer oder Ingenieur ist: Es ist wichtig, Fehler zu erkennen. Nur das kann einen besser machen. Wichtig ist für beide Fahrer, dass sie verstehen, was passiert ist. Es liegt nicht an mir, ihnen die Schuld zu geben, sie müssen es verstehen."

Trotzdem kam Binotto nach dem Rennen nicht ganz um das Thema herum. Zunächst bleibt zu klären, warum es überhaupt zum Duell der beiden kam. In der jüngeren Ferrari-Vergangenheit gab es oftmals klare Abmachungen. "Heute durften sie frei kämpfen, das wussten sie", erklärt Binotto und fügt an: "Wir haben sie racen lassen, weil wir Platz zwei in der Konstrukteurswertung sicher haben."

"Sie haben um ihre eigene Position in der Fahrer-WM gekämpft", so Binotto weiter. Dort lag Leclerc mit 249 Punkten vor Vettel mit 230 Zählern. Durch den Unfall bleibt es bei den Ferrari-Piloten dabei, Max Verstappen zog durch seinen Sieg beiden davon und belegt nun mit 260 Punkten Platz drei in der Fahrerwertung.

"Frei kämpfen heißt aber nicht, dass es dumme Aktionen geben darf, vor allem nicht zwischen den beiden Ferraris. Und für mich war das heute eine dumme Aktion", stellt Binotto klar.

War es die falsche Entscheidung, die beiden Streithähne von der Leine zu lassen? Der Teamchef verteidigt seine Entscheidung: "Wenn wir dieses Jahr versucht haben, die Fahrer zu managen, wurden wir dafür kritisiert. Lassen wir sie frei fahren, werden wir kritisiert. Es gibt immer einen Grund, warum wir es machen. Und heute war es richtig, sie kämpfen zu lassen, denn wir haben Platz zwei in der Konstrukteurs-WM schon sicher."

Ferrari Teamchef: Vettel und Leclerc sind Luxus

An ein Management-Problem glaubt Binotto nicht. "Es gibt immer etwas, das man besser machen kann. Aber heute haben die Fahrer den Fehler gemacht. Was hätten wir als Team besser machen können? Das werden wir überlegen. Wir müssen es in Zukunft verbessern, damit es nicht mehr passiert."

Der in der Schweiz geborene Italiener weiß, dass ihn das Thema wohl auch noch in Zukunft beschäftigen wird. Trotzdem sieht er darin kein Problem. "Ich bin noch immer überzeugt, dass es ein Luxus ist [Sebastian und Charles zu haben]. Sie sind beide gute Fahrer und füreinander der Maßstab", so Binotto.

Generell sieht der Ferrari Teamchef die teaminterne Situation nicht so dramatisch: "Das, was ich lese und höre ist ziemlich unterschiedlich zu dem, was ich intern sehe. Es stimmt, dass Monza keine einfach Situation war. Wir haben von Angesicht zu Angesicht gesprochen. Das gleich ist nach Russland passiert. Sie haben eine gute Beziehung und kommen gut miteinander aus. Das, was heute passiert ist, wird sicherlich nicht helfen, aber ich glaube nicht, dass es ein Drama ist. Ich sehe als Chance, es für das nächste Jahr klarzustellen."

"Ich bin glücklich, dass es in dieser Saison passiert ist", erklärt Binotto. "Dadurch wird es die Möglichkeit geben, es mit ihnen für das nächste Jahr klarzustellen. Ich bin froh, dass wir nun die Möglichkeit haben, es für die Zukunft klarzustellen."