Die Formel 1 fliegt noch einmal nach Fernost - am kommenden Wochenende steht der Japan GP auf der Traditionsstrecke von Suzuka an. Dort könnte das Spitzenfeld 2019 so eng zusammenliegen wie schon lange nicht. Ferrari ist seit der Sommerpause vorne dabei, mit vier starken Rennen und drei Siegen.

Aber Suzuka ist wieder ein anderes Pflaster. Hält das letzte Ferrari-Update auch hier, was es bis jetzt gezeigt hat? Mercedes und Red Bull machen sich darüber jedenfalls Sorgen. Ferrari selbst fühlt sich nach dem Auftritt in Sotschi bestätigt. Aber sicher fühlen sie sich noch nicht.

Ferrari auf Suzuka gespannt: Alles muss passen

"Die Streckencharakteristik ist anders als auf den letzten Strecken, auf denen wir gefahren sind", räumt Charles Leclerc im Hinblick auf Suzuka gleich einmal ein. "Also werden wir sehen, wie sich unsere letzten Entwicklungen dort auswirken werden, besonders bei der Aerodynamik."

Sotschi und Singapur zeigten zuletzt, dass Ferrari beim Thema Kurvenlage einen klaren Schritt nach vorne gemacht hat. Die Besten sind sie sicher nicht, aber kombiniert mit der nach wie vor starken Geradeaus-Leistung ergibt sich über eine Runde hinweg ein Gesamtpaket, das endlich bei allen Rennen auf allen Strecken um Siege mitfahren kann.

So scheint es zumindest, und so hofft es Ferrari auch. "Unser Level war in Sotschi gut, so haben wir die vierte Pole in Serie erreicht", sagt Teamchef Mattia Binotto. "Aber wir wissen, dass wir, wenn wir in Japan ganz vorne sein wollen, perfekte Arbeit liefern müssen." In Sotschi scheiterten sie daran. Spannung verspricht da auch der schwelende teaminterne Brand zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc. Hat die Teamführung den über das freie Wochenende erfolgreich löschen können?

Technisch muss das Singapur-Update reichen, große Umbauten werden aus Maranello nicht mehr kommen. "Wir sind in der Fabrik jetzt hauptsächlich auf das nächstjährige Auto fokussiert", sagt Binotto. "Jegliche Updates für diese Saison werden kaum so groß sein wie jenes in Singapur."

Mercedes bringt neue Teile nach Suzuka

Dass Mercedes in Suzuka noch einmal am W10 Anpassungen vornimmt, das war schon in Sotschi bekannt. Dort hatte Toto Wolff auch Mercedes' hausinterne Upgrade-Politik seit der Sommerpause für die Auferstehung Ferraris mitverantwortlich gemacht. Anders als Ferrari hat Mercedes schon lange auf 2020 umgestellt, das Suzuka-Upgrade ist das erste seit geraumer Zeit.

Dabei handelt es sich auch um nichts Spektakuläres mehr. "Wir werden etwas in Suzuka haben, das wir uns näher anschauen wollen, aber kein großer Schritt", erklärt Wolff. Dafür sollte das Strecken-Layout Lewis Hamilton und Valtteri Bottas zur Hilfe kommen. Viele fließende Kurven, besonders im ersten Sektor, verlangen nach viel Abtrieb. Ganz im Sinne von Silber. Sollte wirklich alles in ihrem Sinne laufen - und sollten sie 14 Punkte mehr holen als Ferrari - sind sie Konstrukteurs-Weltmeister.

Red Bull, Honda und Suzuka-Special?

Bleibt noch Nummer drei im Spitzenfeld. Red Bull hechelt seit Spa hinterher, verbringt die meiste Zeit mit Aufholjagden nach Motorenwechseln. In Suzuka soll sich das bezahlt machen: Extra hat Honda in Sotschi bei allen Autos einen neuen Motor (die vierte Ausbaustufe) einbauen lassen. Schon früher waren die Japaner bei ihrem Heimrennen berühmt für "Suzuka Specials" - Motoren am absoluten Limit des Möglichen.

In Russland lag Red Bull zuletzt zurück, Foto: LAT Images
In Russland lag Red Bull zuletzt zurück, Foto: LAT Images

Ganz so wild wird es heute mit den Hybrid-Motoren nicht mehr, aber durch den Wechsel verhofft man sich sehr wohl frische Motoren, die vor Heimpublikum voll aufgedreht werden. Sogar ein neues Benzin soll kommen. Auf dem Papier muss es in Suzuka wieder laufen für Max Verstappen und Alex Albon.

Jedoch glaubten das alle schon vor Singapur, und mussten dann erkennen, dass der RB15 mit der Strecke nicht so gut zurechtkam wie gedacht. "Ferrari wird sehr stark sein, da sie so viel Power haben und schnell auf den Geraden sein werden", stapelt Max Verstappen für Japan vorsorglich tief - Wunder will er keine erwarten. "Aber unser Auto wird in den Kurven schnell sein, hoffentlich können wir da Zeit aufholen."

