Die Formel 1 startet 2021 in eine neue Ära. Nach langem Hin und Her haben FIA und Liberty Media beim US GP in Austin ein neues Reglement vorgestellt. In Zukunft wird es neben dem Sportlichen und dem Technischen auch noch ein Finanz-Reglement geben. Während über Finanzen und Technik bereits ausführlich berichtet wurden, lief das Sportliche Reglement etwas unter dem Radar.

Während beim Technischen Reglement fast auf einem weißen Blatt Papier begonnen wurde, basiert das Sportliche Reglement 2021 auf dem Vorgänger. Trotzdem gibt es einige Änderungen. Motorsport-Magazin.com stellt die Neuerungen im Detail vor.

Wer meint, die Regeln seien heute zu komplex, für den gibt es schlechte Nachrichten. Der Umfang der Sporting Regulations wuchs von 71 auf 84 Seiten. Das hat aber auch teilweise mit der äußeren Form zu tun. Allein das Inhaltsverzeichnis wuchs um drei Seiten.

Formel-1-Saison ab 2021 länger, Wochenenden kürzer

Viele Artikel wurden umgestellt, der Aufbau ist nun teilweise leichter nachzuvollziehen. Die erste interessante Änderung kommt in Artikel 3.1.4. Dort wird der Umfang der Weltmeisterschaft geregelt. Bislang musste eine Saison aus 8 bis 21 Grands Prix bestehen. Die neuen Regeln machen den Weg für Libertys Wunsch frei: Die Formel-1-Weltmeisterschaft muss zwischen 10 und 25 Rennen beinhalten.

Dafür werden die Wochenenden kürzer. Bislang reisen die Fahrer schon am Donnerstag zum Medientag an, an dem auch die offizielle FIA-Pressekonferenz stattfindet. In Zukunft wird es nur mehr drei offizielle Eventtage geben. Die beiden Freien Trainings am Freitag bleiben - auch in ihrer Länge von je 90 Minuten -, werden aber nach hinten geschoben.

Erster Überblick: Neue Formel 1 Regeln 2021 sind da (09:30 Min.)

Vor den Trainings am Freitag findet der Medientag statt. Alle Fahrer müssen den Medien vor dem 1. Freien Training zur Verfügung stehen. Außerdem sind die Verpflichtet, auch nach dem 2. Training zumindest kurz Rede und Antwort zu stehen. Für Fan-Aktivitäten müssen sich die Fahrer zudem zwischen dem 3. Freien Training und dem Qualifying bereithalten. Währenddessen findet neuerdings die Pressekonferenz der Teamchefs statt, die bislang zwischen FP1 und FP2 ist.

Young Driver bekommen Freitagstrainings

Apropos Trainings: Mindestens zwei Freitagssessions müssen bei jedem Team für Young Driver reserviert sein. Dabei gilt weiterhin die Definition: Als Young Driver gilt, wer weniger als drei Grand-Prix-Start auf seinem Konto hat. Ein zusätzliches Auto dürfen sie dafür nicht einsetzen, stattdessen müssen die Stammpiloten pausieren.

Diese Regel ist eine Folge des geänderten Testkalenders. Denn wie schon 2020 wird es weniger Testfahrten geben. Die Testfahrten während der Saison, die sogenannten Young Driver Tests, gehören der Vergangenheit an. Dafür gibt es zwei je dreitätige Testfahrten im Winter vor der Saison.

Außerdem umspannt der Test nach Saisonende drei statt wie bislang zwei Tage. Mindestens ein Tag muss dabei ein Young Driver am Steuer sitzen, mindestens ein Tag muss sich ein Stammfahrer mit der Evaluierung der nächstjährigen Reifen beschäftigen.

Technische Abnahme am Freitag, Parc-ferme light ab FP3

Der geänderte Zeitplan des Rennwochenendes hat auch Auswirkungen auf die Technische Abnahme. Die findet nicht mehr wie bisher am Donnerstag, sondern am Freitagmorgen statt. Bis 1,5 Stunden vor dem 1. Training haben die Teams Zeit, mit ihren Boliden vorstellig zu werden. Bislang war die Deadline 18 Stunden vor Trainingsbeginn.

Fast noch wichtiger: Die Autos müssen ab dem 3. Freien Training am Samstag in der gleichen Aero-Spezifikation fahren wie beim Scrutineering am Freitagmorgen. Die Teams können dann zwar neue Teile im Training testen, nicht aber im Rennen einsetzen. Dadurch sollen extrem Auswüchse des Wettrüstens unterbunden werden.

Stellt sich heraus, dass ein Teil nicht funktioniert, müssen keine weiteren Komponenten davon produziert werden. Oder stellt sich heraus, dass ein Teil funktioniert, müssen nicht noch am gleichen Wochenende neue Teile an die Strecke gebracht werden. Kühler sind von dieser Regel ausgenommen.

Gleichzeitig gilt der Parc-fermé nun schon ab dem 3. Freien Training, nicht erst mit Beginn des Qualifyings. Allerdings dürfen bestimmte Parameter zwischen FP3 und Qualifying noch verändert werden, beispielsweise das mechanische Setup. Bis zum Qualifying gilt sozusagen Parc-fermé light.

Der neue Zeitplan führt auch zu neuen Sperrstunden. Um die Arbeitszeiten für Teammitglieder zu begrenzen, gelten seit Jahren Sperrstunden, in denen Teammitglieder, die am Auto arbeiten, nicht ins Fahrerlager dürfen. Die erste Sperrstunde beginnt 17 Stunden vor dem 1. Training und dauert 13 Stunden. Die zweite Sperrstunde beginnt 12,5 Stunden vor FP3 und dauert 9,5 Stunden.

