Haas versinkt im Chaos. Ausgerechnet beim Heimrennen in den USA, könnte man sagen. Andererseits läuft es für Romain Grosjean, Kevin Magnussen und Konsorten schon seit Monaten gar nicht mehr. Trotzdem finden sie, und besonders Grosjean, an jedem Wochenende neue Beschreibungen für den absoluten Tiefpunkt, in dem sich das Team befindet.

Nach dem Qualifying von Austin läuft Grosjean gerade wieder zur Höchstform auf. Er hat seinen Crash vom Freitag noch nicht einmal verdaut - ein Crash, für den er sich überhaupt nicht verantwortlich sieht, sondern vielmehr dem komplett eigensinnigen und in seinen Augen willkürlichen Auto und seinen vielen Upgrade-Spezifikationen die Schuld zuschiebt.

Grosjean flucht auf Crash: Haas-Abtrieb verschwindet ins Nichts

Gleich zum Auftakt des zweiten Freien Trainings feuerte Grosjean in den S-Kurven seinen Haas im 90-Grad-Winkel in die Bande. "Ich habe das Auto praktisch ohne Grund verloren", ärgert er sich weiter darüber. "Der Abtrieb verschwand hinten einfach. Da kannst du nichts machen. Verschwand einfach. Das können wir nicht erklären."

Dem vorangegangen waren die inzwischen üblichen Haas-Umbauten. Zwischen dem ersten und zweiten Training wechselten das Team an Grosjeans Auto vom ursprünglichen Paket auf das leidige, weil nie funktionierende Hockenheim-Upgrade. "Weil der Vormittag gut lief, also dachten wir, dass wir mehr rausholen könnten", erklärt Grosjean.

Stattdessen hatte das Auto gar keine Balance mehr, und bald darauf verteilte Grosjean seine Front auf der Wiese von Austin. "Wenn du ident fährst wie in der Runde davor und du dich drehst, ist das etwas schwer verständlich", flucht Grosjean weiter. "Gleiche G-Kräfte, Wellen, Federweg."

Haas VF-19 ist in Austin mehr als störrisch

Grosjeans Teamchef Günther Steiner versichert am Samstag zumindest Motorsport-Magazin.com: "Wir haben wohl Ideen, woran es lag. Das Auto ist sehr temperamentvoll, aber wir werden es sicher herausfinden. Vielleicht war da eine Welle und er hat Abtrieb verloren."

Die S-Kurven von Austin liegen dem Haas nicht, Foto: LAT Images
Die S-Kurven von Austin liegen dem Haas nicht, Foto: LAT Images

Dass das Auto aber von Session zu Session unberechenbar ist, dem kann Steiner nicht widersprechen. "Vorher gab es Veränderungen von Freitag zu Samstag. Jetzt gibt es sie von FP3 zum Qualifying. Man weiß nie, was passiert. Da ändert sich der Wind oder die Temperatur ein bisschen, und das macht das Auto ganz anders. Da geht es nicht darum, ein bisschen mehr Frontflügel draufzupacken. Es ist komplett instabil."

Magnussen verneint Grosjean-Probleme: Nie gehabt

Es wäre aber nicht Haas, wenn die Fahrer nicht unterschiedliche Meinungen zum Fahrverhalten des Autos hätten. Kevin Magnussen legt sich klar auf "nein" fest, als Motorsport-Magazin.com von ihm wissen will, ob auch bei ihm der Abtrieb schon einmal plötzlich verschwunden ist.

"Aber sowas passiert", sagt Magnussen zu Grosjeans Unfall, um dann etwas sarkastisch anzufügen: "Ich bin schon in mal in die Mauer eingeschlagen. Mein Problem lag da aber um die 40 Zentimeter entfernt vom Lenkrad."

Grosjean im Qualifying: Nur noch mehr Haas-Probleme

Wie dem auch sei - über Nacht baute Haas Grosjeans Auto nach dem Crash wieder auf, und auch wieder zurück auf jene Version, mit der der Franzose im ersten Training so zufrieden war. Mit dieser Zufriedenheit war es am Samstag aber vorbei, als die Ingenieure in den Daten Probleme mit dem Heckflügel entdeckten und beschlossen, den Flügel aufgrund von fehlendem Abtrieb zu tauschen.

Also als Konsequenz mehr Grip am Heck, und damit ein zufriedener Grosjean? Mitnichten. "Ich bin einen Flügel mit sehr hohem Luftwiderstand gefahren", klagt der Franzose nach dem Qualifying. "Das hat mir gegenüber Kevin eine halbe Sekunde gekostet, und eine halbe Sekunde in Kurven aufzuholen ist ziemlich schwierig." 15 Kilometer pro Stunde will Grosjean im Renn-Trimm langsamer sein, er sieht sich der Konkurrenz auf den Geraden schutzlos ausgeliefert.

Alles in Allem wurde es Startplatz 15 für Grosjean, während Kevin Magnussen mit einem deutlich besseren Qualifying noch Platz zwölf einfahren konnte. "Ich habe alles rausgeholt, mehr ging glaube ich nicht", meint Magnussen.

Platz zwölf, das bedeutet für Magnussen zumindest eine gute Ausgangsposition und freie Reifenwahl. Ist das eine Punkte-Chance? "Wir sind ganz klar nicht schnell genug", wehrt Magnussen gleich ab. "Wenn wir in die Punkte kommen, sind wir über uns hinausgewachsen." Er und Grosjean sind sich einig: Die Renn-Pace lässt - wie üblich - zu Wünschen übrig.

Haas-Teamchef Steiner sehnt sich Ende herbei

Klingt so ganz und gar nicht nach einem versöhnlichen Abschluss beim Heimrennen in den USA. Wie auch der Rest der Saison wohl nicht versöhnlich zu Ende gehen wird. Der Frontflügel-Prototyp, der in Austin getestet wurde, verleitet auch nicht zu Freudensprüngen. "Wir müssen uns erst die Daten ansehen", sagt Teamchef Günter Steiner vorsichtig. Luftsprünge machen aber weder Team noch Fahrer.

Kevin Magnussen testete am Freitag in Austin einen neuen Frontflügel, Foto: LAT Images
Kevin Magnussen testete am Freitag in Austin einen neuen Frontflügel, Foto: LAT Images

Aber zum Glück dauert es nicht mehr lange, dann ist der Horror vorbei. "Wir müssen noch drei Rennen überstehen, dann öffnen wir ein neues Buch", sagt Günther Steiner. "Kein neues Kapitel, sondern ein ganz neues Buch. Ich hoffe, dass ich das Jahr vergessen kann. Für mich hat es 2019 nie gegeben!"