Für Daniel Ricciardo war Platz zwölf im Qualifying zum Brasilien GP 2019 fast schon ein kleiner Erfolg. Der Australier hat nicht die besten Erinnerungen an Sao Paulo. Dreimal in den letzten vier Jahren musste er nach Motorwechsel in der Startaufstellung nach hinten. "Und ich weiß nicht, ob ich jemals meinen Teamkollegen hier geschlagen habe", wirft der Renault-Pilot ein.

Tatsächlich konnte er bereits zweimal seinen Teamkollegen im Qualifying zu einem Brasilien GP schlage. Zweimal zog Jean-Eric Vergne zu Toro-Rosso-Zeiten den Kürzeren. 2019 kommt Ricciardos dritter Qualifying-Sieg hinzu - gegen keinen geringeren als Nico Hülkenberg, den ausgewiesenen Sao-Paulo-Spezialisten.

0,018 Sekunden fehlten dem Deutschen auf seinen Teamkollegen. 18 Tausendstel, die bei den engen Abständen in Brasilien bereits zwei Plätze bedeuten. Aber Hülkenberg hat eine gute Erklärung für seine 13. Qualifying-Niederlage in dieser Saison. "Ich habe mehr Abtrieb als Daniel gewählt. Durch den größeren Flügel habe ich auf den Geraden mehr geblutet als erwartet", so Hülkenberg. "Es ist ein langer Weg im letzten Sektor."

"Das hat mich einen Batzen gekostet", ärgert sich der Deutsche. "Ein Batzen ist gut gesagt, eine Zehntel - aber das reicht bei den Abständen hier." Tatsächlich verlor Hülkenberg in den Power-Sektoren eins und drei auf seinen Teamkollegen, dafür holte er Zeit im kurvenreichen Mittelsektor auf - jedoch nicht genug.

An allen Geschwindigkeitsmessstellen ist der Abstand zwischen den beiden Renault-Piloten überraschend groß. Während Ricciardo im guten Mittelfeld rangiert, belegt Hülkenberg bestenfalls Platz 17.

Im Qualifying ging Hülkenbergs Plan nicht auf, doch im Rennen sieht er darin seinen Joker. "Hoffentlich zahlt es sich da aus", so Hülkenberg. Mehr Abtrieb bedeutet weniger Rutschen und in der Theorie zumindest einen besseren Umgang mit den Reifen.

Renault hofft auf Reifenschlacht

Und der Umgang mit den sensiblen Pirelli-Pneus könnte durchaus entscheidend werden. Die Meteorologen sagen deutlich höhere Temperaturen voraus. "Wenn die Asphalttemperatur steigt, kann das drastische Änderungen nach sich ziehen", glaubt Ricciardo. "Das könnte zu einem Zweistopp-Rennen führen. Das finde ich gut, es ist schon ein wenig her, seit zum letzten Mal alle auf zwei Stopps gehen mussten."

Renault würde eine Reifenschlacht bevorzugen, die gelben Boliden sind zuletzt im Rennen stärker als auf eine Runde. Dazu sieht Ricciardo noch weitere Chancen: "Die Haas waren im Rennen nicht so stark dieses Jahr, das könnte interessant werden." Romain Grosjean und Kevin Magnussen qualifizierten sich überraschend in den Top 10. "Und vielleicht ist auch die freie Reifenwahl eine Chance für uns", so Ricciardo.

Immerhin profitiert Renault noch von der Strafversetzung von Charles Leclerc, weshalb das Duo am Sonntag von den Plätzen 11 und 13 aus ins Rennen geht. Das ist aber für die Ansprüche der Franzosen noch immer viel zu wenig. "Diese Strecke ist nicht für unser Auto gemacht", nimmt Hülkenberg seinen bald ehemaligen Arbeitgeber in Schutz. "Und auf eine Runde werden die Schwächen herausgestellt. Das ist enttäuschend, aber nicht überraschend. Aber bei der Rennpace scheinen wir besser zu sein. Punkte sind noch realistisch."