Starkes Qualifying zum Formel-1-Rennen in Russland von Renault-Pilot Nico Hülkenberg. Der Emmericher erzielte im Zeittraining in Sotschi die siebtschnellste Zeit, verpasste damit die 'Mittelfeld-Pole' von Carlos Sainz im McLaren nur um sieben Hundertstelsekunden und distanzierte vor allem Teamkollege Daniel Ricciardo (P10) deutlich um dreieinhalb Zehntel.

Für Hülkenberg handelt es sich um den ersten Sieg im direkten Duell nach der Sommerpause, sieht man von der nachträglichen Ricciardo-Disqualifikation in Singapur ab. Für Hülkenberg jedoch nur eine kleine Erleichterung. Die Niederlagen gegen Ricciardo im Qualifying haben nicht sonderlich an ihm genagt.

Hülkenberg: Gefühl für den Renault 2019 generell schlechter

"In Monza und Singapur hatte er das bessere Gefühl. Oder auch meistens dieses Jahr und war einen Tick schneller. Teilweise sind das nur Kleinigkeiten. Es war ja auch nie was Großes. Selbst wenn er vorne war, war es ja meistens relativ knapp zwischen uns", erklärt Hülkenberg uns beim Pressetermin am Abend in Sotschi.

Das Thema Gefühl dominierte diese Audienz. Wie Hülkenberg nach kurzer Überlegung auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com verrät, sei das in dieser Saison insgesamt doch schlechter gewesen als in den Vorjahren. "Es ist vielleicht generell nicht ganz so gut, kann sein. Aber das liegt nicht nur am Auto, sondern auch dem Zusammenspiel mit den Reifen und anderen Dingen."

Hülkenberg in Sotschi zurück in der Komfortzone

Ein Zusammenspiel das in Russland nun endlich wieder perfekt funktionierte. "Ich bin mit den Runden, die ich da hingelegt habe ziemlich zufrieden. Schon das ganze Wochenende fühle ich mich sehr gut im Auto. Das war die letzten Male nicht immer so. Schön, das wieder zu spüren", freut sich der Deutsche.

Gerade der gute Start am Freitag - aus dem Stand bei der Musik - sei wichtig gewesen. "Das ist schon irgendwie bequem", sagt Hülkenberg. "Natürlich probierst du dann trotzdem noch ein paar Sachen. Du willst ja schon noch etwas versuchen, um noch mehr Performance herauszukitzeln. Aber letztlich sind wir dann doch wieder fast zum Originalen zurückgekommen. Das ist einfach eine Gefühlssache", berichtet 'Hülk'.

Hülkenberg: Wir sind wie Künstler

"Am Ende des Tages sind wir wie Künstler. Und der hat im Auto mal ein besseres oder schlechteres Gefühl. Dieses Wochenende hat es von der ersten Runde an gepasst. Die Harmonie zwischen mir und dem Auto. Es hat gemacht wie ich wollte, ich habe auch die richtigen Inputs gegeben und so hat sich alles gut angefühlt."

Weil Gefühlssache, sei das logischerweise - leider - nicht so leicht zu reproduzieren. "Manchmal ist das Gefühl stärker, mal weniger und man hadert damit. Das ist die Kunst, es immer zu haben. Aber möglich ist das nicht, nicht machbar", meint Hülkenberg.

Hülkenberg sieht viele Gegner: Nicht nur McLaren

Einzig der verpasste McLaren von Sainz wurmt den Renault-Fahrer ein wenig. "Das wäre die Kirsch auf der Torte gewesen. Aber die hatte da am Ende eine starke Runde. Viel gefehlt hat aber nicht und morgen werden wir wieder gegen sie kämpfen", verspricht Hülkenberg.

Der einzige Gegner in Sotschi sei McLaren diesmal jedoch nicht, warnt er. "Auch die Haas funktionieren plötzlich wieder. Phönix aus der Asche. Und die Toro Rosso waren auch verdammt stark", sagt Hülkenberg. Mögliches Problem. Letztere und einer der Haas dürfen ihre Startreifen frei wählen. Ein strategischer Nachteil für den verpflichtend auf Soft startenden Hülkenberg?

Daniel Ricciardo hofft auf bessere Rennpace

"Ich glaube der Soft ist dieses Wochenende vom Abbau her gar nicht so dramatisch. Das ist eigentlich alles ganz okay", winkt Hülkenberg bei Motorsport-Magazin.com ab. "Du musst es natürlich managen, aber es wird passen."

Daniel Ricciardo muss in Russland zu Nico Hülkenberg aufschauen, Foto: LAT Images
Daniel Ricciardo muss in Russland zu Nico Hülkenberg aufschauen, Foto: LAT Images

Das erwartet auch Daniel Ricciardo. Vor allem erwartet der Australier jedoch eine Besserung gegenüber dem Qualifying. "Ich bin zuversichtlich für morgen. Die Pace auf eine Runde muss nicht der Rennpace entsprechen. Ich denke auf dem Longrun kann ich stärker sein", so der Zehnte der Qualifikation.

Ricciardo erklärt Schlappe gegen Hülk: Einfach zu langsam

Die lief für den 'Honeybadger' sehr durchwachsen. "Es war schon in Q2 eng mit der Runden, ich war froh überhaupt drin zu sein", sagt Ricciardo über seinen Q3-Einzug. "Damit bin ich happy, aber P10 ist dort dann natürlich der schlechteste Platz."

Wie Hülkenberg macht Ricciardo das Gefühl für sein Abschneiden verantwortlich. Nur dass es bei ihm ein eher schlechtes ist. "Ich bin das ganze Wochenende schon etwas weg von der Pace, hatte nie Nicos Pace, auch jetzt nicht. Ich verliere überall ein bisschen und das summiert sich dann. Es war also nicht Spezielles, ich war einfach insgesamt nicht so schnell", schildert Ricciardo.

Ricciardo: Runde war sauber, aber sauber war nicht schlecht

Wie genau sich das anfühlte? Ricciardo: "Das meiste war im zweiten Sektor. Da hatte er etwas mehr Vertrauen auf der Bremse und ins Heck. Er konnte mehr Speed in die Kurven reinnehmen und dann früher ans Gas. Ich habe das Auto hingegen zu sehr verzögert bevor ich wieder ans Gas bin. Ich fühlte mich da einfach nicht so sicher. Es fühlte sich für mich immer an als würde ich rutschen. Die war zwar trotzdem sauber, aber sauber war nicht schnell."