Charles Leclerc machte seinem Unmut beim Formel-1-Rennen in Singapur lautstark Luft. Nach dem von Ferrari unbeabsichtigten Platztausch mit Sebastian Vettel prangerte er sein Team noch während des Rennens an. Eine Woche danach zeigt er in Russland Reue. Reaktion unangebracht, Lob für die Leistung des Teamkollegen.

"Ich muss mich in diesen Situationen einfach mehr im Griff haben und einfach... wie soll ich es höflich sagen? Einfach die Klappe halten, anstatt im Funk zu sprechen. Ich werde daraus lernen und versuchen, dass es nicht wieder vorkommt", gibt sich Leclerc im Vorfeld des Rennens auf dem Sochi Autodrom geläutert.

Der Monegasse hatte sich in Singapur im Boxenfunk beschwert, der Platztausch mit Vettel sei unfair und er fordere eine Erklärung. "Im Auto ist das immer schwierig. Da ist viel Adrenalin im Spiel. Ich wache morgens auf und denke an den Sieg, ich gehe abends schlafen und denke an den Sieg. Da ist das manchmal ziemlich schwierig", rechtfertigt er sich.

Leclerc versteht Kritik, Entschuldigung bei Ferrari-Strategen

Sein Ehrgeiz und die direkte Art brachten auch Kritik mit sich. Leclerc versteht, dass sein Verhalten vielleicht nicht bei jedem gut angekommen ist. "Ich denke, manche Leute können verstehen, wie sehr ich gewinnen will. Manche haben es verstanden, andere haben es vielleicht falsch verstanden", sagt er.

Leid tut ihm sein Verhalten vor allem den Strategen gegenüber, die er mit seinen Funksprüchen in Bedrängnis brachte. "Sie haben keinen einfachen Job. Es ist immer schwer, und in solch einer Situation erst recht. Und ich denke, ich habe die Situation mit meinen Beschwerden am Funk nur noch schwieriger gemacht", zeigt er sich einsichtig.

"Ich denke, es bestand keine Notwendigkeit, mich im Funk zu irgendeinem Punkt des Rennens so zu verhalten. Selbst wenn das Adrenalin fließt. Es sorgt nur für mehr Durcheinander als für alles andere. Ich muss das lernen."

Ferrari hat in Singapur alles richtig gemacht

Die Antwort, die er vom Team gefordert hatte, bekam er nach dem Rennen. Rückblickend betrachtet kommt ihm kein Wort der Kritik mehr über die Lippen. "Die Erklärung war ziemlich klar. Ohne diese Strategie hätten wir keinen Doppelsieg eingefahren", so Leclerc. "In Singapur wurde alles richtig gemacht. Das Wichtigste ist, dass das Team die Plätze eins und zwei geholt hat, und darüber bin ich sehr glücklich."

Dass er bei dem Undercut von Vettel übergangen wurde, da er selbst ohne Kenntnis vom Boxenstopp des Teamkollegen auf seiner In-Lap nicht reagieren konnte, findet er nicht. "Niemand hatte erwartet, dass der Unterschied bei den Reifen so groß sein würde", erklärt er gegenüber Motorsport-Magazin.com.

"Ich denke nicht, dass irgendjemand damit gerechnet hat, dass er vor mir landet. Ich meine, wenn Seb sieben Sekunden hinter mir ist und er einen Undercut versucht, gibt es keinen Grund, weshalb ich das wissen müsste. Sie hatten einfach nicht damit gerechnet, dass er mich überholt."

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Kein Streit zwischen Leclerc und Vettel

Dass Vettel vor ihm landete, sei außerdem nicht nur der Verdienst des Kommandostandes gewesen. "Seb hat einen unglaublichen Job auf seiner Outlap gemacht", streut er dem teaminternen Rivalen Rosen. Eine direkte Aussprache erfolgte zwischen den beiden allerdings nicht.

Leclerc sah trotz der nach Monza wiederholten Reibungen innerhalb des Teams keinen Anlass: "Wir reden nach jedem Rennen, wir haben die Nachbesprechungen zusammen. Aber ich denke nicht, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt irgendwelche Probleme mit Seb gab."