Lewis Hamilton feierte beim Formel-1-Rennen in Mexiko einen weiteren unerwarteten Sieg. Bei nun zehn Siegen in der Saison 2019 zwar kaum vorstellbar, doch sein Triumph über Ferrari-Pilot Sebastian Vettel war alles andere als ein Kinderspiel. Hamilton setzte Mercedes' Risiko-Strategie perfekt um - und das mit einem kaputten Auto.

"Wir hatten ziemlich viel Schaden am Auto und das Rennen war ein ziemlicher Kampf", so Hamilton, der in der ersten Runde der Hauptdarsteller des Hauen und Stechen um die Positionen war. Erst wurde er von Vettel beim Run auf die erste Kurve leicht in die Wiese gedrückt, dann kam es zu einer Kollision mit Verstappen.

"Ich hatte eigentlich einen guten Start und schloss zu Leclerc auf. Aber dann kam Seb immer weiter herüber und ich musste auf die Wiese, um einen Unfall zu verhindern", so Hamilton, der von Vettel schlichtweg übersehen wurde, weil dieser sich in dem Moment nur auf den Kampf mit dem Teamkollegen konzentrierte.

Hamilton nach Verstappen-Kollision vier Zehntel langsamer

Die Situation gab Verstappen die Chance zur Attacke, doch Hamilton hielt in Kurve eins außen dagegen. "Ich habe Max so viel Platz gegeben, wie ich konnte", erklärt der Mercedes-Pilot. Doch am Ausgang der Kurve kam es trotzdem zur ersten Kollision. "Ich denke, er hatte ein Übersteuern. Ich habe einen heftigen Schlag von hinten bekommen", so Hamilton weiter.

Durch die Berührung verlor Hamilton bei der Anfahrt auf die zweite Kurve kurz den Rhythmus. "Ich habe das Heck verloren und wäre fast abgeflogen, und dann ging es geradeaus in die Wiese. Das war haarsträubend", kann Hamilton nach dem Sieg über die Szene schmunzeln.

In der Folge fiel er hinter Alexander Albon und Carlos Sainz auf die fünfte Position zurück. Doch das war nicht alles. "Der Unterboden meines Autos war sehr beschädigt. Ich muss mit diesem Unterboden um die vier Zehntel verloren haben, mit der Balance war es echt schwierig", erklärt Hamilton sein Dilemma.

Hamilton schießt sich auf kaputten Mercedes ein

Trotzdem gelang es ihm, den Anschluss an das Spitzentrio zu halten. "Mit einigen Einstellungen und einem anderen Fahrstil habe ich es geschafft, auf Kurs zu bleiben. Aber ich konnte nicht mehr so attackieren wie normalerweise, denn das Heck lag nicht mehr sonderlich gut", so der Rennsieger.

Aus dem Vierkampf an der Spitze wurde wenig später ein Zweikampf, als Albon an die Box ging und Leclerc auf den Undercut reagierte. Während sich die Konkurrenten damit auf eine Zweistopp-Strategie festlegten, spielten Vettel und Hamilton die Einstopp-Variante. In der 23. von 71 Runden holte Mercedes den Briten zum Wechsel von Medium auf Hard.

Ferrari wollte zunächst auf den Undercut reagieren, doch Vettel stimmte sein Team um und fuhr weiter. Er glaubte nicht, dass die Einstopp-Strategie bei einem so frühen Boxenstopp aufgehen würde. "Ich musste so viel managen, das war ein sehr langer Weg", sagt Hamilton, der in Mexiko außerdem erstmals seit sieben Jahren auf seinen angestammten Renningenieur Peter Bonnington verzichten musste.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff: Vollstes Vertrauen in Hamilton

"Es war eine ziemliche Herausforderung, zwei neue Ingenieure in unterschiedlichen Rollen zu haben. Wir mussten versuchen, dem Druck standzuhalten und abzuliefern", so Hamilton, der nach dem Boxenstopp zwar zunächst mit schnellsten Runden auf dem Timing Screen auftauchte, aber kaum zehn Umläufe nach dem Boxenstopp über den Zustand der Reifen klagte.

Da Vettel erst in Runde 37 zum Service kam, schien die Attacke des Ferrari-Piloten in der Schlussphase so gut wie unausweichlich. "Ich hätte nicht gedacht, dass die Reifen so lange halten, wie es der Fall war", so Hamilton.

"Ich habe vollstes Vertrauen in Lewis", so Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der angesichts der gewagten Strategie aber auch seine Zweifel hatte. "Wir wussten, dass wir [den Stint] ausdehnen mussten und dass selbst der beste Fahrer auf das Material angewiesen ist. 47 Runden waren eine ganze Menge."

Hamilton managt sich in Mexiko zum Sieg

Doch in den entscheidenden Runden hatte Hamilton wider Erwarten die richtigen Antworten auf Vettel parat: "Ich hatte nicht erwartet, mit einem beschädigten Auto diese Pace zu haben und die Ferrari schlagen zu können. Ich dachte, dass ich wegen der Reifen am Ende mit Seb Probleme bekommen würde, aber ich hatte sie am Anfang ausreichend geschont. Das konnte ich nutzen, um ihn hinter mir zu halten."

Zwar klappte es mit der vorzeitigen Titelverteidigung nicht, doch sein zweiter Sieg in Mexico City nach 2016 war für ihn so oder so ein heiß ersehnter. "Ich wollte dieses Rennen schon eine ganze Weile gewinnen und es war immer sehr schwierig hier für uns", so Hamilton angesichts der in den vergangenen Jahren fehlenden Top-Form auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez. "Ich bin unglaublich demütig angesichts dieser Möglichkeit heute."