Motorstrafen werden verschärft

Das ungeliebte Strafensystem bei Motorkomponenten bleibt und wird sogar noch ausgebaut. Denn der Motor umfasst nun nicht mehr nur Verbrennungsmotor, Turbolader, MGU-H, MGU-K, Batterie und Steuereinheiten, sondern auch noch das Auspuffsystem. Davon sind immerhin acht Exemplare pro Fahrer und Saison vorgesehen. Dafür steigen die Kosten für Kundenteams von 12 auf 15 Millionen Euro an.

Ab 2021 gibt es nicht nur für Motorkomponenten Strafen. Mit Artikel 5.8 werden sogenannte Restricted-Number Components (RNC) eingeführt. Dabei handelt es sich um Komponenten abseits des Motors, die über die Saison hinweg nur in begrenzter Stückzahl zur Verfügung stehen.

Bislang müssen Getriebe sechs aufeinanderfolgende Rennen halten. Die Beschränkung bleibt ähnlich, allerdings geht es nicht um aufeinanderfolgende Rennen. Stattdessen gibt es einen Pool für die ganze Saison. Je drei Getriebegehäuse und Getriebekassetten sind erlaubt, je vier Exemplare von Antriebswellen und Gangwechselkomponenten. Jedes zusätzliche Exemplar kostet fünf Startplätze.

Restricted-Number Components ab 2021

20212022202320242025
Max. Zahl an Prüfständen99999
Max. Belegungsstunden100008000800080008000
Max. Betriebsstunden12501000100010001000

Neu ist, dass auch der Einsatz von Bremsscheiben und Bremsbelägen limitiert wird. Pro Rennwochenende steht ein je Satz zur Verfügung. Bei der ersten Überschreitung des Kontingents gibt es drei Strafplätze, für jeden weiteren Satz zwei.

Je mehr Rennen es gibt, desto mehr Komponenten dürfen eingesetzt werden. Das gilt nicht nur für Bremsen, sondern auch für Getriebekomponenten. Bei der Power Unit sollen entsprechend bei zusätzlichen Rennen ebenfalls Anpassungen vorgenommen werden.

Prüfstandzeiten für Motoren reguliert

Damit die Kosten sinken, gibt es erstmals auch einen Shutdown für Motorenhersteller. Bislang mussten nur die Teams ihre Fabriken für 14 Tage während der Sommerpause schließen, die Motorenhersteller durften ohne Rücksicht auf Verluste weiter entwickeln. 2021 müssen auch sie ihre Anlagen im Sommer stilllegen.

Gleichzeitig tritt eine umfangreiche Prüfstands-Begrenzung in Kraft. Analog zu Windkanal- und CFD-Restriktionen wurde im Reglement die Komponente der Motorenprüfstände hinzugefügt. Das Reglement ist hier ähnlich komplex.

Es wird zwischen unterschiedlichen Prüfständen und unterschiedlichen Zuständen unterschieden. Unter 7.500 Umdrehungen spricht man nur von Belegungsstunden, darüber ist von Betriebsstunden die Rede. Selbst für die Hybridkomponenten gibt es eigene Regelungen.

20212022202320242025
Max. Zahl an Prüfständen99999
Max. Belegungsstunden100008000800080008000
Max. Betriebsstunden12501000100010001000

Außerdem dürfen die Teams im Zeitraum von zwölf Monaten maximal neun unterschiedliche Prüfstände nutzen, die zuvor nominiert werden müssen. Wie Windkanal- und CFD-Tests sind auch die Motorentests in achtwöchige Perioden eingeteilt. Die ohnehin schon geltenden Auflagen für Windkanal- und CFD-Simulationen werden weiter verschärft.

Änderungen kommen für Räikkönen zu spät

Zwei Feinheiten, die 2019 bereits zu Tragen kamen, werden im neuen Reglement angepasst. Verpasst ein Pilot im Training die FIA-Waage, muss er nicht automatisch aus der Boxengasse starten. 2021 werden solche Fälle an die Stewards übergeben, die dann Handlungsspielraum haben. Für Pierre Gasly und Sergio Perez kommt die Änderung zu spät.

Eine andere Änderung kommt für Kimi Räikkönen zu spät: Der Iceman bekam in Monza eine Strafe, weil er nicht auf den Reifen losfuhr, auf denen er sich für Q3 qualifiziert hatte. Nach seinem Unfall in Q3 startete er aus der Boxengasse, weil er die Parc-fermé-Regeln brach. Dabei wechselte das Team auch Reifen - was nicht erlaubt war. Das wäre nur zulässig gewesen, wäre er mit einem neuen Chassis an den Start gegange n. 2021 reicht der Boxengassenstart für freie Reifenwahl.

Apropos Reifen: Überarbeitet Pirelli die Pneus vom einen aufs andere Jahr stark, dürfen die Teams für das erste Rennen nicht selbst wählen. Die FIA entscheidet dann über die Reifensätze, alle Teams bekommen das gleiche Kontingent. 2021 wird es wohl gleich dazu kommen, weil es die erste Saison mit 18-Zoll-Reifen sein wird.

Noch eine Änderung tangiert die Reifen zumindest peripher: Abgesehen von den Heizdecken sind jegliche Mittel verboten, die Räder zusätzlich zu heizen. Aktuell wärmen die Teams mit Heißluftpistolen die Bremsen vor, um Temperatur in die Felgen zu bekommen, die wiederum die Reifen von innen aufheizen.

Erster Überblick: Neue Formel 1 Regeln 2021 sind da (09:30 Min.)