Sebastian Vettel hat beim Japan GP 2019 der Formel 1 den Sieg auf seiner Lieblingsstrecke klar verpasst. In Suzuka überquerte der Ferrari-Pilot die Ziellinie als Zweiter hinter Valtteri Bottas und nur haarscharf vor dessen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton.

Nur wenige Stunden zuvor hatte Vettel noch alle Asse in eigener Hand gehalten, ergatterte in der durch Taifun Hagibis auf Sonntagmorgen verschobenen Qualifikation die Pole Position für das Rennen auf dem Suzuka Circuit. Seine erste seit Kanada, gleichzeitig der erste teaminterne Sieg über Charles Leclerc nach neun Qualifying-Niederlagen.

Ferrari-Debakel am Start: Vettel schläft, Leclerc crasht

Doch gleich am Start entglitt Vettel jede Siegchance. Er erwischte den mit Abstand schwächsten Start in der Spitzengruppe, Bottas den besten. Der Finne flog vorbei an beiden Ferrari auf P1. "Die rote Ampel war sehr lang an. Ich habe die Konzentration verloren und hatte so einen sehr schlechten Start", schildert Vettel. Das sei sein eigener Fehler gewesen, gesteht der Heppenheimer.

Während Vettel immerhin noch P2 halten konnte - nach Anrucken im Grid mit viel Glück auch einer Strafe für einen Frühstart entging - verabschiedete sich Leclerc durch Spätfolgen einer Kollision mit Max Verstappen in Kurve eins nach zwei Runden zum Reparaturstopp in die Box und damit aus der Spitzengruppe. Von nun an sah sich Vettel ganz allein gleich zwei Mercedes ausgesetzt - vor ihm Bottas, hinter ihm Hamilton.

Einzelkämpfer Vettel vermisste Leclerc-Hilfe gegen Mercedes

Genau deshalb sei der Sieg nicht unbedingt nur an dem verpatzen Start gleich beider Ferrari gescheitert, meint Vettel. "Insgesamt kein schlechter Tag, aber mit einem besseren Start hätte es noch besser werden können. Andererseits hätten die beiden [Hamilton & Bottas, Anm. d. Red.] dann auch noch mehr zusammengearbeitet wenn wir vorne geblieben wären. Aber so weit kam es dann ja gar nicht", schildert Vettel.

Dass er Leclerc so unter dem Strich klar abschüttelt könnte, Vettel teamintern die Big Points einfuhr, bedeutet dem Deutschen deshalb nichts. "Das ist nicht wichtig", winkt Vettel ab. Im Gegenteil. Er vermisste Leclerc gar - im ohne den Monegassen dann ungleichen Kampf gegen beide Mercedes.

Vettel: Gegen Mercedes fehlte Ferrari auch der Rennspeed

"Schade, dass wir aus Teamsicht nach den ersten paar Runden nicht beide vorne waren. Ich weiß nicht genau, was mit ihm passiert ist. Ich habe nur einen Red Bull in Kurve zwei querstehen sehen. Warum weiß ich nicht. Aber es war schade. Denn wenn wir beide vorne gewesen wären, hätten wir besser zusammenarbeiten können. Aber das war schon nach ein paar Sekunden nicht mehr der Fall", hadert Vettel.

Start und Einzelkämpfer-Dasein allein waren für Vettel jedoch noch nicht alles. Das Hauptargument, warum am Ende Mercedes, nicht Ferrari siegte, ist für Vettel ein sehr viel einfacheres. Zu wenig Rennpace. "Hintenraus hat uns der Speed gefehlt", sagt Vettel. "Deshalb war P2 das Maximum", so Vettel. "Der Speed war einfach nicht da und auf die Distanz hat uns die Konstanz gefehlt."

Vettel: Qualifying-Stärke wurde im Rennen zur Schwäche

Vor allem das Reifenmanagement - wie schon so oft 2019 - bereitete Ferrari dabei Probleme. Wie ebenfalls in dieser Saison schon oft gesehen, habe Ferrari deshalb ein Stückweit für sein starkes Qualifying bezahlt, so Vettel. "Wir sind vielleicht ein bisschen schnell durch die Reifen gegangen", schildert Vettel. "Im Qualifying hat uns das vielleicht noch geholfen, sodass wir den Reifen auf eine Runde besser nutzen konnten", vermutet der Ferrari-Pilot. "Aber im Rennen hat es uns dann - ich will nicht sagen das Genick gebrochen - nicht geholfen."

Tatsächlich offenbarte sich dieses Leid zügig. Bottas zog Vettel im ersten Stint mühelos weg. "Realistisch mithalten konnten wir nur die ersten zwei, drei Runden", berichtet Vettel. "Zum Ende des Stints war Valtteri dann schon sechs, sieben Sekunden weg. Sie konnten sich uns da zurechtlegen."

Vettel hält Hamilton-Druck stand: Seine Taktik

So gut, dass beinahe auch Hamilton - wie Vettel auf einer Zwei-Stopp-Strategie - dank frischer Softs am Rennende beinahe noch überholt hätte. Doch dieses Mal hielt Vettel im direkten Duell mit dem Weltmeister stand. "Ich konnte davon profitieren, dass wir auch den Geraden sehr schnell waren. Ich wusste, dass Lewis kommen würde nachdem er an der Box war und habe dann gar nicht mehr versucht, so schnell wie möglich zu fahren, sondern so defensiv wie möglich", erklärt Vettel seine am Ende erfolgreiche Strategie.

"Ich habe meine Reifen in den Teilen der Strecke geschont, wo er sowieso nicht überholen kann - es sei denn er wäre über mich drüber gefahren! Und dann habe ich versucht, in den Teilen, in denen er gefährlich werden kann, einen guten Kurvenausgang zu erwischen, um etwas Luft zu bekommen."

Vettel zufrieden mit Platz zwei, Mercedes stärker

Für Vettel geht Platz zwei in Japan deshalb in Ordnung. "Man muss da realistisch sein, die beiden waren einfach schneller als wir. Und der Charles hat den Lewis am Anfang auch ordentlich Zeit gekostet", erinnert Vettel. Hamilton hing zunächst zwei Runden lang hinter dem beschädigten Ferrari des Monegassen fest, ehe Leclerc endlich zum Flügelwechsel an die Box fuhr. Nachträglich setzte es dafür zehn Sekunden Zeitstrafe.

Wäre er nur Dritter statt Zweiter geworden, es hätte Vettel daher offenbar kaum gewundert. "Und er [Hamilton] klang auch mit seiner Strategie nicht so happy. Vielleicht wäre er mit einem Stopp besser bedingt gewesen", ergänzt Vettel.

Zum erneuten Gewinn der Team-WM könne er Mercedes nur gratulieren. "Sie sind das beste Team. Sie haben den Sack extrem früh zugemacht. Wir können uns da nur eine Scheibe von abschneiden. Auch heute hat man ja wieder gesehen, dass wir da schon noch ein bisschen weg sind. Auch wenn wir besser werden. Im Rennen fehlte da noch eine ganze Stange, um dagegen zu halten."