McLaren enteilt dem Mittelfeld - Renault in Suzuka unter Druck

Dahinter hat sich McLaren wieder ein Stück vom Dauergegner Renault abgesetzt. 101 zu 68 steht es in der WM, das McLaren-Gesamtpaket funktioniert überall. Renault ist aber besser aufgestellt als noch vor der Sommerpause. In Sotschi fanden die Fahrer gleich ein gutes Setup für das Auto, damit gab zuvor noch Probleme. Ein Crash am Start für Daniel Ricciardo und mehrere Fehltritte für Nico Hülkenberg bedeuteten dann doch nur einen WM-Punkt. "Wir hätten viel mehr Punkte holen sollen", lamentiert Ricciardo.

Renault holte in Sotschi zu wenig, Foto: LAT Images
Renault holte in Sotschi zu wenig, Foto: LAT Images

"Besonders unsere Sonntage müssen sauberer sein", fordert Hülkenberg vor Japan und nimmt alle - sich selbst genauso wie das Team - in die Pflicht. Das Team gibt sein Möglichstes. "Wir bringen einen neuen Frontflügel nach Suzuka", kündigt Chassis-Cheftechniker Nick Chester an. "Wir haben auch einen neuen Chassis-Flügel. Von außen sind die Änderungen ziemlich unauffällig, aber wir erwarten mehr Abtrieb und Grip davon."

Toro Rosso, Racing Point enteilen Alfa Romeo und Haas

Richtig in Schwung kommt im Herbst wieder einmal Racing Point. 21 Punkte seit der Sommerpause - nur Renault hat mehr. Bei ihnen haben die letzten Upgrades seit Spa gesessen. "Es besteht kein Zweifel, dass wir bei der Auto-Performance wichtige Schritte nach vorne gemacht haben", legt sich Teamchef Otmar Szafnauer fest. "Ich bin optimistisch, dass wir in allen verbleibenden Rennen gute Punkte holen können."

Ihre direkten Gegner freut das nicht. Toro Rosso kann sich in Japan zumindest nach Massen an Motorenstrafen endlich einmal auf ein sauberes Wochenende freuen. Alfa durchlebt gerade eine kleine Krise, hat seit Spa nur drei Punkte geholt. Das lag nicht nur an einem etwas langsameren Auto. Einiges wurde durch Unfälle verschenkt. "Hoffentlich passt es dem C38 besser und wir stoßen im Mittelfeld wieder an die Spitze vor", vertraut Teamchef Frederic Vasseur seinem Paket vor Japan also weiterhin. "Es braucht nur marginale Fortschritte, um in dieser Phase der Saison von P12 auf P7 nach vorne zu kommen."

Haas experimentiert dahinter noch immer mit verschiedenen Fahrzeug- und Setup-Einstellungen, und wird das bis zum Saisonende tun. Den Kampf mit Alfa um Platz acht haben sie trotzdem noch nicht aufgegeben, gute Leistungen in Sotschi schaffen Vertrauen in die gegenwärtige Konfiguration.

Neues wird es außerdem bei Williams geben, sie wollen Aero-Ideen für 2020 testen. Darunter ein neuer Frontflügel.

Das Wetter in Japan

In der Formel 1 geht vor Japan die Angst vor dem Taifun um. Der hat einen Namen - Hagibis - und ein erklärtes Ziel: Am Samstag soll er nahe Suzuka Land erreichen. Beim Qualifying könnte er die Strecke voll erwischen. Die Folge wären Sturm und Starkregen. Gegenwärtig ist Hagibis der stärkste Sturm auf dem Planeten. Wie genau er den Qualifying-Tag beeinflussen wird, lässt sich trotzdem noch nicht mit Sicherheit sagen. Immerhin soll es Freitags und Sonntags trocken bleiben.

Die Strecke in Japan: Suzuka

Suzuka ist eine der klassischen Rennstrecken im Formel-1-Kalender. Ein Liebling der Fahrer. Schnelle Kurven-Kombinationen sorgen für Freude: Die S-Kurven hinter den Boxen oder der Highspeed-Rechtsknick Degner werden außerdem von Gras am Streckenrand eingerahmt, es gibt keinen Spielraum für Fehler. Wer hier Highspeed-Grip hat, ist im Vorteil. Wer wenig davon hat, der hat es schwer, eine gute Abstimmung zu finden.

Die Reifen in Japan

Highspeed-Kurven bedeuten eine harte Reifenauswahl von Seiten Pirellis für Japan. Die härtesten Mischungen C1, C2 und C3 standen zur Auswahl. Die Teams hätten sich den extra harten C1 aber wohl lieber gespart, die meisten Fahrer werden in Suzuka nur einen Satz der härtesten Mischung zur Verfügung haben. Die Top-Teams gehen ähnlich ins Wochenende, aggressivere Wahlen gibt es im Mittelfeld.

Der Zeitplan in Japan

In Japan gilt es für Formel-1-Fans wieder früh aufzustehen. Wer sich am Freitag das erste Training live ansehen will, muss das um drei Uhr morgens tun. Das Qualifying findet um 08:00 Uhr statt, das Rennen startet um 07:10 Uhr. Änderungen durch Taifun-Auftritte vorbehalten. Im Notfall wäre etwa eine Verschiebung des Qualifyings auf Sonntagvormittag möglich. Das gab es aus Wetter-Gründen schon mehrmals in Japan, aber auch in Australien und in den USA.